Das hier ist sichtbar keine Rennstrecke, sondern eine Baustelle, aber der elektrisch angetriebene Formula Student erscheint schon im Stand schnell. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Das Green Team der Universität Stuttgart hat seinen E-Rennwagen in der S-21-Bahnhofsbaustelle in Szene gesetzt – und dabei von großen Zielen erzählt.

Stuttgart - Pedro Cassiano ist 26 Jahre alt, studiert Luft- und Raumfahrttechnik und bekommt beim Blick auf den E0711-11 EVO leuchtende Augen. Von null auf hundert Stundenkilometer in rund zwei Sekunden schafft der rein elektrisch angetriebene Formula-Student-Rennwagen des Green Teams der Universität Stuttgart schon in etwa. Der Weltrekord im Beschleunigen liegt aktuell bei rund 1,5 Sekunden – und den wollen die Stuttgarter Studierenden im nächsten Jahr brechen. Zum Vergleich: Ein Porsche Taycan Turbo S, auch ein Elektro-Sportauto, nur etwas größer, braucht dafür rund 2,8 Sekunden.

Caroline Trage ist ebenfalls 26, studiert Maschinenbau und kümmert sich im Green Team genannten E-Rennteam der Uni um Medien und Management. Wobei die Aufgabenteilung manchmal nicht so ganz trennscharf ist im Team, eigentlich helfen alle einander. Weil die Entwicklung eines solchen Formelrennwagens einen Millionenbetrag kostet, ist das Team auf Sponsoren angewiesen. Und um die Geldgeber, die anderen Teams auf der ganzen Welt, die Absolventen, die früher im Team waren, und überhaupt alle Interessierten auf dem Laufenden zu halten, produziert das Green Team jedes Jahr einen Kalender mit Bildern aus dem Rennjahr oder mit Aufnahmen des EVO in ganz besonderen Locations.

Auch das Technik-Museum in Sinsheim diente schon als Kulisse

Im vergangenen Jahr beispielsweise war das Technik-Museum in Sinsheim Kulisse für Fotoaufnahmen. Diesmal fanden die Studierenden eine noch ausgefallenere Location. Am Donnerstag durften sie mit ihrem kleinen Elektro-Formel-Rennwagen in die S-21-Baustelle, mitten unter die zum Teil schon fertigen Kelchstützen im neuen Stuttgarter Hauptbahnhof. Fahren durfte der E-Flitzer dort natürlich nicht, das vielköpfige Team musste ihn im Autoanhänger zum Fotoshooting in die Baustelle bringen.

Der Elektro-Rennwagen ist nicht auf Ausdauer hin konstruiert, in den Rennen geht es eher um Beschleunigung aus den vielen Kurven der mit Hütchen markierten E-Formel-Strecken heraus und um Wendigkeit. Der Akku des EVO schafft maximal etwa 22 Kilometer, das ist auch in etwa die längste bei den Wettbewerben zu bewältigende Strecke. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 125 Kilometern pro Stunde, wird aber eher selten ausgefahren, handelt es sich doch vor allem um einen Konstruktionswettbewerb mit ganz unterschiedlichen technischen Disziplinen. Fahren müssen die Studierenden trotzdem können: Wird ein Hütchen überfahren, gibt es zwei Strafsekunden. Die sind bei den kurzen Rennen kaum aufzuholen.

Um Schnelligkeit geht es auch bei den Online-Tests, um sich zu qualifizieren

Die zurückliegende Saison war für das Stuttgarter Green Team durchaus erfolgreich. Die Wettbewerbe in Deutschland und Kroatien wurden gewonnen, in Ungarn sprang ein zweiter Platz heraus. Bei diesen Veranstaltungen darf das Team auch im kommenden Jahr wieder antreten. Für weitere „Events“, wie sie die E-Formula-Student-Veranstaltungen selbst nennen, muss sich das Team erst qualifizieren.

Ende Januar 2022 werden die Stuttgarter Studierenden eine Woche lang bei Online-Tests antreten müssen. Dabei geht es um Technik, um das Reglement und auch um möglichst schnelle richtige Antworten. Aus den Ergebnissen wird dann eine Rangliste gebildet, und danach werden die Startzulassungen erteilt. Dieses Auswahlverfahren ist notwendig, weil es insgesamt rund 400 Teams gibt, fast jede Technische Universität in Deutschland hat eins, viele Universitäten im Ausland auch. Alle könnten nie gleichzeitig an einer der Veranstaltungen teilnehmen.

Für das Engagement ist ein Urlaubssemester nötig

Die Studierenden in Stuttgart müssen für ihr Engagement im Green Team Urlaubssemester nehmen, die ihnen dafür auch gewährt werden. Mehr springt für das eigene Studium der Team-Mitglieder allerdings nicht heraus, es gibt also keine Scheine oder Ähnliches, lediglich Praktikumsbestätigungen. Das werde an anderen Universitäten zum Teil anders gehandhabt, erzählen Caroline Trage und Pedro Cassiano in der S-21-Baustelle.

In den letzten Wochen dieses Jahres müssen sie sich aber jetzt erst einmal um den Kalender kümmern. Andere Kulissen für den E0711-11 EVO waren in diesem Jahr unter anderem die Garage 229 im Stuttgarter Osten und die Staatsgalerie.

Wer den Kalender gerne haben möchte, kann sich per E-Mail an info@greenteam-stuttgart.de wenden. Der eingetragene Verein freut sich auch über neue Mitglieder und Sponsoren.