Die Impfzeiten in der Ambulanz im Milaneo werden sogar erweitert, die Einrichtung in der Klett-Passage aber wurde geschlossen. Foto: imago images/Arnulf Hettrich

Der Abbau von Impfkapazitäten in Stuttgart hat bereits begonnen. Ob aber auch die geplante Priorisierung von PCR-Tests etwa für Infizierte aus Pflegeberufen und die Umstellung auf Schnelltests bei anderen in Stuttgart nötig ist, das ist umstritten.

Stuttgart - Zwar liegt die Impfquote in der Landeshauptstadt mit jetzt 67,1 Prozent noch deutlich unter der Marke, die Experten für notwendig halten im Kampf gegen das Coronavirus. Aber weil die Impfzahlen weiter sinken, wird jetzt die Impfinfrastruktur wieder reduziert. Beim Impfen sei derzeit „vieles im Fluss“, sagte Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann (Grüne) am Montag im Sozialausschuss des Gemeinderats.

Nur ein Viertel der Impfkapazität ausgelastet

Martin Priwitzer, Abteilungsleiter beim Gesundheitsamt, wurde konkreter. Das Land wolle „die Impfstützpunkte um 50 Prozent reduzieren“. Das ist, was Stuttgart angeht, nachvollziehbar. Man habe eine Kapazität von bis zu 80 000 Impfungen pro Woche, liege aber „in einzelnen Wochen noch unter 20 000 Impfungen“. Derzeit gibt es laut Stadt 16 feste Impfambulanzen, Impfbus, Vor-Ort-Aktionen und die niedergelassenen Ärzte nicht gerechnet. Da der Bund angekündigt habe, Impfstützpunkte bis Ende des Jahres zu finanzieren, gehe man davon aus, „dass wir auch langfristig Impfambulanzen haben werden“, sagte Priwitzer. Landessozialminister Manfred Lucha (Grüne) hat kürzlich erklärt, man werde eine Impfinfrastruktur „etablieren, die langfristig ein ausreichendes Impfangebot vor Ort garantiert, aber den Steuerzahler nicht über Gebühr fordert“.

Impfstation Klett-Passage geschlossen

Der Abbau von Angeboten hat begonnen. So wurde eine Impfstation in Untertürkheim geschlossen. Und auch die Impfambulanz in der Klett-Passage sei bereits zu, sagt Betreiber Hans-Jörg Wertenauer. Auch in der großen Impfstation in der Schleyerhalle werde man die Impfzeiten „weiter reduzieren“, erklärte der Hausarzt. So werde dort von Februar an am Montag und Dienstag nicht mehr geimpft, von Mittwoch bis Freitag weiter nachmittags, ganztags noch am Samstag und Sonntag. Weil aber die Nachfrage in der Impfstation im Milaneo weiter gut sei, werden die Zeiten dort sogar erweitert. Bisher wurde nur am Freitag- und Samstagnachmittag geimpft, jetzt aber von Dienstag bis Samstag von 13 bis 19 Uhr.

Bald auch Schnelltests in der Schleyerhalle

Diese Woche wird zum Ausgleich der rückläufigen Impfungen in der Schleyerhalle mit PCR-Tests begonnen, „nächste Woche auch mit Schnelltests“, sagt Hans-Jörg Wertenauer. Bekanntlich sollen PCR-Tests Gruppen wie Beschäftigte in der Pflege oder in der kritischen Infrastruktur vorbehalten werden und bei den anderen durch Schnelltests ersetzt werden. Mediziner Wertenauer findet aber, dass das in Stuttgart beim jetzigen Stand nicht notwendig sei. Er habe beim Labor ein Kontingent von bis zu 3000 PCR-Tests am Tag, derzeit seien es aber nur etwa 1000. Mit einer Umstellung von PCR- auf Schnelltests für die Mehrheit der Abstriche würde man aus Wertenauers Sicht eine nicht nötige „Verschlechterung erreichen“.

OB-Brief nur an über 60-Jährige?

Gut ist, dass in Stuttgart 41,4 Prozent der Menschen eine Boosterimpfung haben, so Annette Galante-Gottschalk von der Abteilung Gesundheitsplanung. Allerdings sei bei den über 60-Jährigen noch „jeder Zehnte nicht geimpft“. Deshalb soll offenbar der von der SPD und CDU im Rat geforderte Brief mit einer Impfaufforderung des OB nur an die Altersgruppe der über 60-Jährigen adressiert werden. Insbesondere in den Altenheimen, wo im vorigen Winter besonders viele Corona-Todesfälle zu beklagen waren, sei die Booster-Quote aber „sehr hoch“, betonte Martin Priwitzer. Angesichts der derzeit sehr hohen Inzidenz, warnte Annette Galante-Gottschalk, werde es trotz der gesunken Sterbefälle wieder steigende Klinikeinweisungen und Todesfälle geben.