In der 300 Jahre alten Zehntscheuer ist seit 2022 ein Traktormuseum eingerichtet. Uwe (links) und Gerhard Mühleisen haben eine Stiftung gegründet, das Gebäude saniert und das Museum eröffnet. Foto: Iris Frey

2025 wird das 300-Jahr-Jubiläum gefeiert: In Stuttgart-Hofen ist es einer bemerkenswerten Privatinitiative zu verdanken, dass die historische Zehntscheuer im Ortskern in neuem Glanz erstrahlt – mit einem Traktormuseum als Anziehungspunkt.

Alteingesessene Hofener erinnern sich noch gut daran, dass die Bauern in den Fünfzigerjahren in der Zehntscheuer am Kelterplatz ihr Getreide gelagert haben. und im Herbst eine Dreschmaschine kam, um es zu dreschen. „Das war ein riesiges Volksfest für uns Kinder und in dem Getreide konnte man sich gut verstecken“, erzählt ein Hofener Senior. Siebzig Jahre später stehen statt Dreschmaschinen in Stuttgarts erstem Traktor Museum restaurierte Porsche-Diesel-Schlepper.

Nächstes Jahr wird die denkmalgeschützte Zehntscheuer 300 Jahre alt – eine Gelegenheit, daran zu erinnern, dass hier einst noch von der Kirche der Zehnte eingezogen wurde. Das Haus wurde 1725 erbaut und 1943 durch einen Luftangriff zerstört, sagt der Ortshistoriker Wolfgang Zwinz. Zur Geschichte des Hauses hat der Bürgerverein Hofen jetzt eine Broschüre herausgegeben, die sich der wechselvollen Geschichte der Zehntscheuer widmet.

Wappen neben dem Tor zeigen Baujahr 1725

Links und rechts des großen Tores kann man die Wappen nur noch erahnen. Es sind die Wappen von „Constanz“ und „Münster“ mit der Jahreszahl 1725, dem Baujahr der Zehntscheuer, sagt Zwinz. Ab dem Jahr 1850 wurde die Zehntverpflichtung, das Bezahlen in Naturalien (Gütern) durch Geldabgabe (Steuern) ersetzt. Der Zehnt bezog sich auf eine Abgabe von zehn Prozent des erwirtschafteten Ertrages. Dieser wurde seit dem 5. Jahrhundert zum festen Bestandteil der Pfarreinkünfte. Seit dem 8. Jahrhundert wurde die Kirche durch das staatliche Zehnt-Gebot unterstützt. Es gab verschiedene Abgaben von Zehnten: Der Große Zehnt bezog sich auf alle Früchte, die „der Halm trägt“: Dinkel, Roggen, Hafer, Gerste, Hirse. Der Kleine Zehnt wurde für Gewächse erhoben, die mit der Hacke bearbeitet oder im Topf gekocht werden können. Dazu zählten Hülsenfrüchte, Kraut, Rüben, Hanf, Flachs und Gemüse. Lebendige Zehnten oder Blut-Zehnte waren Haustiere (Hühner, Enten, Gänse, Rinder, Schweine, Ziegen, Schafe, Pferde) und Erzeugnisse wie Eier, Milch, Honig, Federn.

Bomben bei der Zehntscheuer

Dass auf die Zehntscheuer einst Bomben fielen, das weiß auch Raimund Stetter. Er hat 2019 bei der Sanierung des Kelterplatzes Reste einer Stabbrandbombe in unmittelbarer Nähe gefunden, die jetzt vom Bürgerverein verwahrt wird. Er hat sich an Erzählungen seiner Oma erinnert, dass es in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs über Hofen mehrere Luftangriffe gegeben habe. Stabbrandbomben hätten das Dach der Zehntscheuer durchschlagen. Das Walmdach brannte völlig nieder. Das heutige Dach wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder aufgebaut.

Der Platz der heutigen Zehntscheuer wurde 1725 gestaltet, damals lag er noch außerhalb der Ortsmitte. Zuvor wurde der „Zehnt“ in einer herrschaftlichen Scheune, nahe der Burg und der St.Barbara-Kirche eingezogen. Der heutige Platz wurde bewusst gewählt, weil seinerzeit die um 1700 erbaute Hofener Kelter sich in unmitelbarer Nachbarschaft zur Zehntscheuer befand, berichtet Stetter. Heute steht die Zehntscheuer in der Ortsmitte direkt am Kelterplatz.

Wechselvolle Geschichte des Gebäudes

Das denkmalgeschützte Gebäude wurde viele Jahre von einer Schreinerei als Lagerraum genutzt. Dann, sagt der Ortshistoriker Zwinz, habe es heftige Diskussionen um dessen künftige Nutzung gegeben. Man habe auch überlegt, die Zehntscheuer für Vereine zu nutzen. Im März 1998 kauften die Brüder Mühleisen dann das Gebäude und sanierten es komplett eigenständig nach den Vorgaben des Denkmalschutzes, aber ohne Zuschüsse des Denkmalamts. „Das war nicht immer einfach“, sagt Gerhard Mühleisen. „Wir legten Wert auf nachhaltige Materialien. Der Sandstein wurde wieder aufgebaut und hochwertiges Holz im Dachstuhl verwendet.“ Über die Kosten schweigen sie sich aus. Stetter nennt es einen „Glücksfall für Hofen, dass die heutigen Besitzer sehr viel Geld und Eigeninitiative aufgebracht haben um die Zehntscheuer außen wie innen wieder herzurichten.“

Tag der Offenen Tür im Museum

Vor zwei Jahren eröffneten die Brüder Mühleisen, die eine Stiftung gegründet haben, am Kelterplatz das Traktormuseum. „Wir sind sehr stolz ein historisches Objekt zu besitzen, das nun 300 Jahre alt wird und wir das miterleben dürfen“, sagen die Eigner. Am Samstag, 31. August, ab 15 Uhr und am Sonntag, 1. September, ab 11 Uhr ist das Museum geöffnet. Es gibt Grillspezialitäten, eine Traktorparade und Rundfahrten mit Porsche Diesel Traktoren.

Der 99 Seiten starke Rundgang durch Alt-Hofen berücksichtigt 13 weitere historische Örtlichkeiten und Besonderheiten, wie den Winkel, das Scheef-Kreuz und den Stundenstein. Weitere Infos unter www.bürgerverein-hofen.de und www.traktormuseum-stgt@gmx.de