Die Bundespolizei bekommt es auf ihren Streifen in den Bahnhöfen immer wieder mit aggressiven Zeitgenossen zu tun. Foto: dpa/Patrick Seeger

Die Aggressionen im Bahnverkehr häufen sich derzeit – und machen auch Polizeibeamte und Bahnbedienstete zur Zielscheibe. Im jüngsten Fall wird in Bad Cannstatt eine Bundespolizistin angegriffen.

Eigentlich wäre die Kontrolle kein großes Ding gewesen. Den Ausweis, bitte! Danke! Und einen schönen Tag noch. Doch erneut haben sich Aggressionen auf Bahnhöfen und im Schienenverkehr gegen Beamte der Bundespolizei gerichtet. Im jüngsten Fall ist eine 27-jährige Beamtin am Cannstatter Bahnhof vorübergehend dienstunfähig geschlagen worden.

Der Vorfall ereignete sich am Montag gegen 11.45 Uhr, als ein 23-Jähriger, der sich auffällig im Bahnhofsareal verhielt, von einer Streife kontrolliert werden sollte. Doch der reagierte offenbar höchst aggressiv: „Wir versuchen ja immer eine Situation verbal zu beruhigen und Maßnahmen transparent zu erklären“, sagt Bundespolizeisprecher Denis Sobek, „aber viele können einfach nicht beruhigt werden.“

Der Mann ist schon polizeibekannt

Der 23-Jährige soll sich „von Beginn an aggressiv und unkooperativ“ gezeigt haben. „Er musste zur Eigensicherung gefesselt werden“, sagt Sobek. Der Mann schlug aber um sich und soll die Polizeioberkommissarin mit der Faust am Kopf getroffen haben. Weitere Beamte waren notwendig, um den Rabauken zu überwältigen und auf die Dienststelle bringen zu können. Er wird nun wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und gefährlicher Körperverletzung angezeigt. Dabei wäre die Kontrolle wohl kein großes Ding gewesen. „Der Beschuldigte ist bereits polizeibekannt“, sagt Sobek, „bei der Bundespolizei bisher aber nicht wegen Körperverletzungsdelikten.“ Die Polizistin habe den Dienst abbrechen und sich zur medizinischen Versorgung in ein Krankenhaus begeben müssen.

Zugbegleiter angespuckt und geschlagen

Dabei ist sie nicht die einzige, die im Polizeieinsatz zur Zielscheibe wurde. „Die Vorfälle haben sich in den vergangenen Tagen gehäuft, das kann aber Zufall sein“, sagt Bundespolizeisprecher Sobek. Davon können auch Mitarbeiter der Bahn AG derzeit ein Lied singen. Beispiele aus der letzten Woche: Ein unbekannter Maskenverweigerer in einer Regionalbahn spuckt eine Zugbegleiterin an und verschwindet am Bahnhof Böblingen. Ein weiterer Zugbegleiter wird in einer Regionalbahn bei Tübingen von einem 27-jährigen Schwarzfahrer mehrfach ins Gesicht geschlagen. Ein 20-jähriger turnt am S-Bahn-Halt Korntal im Gleisbereich umher und bedroht einen Bahnmitarbeiter. Ein Mann Mitte 50 bedroht am Servicepoint im Stuttgarter Hauptbahnhof eine Mitarbeiterin mit dem Tod, ehe er verschwindet.

Steigende Zahlen noch wenig aussagekräftig

Auch Bundespolizisten scheitern oft mit verbalen Beruhigungsversuchen. Ein 54-Jähriger, ohne Ticket mit einem Fernzug am Stuttgarter Hauptbahnhof angekommen, legte sich handgreiflich mit den Beamten an. Ebenso ein 36-jähriger Schwarzfahrer aus einem ICE oder ein 26-Jähriger am Bahnsteig 14, der am Ende ebenfalls gefesselt werden musste. Die Gewalt richtet sich auch gegen weibliche Beamte – nicht nur in Bad Cannstatt. Im September wurde eine Beamtin am Bahnhof Waiblingen durch einen Jugendlichen verletzt.

Statistisch gibt es im Bereich Hauptbahnhof derzeit steigende Zahlen von Rohheitsdelikten und Diebstählen. Allerdings sind Zahlen nicht alles. Laut Sobek sind Vergleiche mit den ruhigeren Coronajahren 2020 und 2021 wenig aussagekräftig.