Papierflieger, echte Nobelpreisträger und viel Klamauk: Die schrägen Ig-Nobelpreise sind Kult. Zum 33. Mal wurde jetzt kuriose Forschung an der US-Elite-Uni Harvard mit den Spaß-Preisen geehrt. Bei der Verleihung der Trophäen war wieder viel Skurriles dabei: von Nasenhaaren über Klo-Ausscheidungen und methodisch untersuchter Langeweile bis hin zu den Gehirnaktivitäten rückwärts sprechender Menschen.
Steine ableckende Wissenschaftler, gezählte Nasenhaare und methodisch untersuchte Langeweile: Wissenschaftliche Studien, die „erst zum Lachen und dann zum Denken anregen“ sollen, sind in den USA mit den „Ig-Nobelpreisen“ ausgezeichnet worden (gesprochen „ignoble“, was übersetzt etwa unehrenhaft heißt).
Die traditionell skurrile Gala wurde in der Nacht zum Freitag (15. September) bereits zum vierten Mal im Folge im Rahmen einer Online-Veranstaltung abgehalten. Die zum 33. Mal verliehenen undotierten Spaß-Preise sollen nach Angaben der Veranstalter „das Ungewöhnliche feiern und das Fantasievolle ehren“.
Warum lecken Wissenschaftler Steine ab?
So erhielten beispielsweise Forscher aus Polen und den USA den Preis in der Kategorie „Chemie und Geologie“ für ihre Erforschung der Frage, warum viele Wissenschaftler gerne Steine ablecken. Es bereite ihm große Freude, den Preis für so eine „fundamentale Sache“» zu bekommen, sagte Forscher Jan Zalasiewicz. „Geologen machen das die ganze Zeit, weil etwas, das nicht ganz klar ist, deutlich klarer wird, wenn die Oberfläche nass ist.“
Hier kommen Sie zur Website des verleihenden Satire-Magazins „Annals of Improbale Research“:
Wie viele Haare hat der Mensch in seinen Nasenlöchern?
Wissenschaftler aus den USA, Kanada, dem Iran und Vietnam erhielten eine der zehn Auszeichnungen für die Nutzung von Leichen zur Erforschung der Frage, ob ein Mensch die gleiche Anzahl von Haaren in beiden Nasenlöchern hat. Sie hätten an rund 20 Leichen geforscht und pro Nasenloch etwa 110 bis 120 Haare gefunden, teilten die Forscher in ihrer Dankesrede mit.
Warum langweilen sich Schüler und Lehrer?
Forscher aus China, Kanada, Großbritannien, den Niederlanden, Irland, den USA und Japan erhielten einen Preis in der Kategorie „Bildung“ für ihre methodische Untersuchung der Langeweile bei Lehrern und Schülern.
Unter anderem sei es wahrscheinlicher, dass Schüler im Unterricht gelangweilt seien, wenn sie das schon im Vorfeld erwarteten, erklärte das Forscherteam in seiner Dankesrede. Außerdem seien Schüler mit einer höheren Wahrscheinlichkeit im Unterricht gelangweilt, wenn sie den Eindruck hätten, dass der Lehrer oder die Lehrerin gelangweilt sei.
Wie fühlt man sich bei Wort-Wiederholungen?
Forscher-Kollegen aus Frankreich, Großbritannien, Malaysia und Finnland bekamen eine Auszeichnung für ihre Untersuchung der Empfindungen von Menschen, wenn sie ein Wort viele Male wiederholen.
Wie oft schauen Menschen nach oben?
Forscher aus den USA erhielten einen Preis für Experimente auf den Straßen einer Stadt, bei denen sie herausfinden wollten, wie viele Passanten anhalten und nach oben schauen, wenn sie fremde Menschen nach oben schauen sehen.
Was macht man mit Klo-Überresten?
Ein südkoreanisch-amerikanischer Forscher erfand die sogenannte Stanford-Toilette – ein Klo, das mittels verschiedener Hilfsmittel die von Menschen ausgeschiedenen Substanzen analysiert. „Verschwendet eure Ausscheidungen nicht“, unterstrich Forscher Seung Min Park bei seiner kurzen Dankesrede zur Preisvergabe.
Wie belebt man tote Spinnen?
Wissenschaftler aus Indien, China, Malaysia und den USA belebten tote Spinnen wieder, um sie als mechanische Greifwerkzeuge zu benutzen – und wurden dafür ebenfalls ausgezeichnet.
Was macht das Hirn beim Rückwärtssprechen?
Ein Team von Forschern und Forscherinnen aus Argentinien, Spanien, Kolumbien, Chile, China und den USA wurde geehrt für die Erforschung der Gehirnaktivität von Menschen, die Experten im Rückwärtssprechen sind. „Danke für diesen spaßigen Preis, wir freuen uns, ihn anzunehmen“, sagten die Wissenschaftlerin María José Torres-Prioris und ihr Kollege Adolfo García – vorwärts und rückwärts.
Schmeckt Essen besser mit elektrischen Strohhalmen?
Geehrt wurden zudem ein Forscher und eine Forscherin aus Japan für ihre Experimente zu der Frage, ob elektrische Essstäbchen und Strohhalme den Geschmack von Nahrungsmitteln verändern können. Außerdem ging ein Preis an Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Spanien, der Schweiz, Frankreich und Großbritannien für die Erforschung der Frage, inwiefern sich die sexuelle Aktivität von Sardellen im Meereswasser niederschlägt.
Wissenschaft-Freaks, Elite-Forscher und Nobelpreisträger
Vor der Corona-Pandemie war die Gala – an der auch echte Nobelpreisträger teilnehmen, darunter in diesem Jahr der deutsche Physiker Wolfgang Ketterle - alljährlich von mehr als 1000 Zuschauern in einem Theater der Elite-Universität Harvard verfolgt worden.
Aber auch bei der rund anderthalbstündigen Online-Preisverleihung, die diesmal unter dem Oberthema „Wasser“ stand, flogen Papierflieger, gab es Sketche, bizarre Kurz-Musikstücke und noch viel mehr skurrilen Klamauk.
Beendet wurde das ganze von den traditionellen Abschlussworten des Moderators Marc Abrahams, Herausgeber einer wissenschaftlichen Zeitschrift zu kurioser Forschung. „Wenn Sie dieses Jahr keinen Ig-Nobelpreis gewonnen haben, und besonders dann, wenn Sie einen gewonnen haben: mehr Glück im nächsten Jahr!“
Übersicht über die Ig-Nobelpreise 2023
- Chemie/Geologie: Forscher aus Polen und den USA für die Erforschung der Frage, warum viele Wissenschaftler gerne Steine ablecken.
- Literatur: Forscher und Forscherinnen aus Frankreich, Großbritannien, Malaysia und Finnland für die Untersuchung der Empfindungen von Menschen, wenn sie ein Wort viele Male wiederholen.
- Maschinenbau: Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Indien, China, Malaysia und den USA für die Wiederbelebung toter Spinnen, um sie als mechanische Greifwerkzeuge zu benutzen.
- Öffentliche Gesundheit: Ein südkoreanisch-amerikanischer Forscher für die Erfindung der „Stanford-Toilette“, eines Klos, das mittels verschiedener Hilfsmittel die von Menschen ausgeschiedenen Substanzen analysiert.
- Kommunikation: Forscher und Forscherinnen aus Argentinien, Spanien, Kolumbien, Chile, China und den USA für die Erforschung der Abläufe im Gehirn von Menschen, die Experten im Rückwärtssprechen sind.
- Medizin: Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus den USA, Kanada, dem Iran und Vietnam für die Nutzung von Leichen zur Erforschung der Frage, ob ein Mensch die gleiche Anzahl von Haaren in beiden Nasenlöchern hat.
- Ernährung: Ein Forscher und eine Forscherin aus Japan für ihre Experimente zu der Frage, ob elektrische Essstäbchen und Strohhalme den Geschmack von Nahrungsmitteln verändern können.
- Bildung: Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus China, Kanada, Großbritannien, den Niederlanden, Irland, den USA und Japan für ihre methodische Untersuchung der Langeweile bei Lehrern und Schülern.
- Psychologie: Forscher aus den USA für Experimente auf den Straßen einer Stadt, bei denen sie herausfinden wollten, wie viele Passanten anhalten und nach oben schauen, wenn sie fremde Menschen nach oben schauen sehen.
- Physik: Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Spanien, der Schweiz, Frankreich und Großbritannien für die Erforschung der Frage, inwiefern sich sexuelle Aktivität von Sardellen im Meereswasser niederschlägt.
Info: Ig-Nobelpreise
Ig
Ig steht für Englisch „ignoble“, unwürdig, schmachvoll, schändlich. Der Preis wird auch als Spaß-Nobelpreis verulkt. Dabei ist der Ig-Nobelpreis eine hoch angesehene satirische Auszeichnung, die alljährlich vom Satire-Magazin „Annals of Improbale Research“ und der amerikanischen Elite-Universität Harvard in Boston (Bundesstaat Massachusetts) verliehen wird.
Veranstalter
Ig-Nobelpreis-Moderator Marc Abrahams, Autor von so gewichtigen Werken wie „Der Einfluss von Erdnussbutter auf die Erdrotation“, rettet zusammen mit einer fröhlich-illustren Schar von Wissenschaftlern – darunter zahlreiche Nobelpreisträger – akademische Preziosen vor dem Wissens-Orkus. Abrahams ist Präsident des Ig-Nobelpreis-Komitees, mit dem parallel zur bierernsten Nobelpreisverleihung geistige Errungenschaften gefeiert werden, die eines Don Quichotte de la Mancha, Karl Valentin und Marty Feldmann würdig gewesen wären.