Einer der wenigen fahrenden ICE-Züge der Deutschen Bahn wartet am Stuttgarter Hauptbahnhof auf die Weiterfahrt nach München. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Monatelang drohte sie, nun macht die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer ernst: Der Streik läuft und trifft viele Reisende mitten in der Ferienzeit.

Berlin - Für Bahnreisende und Pendler haben zwei harte Tage begonnen. Ein Streik der Lokführergewerkschaft GDL legt seit dem frühen Mittwochmorgen einen großen Teil des Personenverkehrs der Deutschen Bahn lahm. Der Ersatzplan sei angelaufen, teilte ein Bahnsprecher mit. „Erste Auswirkungen des Streiks sind spürbar.“ GDL-Chef Claus Weselsky forderte den Konzern zu einem neuen Angebot im Tarifstreit auf.

Am Mittwochmorgen standen die Personenzüge in vielen Bahnhöfen still. Bahnsteige waren leer. „Zug fällt aus“, war vielfach an den Anzeigetafeln zu sehen. Der Ausstand im Personenverkehr begann am frühen Morgen, während der Güterverkehr schon seit Dienstagabend betroffen war.

Wann der Streik wieder enden soll

Viele Fahrgäste mussten improvisieren. Es gelten Ersatzfahrpläne: Im Fernverkehr sollte noch etwa jeder vierte Zug fahren. Auch im Regionalverkehr und bei den S-Bahnen gibt es bei den Zügen der Deutschen Bahn erhebliche Ausfälle. Der Streik soll in der Nacht zu Freitag enden.

Die Bahn bat Fahrgäste, nicht zwingend notwendige Reisen zu verschieben. Wegen der Pandemie rief sie auch zur Rücksichtnahme in den Zügen auf. Der Ausstand trifft die Fahrgäste mitten in der reisestarken Urlaubszeit: In 11 der 16 Bundesländer sind Schulferien. Betroffen sind auch grenzüberschreitende Verbindungen.

Der Vorstand übt Kritik

Bahn-Personalvorstand Martin Seiler kritisierte den Streik als „völlig unangemessen und überzogen“. GDL-Chef Weselsky sagte: „Mit diesem ersten Signal muss dem Management klar werden, dass mit uns nicht gut Kirschen essen ist.“ Im ZDF-„Morgenmagazin“ bekräftigte er die Forderung an den Staatskonzern, ein neues Angebot vorzulegen. Die Offerte mit einer Laufzeit von 40 Monaten bedeute eine Entwertung des Tarifs über die Länge der Laufzeit von unter einem Prozent im Jahr. „Das ist für uns nicht verhandelbar“, sagte Weselsky.

Bahn-Manager Seiler zeigte sich verhandlungsbereit. „Jetzt ist miteinander gefragt, wie wir gemeinsam aus dieser schwierigen Krise herauskommen“, sagte er in derselben Sendung. „Auch wir wollen, dass unsere Mitarbeitenden vernünftig bezahlt werden.“ Das Bahn-Angebot sei vernünftig.

Viele Pendler sind offenbar vorbereitet

Der Fahrgastverband Pro Bahn mahnte verlässliche Informationen der Bahnkunden an. „Nichts ist ärgerlicher, als bei einem Streik auf einen Zug zu warten, der dann nicht verkehrt.“

Berichte über Chaos an Bahnhöfen gab es zunächst nicht. Viele Pendler waren offensichtlich auf die Situation vorbereitet. „Ich bin extra zwei Stunden früher gefahren, mit einem anderen Anbieter“, sagte etwa eine Pendlerin in Düsseldorf.

Was die Gewerkschaft fordert

Die Lokführergewerkschaft kämpft um mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen für ihre Mitglieder bei der Deutschen Bahn. Anders als die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will sie in diesem Jahr keine Nullrunde bei den Gehältern akzeptieren. So will die GDL auch bei den Mitarbeitern im Machtkampf mit der EVG punkten.

Nicht bestreikt werden Konkurrenten der Deutschen Bahn. Sie haben im Regional- und Güterverkehr beträchtliche Marktanteile. Allerdings sind auch bei ihnen Einschränkungen möglich, wenn sich auch Fahrdienstleiter dem GDL-Streik anschließen. Es ist der erste Streik bei der Bahn seit Dezember 2018, als die EVG ihre Mitglieder zum Arbeitskampf aufrief. Die GDL legte zuletzt vor sechs Jahren die Arbeit nieder.

Wie die Bahn argumentiert

Sie fordert unter anderem Lohnerhöhungen wie im öffentlichen Dienst von rund 3,2 Prozent sowie eine deutliche Corona-Prämie im laufenden Jahr. „Wir erwarten Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit“, sagte Weselsky. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll 28 Monate betragen. Auch um Betriebsrenten wird gerungen.

Wegen Milliardenverlusten in der Pandemie will die Bahn die Erhöhung auf spätere Stufenzeitpunkte verteilen, bei einer Vertragslaufzeit von 40 Monaten. Hinzu kämen Leistungen zur Altersvorsorge und der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen.