In den Flüchtlingsunterkünften gibt es WLAN bislang nur in den Büros der Sozialarbeiter. Die Signalstärke ist ziemlich gering. Foto: dpa/Franziska Gab

Sozialarbeiter fordern bessere Internetverbindungen in den Flüchtlingsunterkünften. In Zeiten von Corona müsse die Stadt einen stabilen Empfang in jedem Zimmer bereitstellen, fordern sie. Warum WLAN dringend nötig ist, erklärte Johannes Engelhardt von der Arbeiterwohlfahrt im Bezirks beirat Untertürkheim.

Untertürkheim - Unzureichende Internetverbindungen beklagen Flüchtlingshelfer in den Stuttgarter Unterkünften. In Zeiten von Corona müsse die Stadt einen stabilen Empfang in jedem Zimmer bereitstellen, fordern sie in einem offenen Brief an Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann. Die Stadt solle dort kostenfreies WLAN bereitstellen, lautet der nachdrückliche Wunsch von Vertretern der Stuttgarter Freundeskreise, des AK Asyl und von Asylpfarrer Joachim Schlecht. Das Problem habe sich in den vergangenen Monaten während der Corona-Einschränkungen verschärft gezeigt. Die FrAktion im Gemeinderat hat inzwischen einen entsprechenden Antrag an die Verwaltung gestellt.

In der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirates Untertürkheim schilderte Johannes Engelhardt von der Arbeiterwohlfahrt (Awo) am Beispiel der Flüchtlingsunterkunft in der Württembergstraße, warum die Ausstattung mit öffentlichem WLAN und vor allem einer flächendeckenden Signalstärke in den Räumen dringend nötig ist. 130 Menschen leben derzeit in der von der Awo betreuten Einrichtung, darunter 52 Kinder und Jugendliche. 33 von besuchen die Schule – gerade sie würden dringend ein funktionierendes Internet benötigen, „um beim Lernen den Anschluss nicht zu verlieren“.

Digitaler Unterricht kaum möglich

Schon im Frühjahr mussten viele von ihnen Zuhause bleiben, weil die Schulen wegen der Corona-Pandemie geschlossen waren. „Die Hausaufgaben wurden per E-Mail verschickt, aber unsere Bewohner hatten keine Möglichkeit, sie auszudrucken, geschweige denn sie über das Internet zu erledigen.“ Auch die Teilnahme an digitalen Unterrichtsformen gestaltete sich schwierig: Die Kosten für Datenvolumenkarten fürs Handy würde die Bewohner überfordern, das Geld reiche auf Dauer dafür nicht aus.

Zwar gebe es in der Unterkunft einen Internetanschluss – 2016 über die Initiative Freifunk eingerichtet und vom Freundeskreis über Spenden finanziert. Die Technik, ein normaler Router wie man ihn Zuhause habe, befinde sich im Büro der Sozialarbeiter. Doch dort könnten sich aufgrund der Enge und wegen der Ansteckungsgefahr unmöglich mehrere Personen gleichzeitig aufhalten. Da der Empfang aber nur in der Nähe der Anlage möglich sei, säßen die Schüler mit ihren Geräten auf dem Flur. Die Signalstärke reiche leider nicht bis in den Gemeinschaftsraum. „Das ist ein untragbarer Zustand“, findet Engelhardt. Der gebotene Mindestabstand sei kaum einzuhalten, abgesehen davon gebe es dort auch keine Lernatmosphäre.

Warten auf die Lösung des Problems

Die Reichweite technisch zu verstärken, wäre das Mindeste, meint Engelhardt. Aber mit der Hardware-Nachrüstung allein sei es nicht getan: Der vom Freundeskreis abgeschlossene Vertrag mit dem Mobilfunkanbieter laufe in der Einrichtung in der Württembergstraße im kommenden Februar aus. „Wie es weitergeht, ist offen.“ Das Problem: Die Möglichkeit, selbst einen Internetvertrag mit Router im Zimmer einzurichten, ist in den Gemeinschaftsunterkünften verboten – dabei sei stabiles Internet nicht nur für Schulkinder wichtig, sondern für alle Bewohner, die mit Angehörigen im Heimatland in Kontakt bleiben wollen, argumentieren die Flüchtlingshelfer.

Die Stadtverwaltung arbeite zwar an einer Lösung, doch die werde laut Engelhardt nicht so schnell umsetzbar sein. Die Untertürkheimer Unterkunft sei ja kein Einzelfall. „Es ist überall das gleiche Problem.“ Allein die Awo Stuttgart betreut im Stadtgebiet sieben Gemeinschaftsunterkünfte mit rund 1300 Bewohnern.