Die Melodien des Glockenspiels sind der Tages- und Jahreszeit angepasst. Foto: Werner Kuhnle

Das Marbacher Glockenspiel im Rathausturm ist in seiner Form einzigartig im Landkreis und ein gelungenes Beispiel von Sponsoring. Dieses Jahr feiert es Geburtstag.

Stuttgart hat eines, Esslingen ebenfalls. Und Marbach: ein Glockenspiel im Rathausturm. Das Geläut in der Schillerstadt feiert seinen 25. Geburtstag. 1997 war es, als die damals 13 bronzenen Glöckchen installiert wurden – gerade noch rechtzeitig vor der Verabschiedung des damaligen Bürgermeisters Heinz Georg Keppler.

24 Jahre lang war Keppler Rathauschef, acht Jahre dauerte es, bis aus der Idee, das Türmle des Rathauses mit Glocken zu bestücken, Wirklichkeit wurde. Denn: Schon damals war Marbach finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet. Als Keppler den Vorschlag in den 1980er-Jahren im Gemeinderat zur Sprache brachte, lehnte das Gremium ab: Ein solcher Luxus sei dem Bürger in Zeiten knapper Kassen nicht vermittelbar.

Geburtshelfer wurden dann die TWS, die Technischen Werke der Stadt Stuttgart. Die nämlich machten eine Spende von rund 50 000 Mark locker. Das Elektrizitätsunternehmen, das am Neckar, vor den Toren der Stadt, das Kraftwerk betrieb, feierte Jubiläum: Seit 90 Jahren versorgte es die Schillerstadt mit Strom. Man könnte das Glockenspiel also als eine Art Treuebonus bezeichnen.

Ein wenig, so heißt es, habe sich der Gemeinderat damals aber trotz der gesicherten Finanzierung noch geziert. Trotz der Spende befürchtete man, beim Bürger falsch verstanden zu werden. „Dann heißt es wieder, für nichts haben sie Geld außer für den Schiller und ein Glockenspiel“, soll damals im Gemeinderat hinter verschlossenen Türen gefallen sein, heißt es in der Marbacher Zeitung Mitte Juli 1996.

Auf Glockenspiel-Besichtigungsfahrt

Und dann gab es endlich doch das Okay aus dem Gremium. Doch ganz reichte das Geld der TWS nicht aus, um alle musikalischen Wünsche zu erfüllen. Ursprünglich sollten acht Glöckchen ins Rathaustürmchen eingebaut werden, um Marbacher Bürger und auswärtige Touristen fortan mit schönen Melodien zu erfreuen. Um sich mit der Materie vertraut zu machen, gingen die Bürgervertreter aber noch auf Besichtigungsfahrt und sahen sich Glockenspiele in Schwäbisch Gmünd, Schorndorf und Plochingen an.

Das End’ vom Lied der Glöckchen: Mit acht Stück kommt man musikalisch nicht weit. Zwölf sollten es schon sein. Dafür reichte die Spende gerade so. Eine 13. Glocke – und mehr passen auch nicht aufs Marbacher Rathausdach – finanzierten die Räte aus eigener Tasche. Für die dafür nötigen rund 1500 Mark wurde zusammengelegt.

1997 wurden die (fast) haushaltsneutralen Glocken dann eingeweiht und spielen je nach Jahreszeit drei bis viermal täglich, im Winter wochentags beispielsweise um 10.02, 15.02 und 17.02 Uhr. Um 19.30 Uhr gibt es das Abendlied. Auch die Playlist ändert sich übers Jahr. Jetzt, im Dezember, wird es weihnachtlich mit „Kommet ihr Hirten“ oder „Kling Glöckchen“.

Im Januar geht es mit „Lobet den Herren“ oder „Ännchen von Tharau“ weiter. Zur guten Nacht gib’s ebenfalls die passende Musik: unter anderem „Der Mond ist aufgegangen“ und „Weißt Du, wie viel Sternlein“. 2013 wurde das Glockenspiel auf 16 Glocken erweitert.

Das Glockenspiel in Ditzingen

Weißes Haus
Mitten in der Ditzinger Marktstraße erklingt ebenfalls ein Glockenspiel. 2011 wurde das Gebäude mit der Hausnummer 6 gebaut und fortan weißes Haus genannt. An der Fassade ist ein Glockenspiel installiert.  Es ist täglich um kurz nach 15 Uhr zu hören, informiert Jens Schmukal, der Pressesprecher der Stadt Ditzingen. Das Glockenspiel ertönt dann jeweils fünf Minuten lang.

Private Initiative
Anders als in Stuttgart, Esslingen oder Marbach, wo die Glockenspiele am Rathaus erklingen, handelt es sich in Ditzingen um ein Privathaus, das als Wohn- und Geschäftshaus genutzt wird. Der Eigentümer und Investor Wilhelm Bobbert hat die 25 Glöckchen 2011 auf eigene Initiative einbauen lassen. Die Glocken stammen aus der Glocken- und Kunstgießerei Petit und Gebr. Edelbrock aus Gescher. sl