Dirk Wöllhaf schabt Spätzle, die Beilage zum Hohenloher Rostbraten. Foto: /Weier

Die Restaurants bleiben zu, in den Kantinen der Betriebe dürfen die Mitarbeiter allerdings essen. Nur kommen da plötzlich sehr wenige, was manche Chefs als Chance begreifen: „Wir dürfen unsere Philosophie der Nachhaltigkeit nicht aus den Augen verlieren“, sagt Dirk Wöllhaf von Aramark.

Stuttgart - Großküchen in Kantinen kochen auch in Zeiten von Corona – allerdings auf Sparflamme. Dirk Wöllhaf von Aramark, der die Kantine im Stuttgarter Pressehaus leitet, sieht darin sogar eine Chance zum Umdenken. Der Gedanke an die Nachhaltigkeit stehe nun mehr im Fokus.

Herr Wöllhaf, normal brummt es hier, jetzt ist die Cafeteria fast leer?

Ein seltsames Gefühl, ja. Aber das trifft auf die ganze Gastronomie zu, Corona ist eine echte Zäsur. Essen und Trinken war bisher krisensicher, jetzt müssen sich viele neu erfinden.

Wie sehr ist die Kantine ausgedünnt?

Normal kamen 500 Menschen zum Essen, jetzt sind es 200. Und am Montag und am Freitag nur 100, da sind dann noch mehr im Homeoffice. Genau das wird für Betriebsrestaurants dauerhaft ein Faktor bleiben. Denn es hat sich gezeigt: Es funktioniert. Die Coronakrise war quasi ein Testlauf für die Vier-Tage-Woche.

Wie wirkt sich so eine extreme Ausnahmesituation aufs Essen aus?

Beim ersten Lockdown hatten wir ja nur noch eine To-go-Verpflegung, nun sind wir wieder auf drei Gerichte hochgegangen. Das Wesentlich ist, dass wir unsere Philosophie der Nachhaltigkeit nicht aus dem Auge verlieren. Im Gegenteil, wir wollen unsere Produzenten aus der Region noch stärken und schauen, wie man Solidarität lebt. Viele haben in diesen Zeiten Absatzschwierigkeiten.

Haben Sie da Beispiele?

Wir arbeiten zum Beispiel mit der schwäbisch-hällischen Erzeugergemeinschaft zusammen, wir beziehen den Salat vom Keltenhof auf den Fildern und haben Alblinsen. Seit ich zum Beispiel im ersten Lockdown eine Dokumentation über Lachsfarmen gesehen habe, verzichte ich auf Lachs, wir kaufen nun Bachforellen aus dem Bayerischen. Da hat die Krise zu einer Transformation beigetragen.

Aber Pflücksalat von den Fildern und schwäbisch-hällische Schweine kosten ein bisschen mehr?

Den Salat beziehen wir gewaschen, dadurch sparen wir Arbeitszeit und Wasser und vermeiden Müll, das rechnet sich. Und das Schnitzel wiegt eben 20 Gramm weniger, dafür ist es mehr als 20 Prozent besser. Man schmeckt es einfach.

Erhalten sie jetzt mit den neuen Produkten mehr Lob von den Gästen?

Wir haben viele positive Rückmeldungen, es ist wirklich schön, dass das von den Gästen so angenommen wird. Das wir einen so guten Pflücksalat haben, der einfach nach deutlich mehr schmeckt als der früher. Dieser Aspekt ist auch wichtig, weil die Kantine ja ein sozialer Mittelpunkt in einem Unternehmen ist, da sollen sich die Menschen doch wohl fühlen, und da hat man auch eine Verantwortung für den Betrieb.

Gelernt hat er in der Sterneküche

Vita
Dirk Wöllhaf ist 1970 in Degerloch auf die Welt gekommen und in Neuhausen auf den Fildern zur Schule gegangen. Nach dem Realschulabschluss machte er eine Ausbildung im Schlossgartenhotel zum Koch.

Stationen Während seiner beruflichen Laufbahn kochte Dirk Wöllhaf unter anderem in den mit Sternen dekorierten Restaurants Colombi und im Waldhorn von Kochlegende Albert Bouley. 1997 erlangte Dirk Wöllhaf den Titel eines Küchenmeisters, 2000 wurde er Betriebswirt. 2000 bis 2007 arbeitete er bei Aramark, sieben Jahre betrieb er ein Café beim Esslinger Rathaus, seit 2019 ist er wieder bei Aramark.