Testen statt Tanzen an der Theodor-Heuss-Straße Foto: Kathrin Haasis (2)

Um einen Antigen-Schnelltest machen zu können, opfern manche ihre Mittagspause. Seit Einführung der Testpflicht ist die Nachfrage explodiert, aber es gibt noch nicht genug Anlaufstellen. „Es ist der Wahnsinn“, sagt die Apothekerin Martina Graeff.

Stuttgart - Ihren Feierabend hat Gana Cristiani mit Anstehen verbracht. Eineinhalb Stunden lang wartete die Bankmitarbeiterin auf ihr Zertifikat für den negativen Antigen-Schnelltest. „Jetzt verzichte ich lieber auf mein Mittagessen“, sagt sie am Donnerstag, als sie wieder in einer Schlange steht. Denn um diese Uhrzeit geht es in dem Testzentrum in den Königsbaupassagen schneller vorwärts. „Es gibt definitiv zu wenig Teststationen“, lautet ihr Fazit. Gana Cristiani ist nicht gegen das Coronavirus geimpft und muss jetzt deshalb jeden Tag ein negatives Zertifikat an ihrer Arbeitsstelle vorlegen. Vermutlich wird sie noch viel Zeit in einigen Schlangen verbringen. Allerdings bauen die Testanbieter ihre zuletzt zurückgefahrenen Kapazitäten wieder aus.

Die Nachfrage ist stufenweise gestiegen

„Es ist einfach der Wahnsinn“, sagt Martina Graeff. Bis auf die Straße hinaus reicht die Schlange für die Corona-Tests in der Europa-Apotheke an der Königstraße 70. Am Mittwoch konnte die Inhaberin ihr Geschäft wegen des Andrangs erst um 20.30 Uhr schließen. Die Nachfrage ist stufenweise gestiegen: Mit der Wiedereinführung der kostenlosen Bürgertests am 13. November waren es 25 bis 40 Stück am Tag, am Samstag kamen dann 100 Stück zusammen, als die 3-G-Regel am Arbeitsplatz und für den Nahverkehr eingeführt wurde, kletterte sie auf mehr als 200. „Es ist anstrengend“, sagt Martina Graeff, „aber wir machen es gerne.“ Verdient sei nicht viel an den Tests, und auf andere Kunden wirkten die Schlangen abschreckend, trotzdem sieht sie es als ihre Aufgabe an.

Ein Stockwerk tiefer ist in der U-Bahn-Haltestelle vor der Teststelle weniger los. „Ausnahmsweise“, sagt der Mitarbeiter, „der Strom ist konstant.“ Vor allem zwischen 16 und 17 Uhr müssen die Kunden mit längeren Wartezeiten rechnen. Bei der Calwer Straße hat das Steakhaus Abaccos am Mittwoch eine Teststelle eröffnet. „Es dauert, bis die Leute kommen“, sagt die Mitarbeiterin, die gerade nichts zu tun hat, „sie müssen sich wieder an die neue Situation gewöhnen.“ In der Fritz-Elsas-Straße testet das Restaurant Fellini – zum Beispiel die Kinobesucher, die nebenan ins Atelier am Bollwerk wollen, wo mittlerweile die 2-G-plus-Regel gilt.

Auch Geimpfte lassen sich zur Sicherheit testen

Felix Schöppen hat sich an der Theodor-Heuss-Straße zum Testen eingereiht. In der Station in der Haußmannstraße im Osten seien die Tests ausgegangen, berichtet er. Und bevor er sich „in die immer elendslange Schlange“ in der Ostendstraße stellt, fährt er in die Innenstadt. Er will sicher gehen: „Ich teste mich regelmäßig trotz Impfung“, sagt Felix Schöppen. Im Westen ist die Menschenkette in der Schwabstraße vor der Teststelle Gustav zur Dauereinrichtung geworden. „Die Nachfrage ist um 500 Prozent gestiegen“, berichtet Mitarbeiter Roman Kühn. Die ersten wären schon um 7 Uhr da, 30 Minuten vor Öffnung. Zwei Stunden mussten die Kunden am Dienstag warten, weil das IT-System ausfiel. Die meisten seien geblieben, „im Moment gibt es wenig Alternativen“.

Der Neckarkäpt’n Jens Caspar gibt deshalb Vollgas und hat wieder 17 Teststellen in Stuttgart und der Region am Start. Weitere sollen folgen. „Wir werden überrannt“, sagt er. Auch die Ämter seien vom Zulauf überrascht. Er hat einen Facharzt für Arbeitsmedizin eingestellt und will bald Impfungen in einigen Stationen anbieten. Jens Caspar betont wie die Apothekerin, damit nicht reich zu werden. „Wir müssen jetzt das Problem lösen“, sagt er über Coronapandemie.