Auf dem Hof der Unterkunft war am Tag nach dem Polizeieinsatz keine Spur von der Auseinandersetzung zu erkennen. Foto: Simon Granville

Am Sonntag wurden ein Polizist und ein Hund bei einer Flüchtlingsunterkunft verletzt. Mittlerweile gibt es gesicherte Informationen zur Tat – und zur besonderen Einrichtung.

Zu dem Einsatz des Sondereinsatzkommandos (SEK) in einem Ludwigsburger Gewerbegebiet in der Nacht zum Sonntag hat die Polizei am Montagnachmittag neue Details bekannt gegeben. Ein Bewohner einer dortigen Geflüchtetenunterkunft soll zunächst einen Polizeihund und im anschließenden Gerangel auch einen Polizisten angegriffen und verletzt haben. Als er sich danach mit einem Küchenmesser bewaffnet in seinem Zimmer verschanzte, rief die Polizei das SEK hinzu.

Bereits am Sonntag hatte ein Sprecher der Polizei bestätigt, dass es rund um die Geflüchtetenunterkunft in der Mauserstraße zu einem SEK-Einsatz gekommen war. Verständigt hatte die Polizei um kurz vor 1 Uhr ein Sanitäter vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Das DRK lagert in der Halle des betroffenen Gebäudes Material, in den umgebauten Büroräumen nebenan sind Geflüchtete untergebracht.

Ein Bewohner der Unterkunft habe kurz nach Mitternacht im Hof leere Glasflaschen auf dem Boden zertrümmert und herumgebrüllt – so berichtet es eine Führungsperson des DRK-Ortsverbandes dieser Zeitung. Eine der Flaschen habe er gegen ein Fahrzeug geworfen, daraufhin riefen die Sanitäter die Polizei. Diese sei bereits wenige Minuten später mit der Hundestaffel eingetroffen – die Sanitäter zogen sich daraufhin in die Halle zurück.

Im Hof habe die Polizei den Bewohner gestellt und zu beruhigen versucht – dieser sei aber weiter aggressiv gewesen. Laut Polizeibericht habe der 26-jährige Geflüchtete zunächst einen Polizeihund angegriffen und verletzt. Im anschließenden Gerangel wurde auch der Hundeführer verletzt. Beide mussten noch in der Nacht ärztlich versorgt werden, sie sind laut Polizei bis auf Weiteres dienstunfähig.

Der 26-Jährige habe sich anschließend mit einem Küchenmesser in seinem Zimmer in der Unterkunft verschanzt. Auf Ansprache habe der Tatverdächtige nicht reagiert, obwohl über ein Fenster teilweise Sichtkontakt zwischen ihm und der Polizei bestanden habe. Nachdem das Gebäude umstellt worden war, zog die Polizei auch das SEK hinzu. Gegen 3 Uhr nahmen SEK-Beamte den Mann vorläufig fest. Dagegen habe er sich heftig gewehrt und Verletzungen davongetragen.

Laut dem Sanitäter habe es zwischen DRK und Geflüchteten bisher keine Probleme gegeben, der Tatverdächtige von Sonntagnacht habe jedoch schon häufiger im Hof herumgebrüllt.

Laut Stadtverwaltung leben in der Unterkunft Menschen in besonderen Lebenslagen – darunter auch Personen mit psychischen Erkrankungen oder sozialen Problemen. „Die damit verbundenen Herausforderungen sind bekannt und werden seit Langem aktiv angegangen“, sagt Stadtsprecherin Karin Brühl.

Es gebe regelmäßige Besuche des psychosozialen Dienstes, zudem Beteiligungsformate wie eine Hausversammlung sowie niedrigschwellige Begegnungsangebote, etwa gemeinsames Kaffeetrinken. Ziel sei es, Vertrauen aufzubauen, Probleme frühzeitig zu erkennen und passende Hilfe zu vermitteln, so Brühl. „Trotz aller Betreuung und Begleitung kann es immer wieder zu außergewöhnlichen Situationen kommen.“

Auch der Arbeitskreis Asyl hat in den Anfangsjahren der Unterkunft Gesprächsangebote gemacht, ein Fest organisiert und ein Gartenprojekt angestoßen. Monika Schittenhelm vom AK Asyl Ludwigsburg betont, dass es dort immer wieder Probleme gebe – „da gibt es nichts zu beschönigen“.

Obwohl in der Unterkunft nur rund 35 Menschen leben, komme es regelmäßig zu Streitigkeiten. Das liege nicht allein an den besonderen Lebenslagen, sondern auch an den Voraussetzungen des Gebäudes. In dem Gewerbegebäude träfen verschiedene Kulturen auf engem Raum aufeinander, und Ausweichmöglichkeiten gebe es kaum, so Schittenhelm.

„Zu Polizeieinsätzen führen die vorbelasteten Personen und die Konflikte in der Unterkunft jedoch selten. Auf Nachfrage unserer Zeitung teilt das Polizeipräsidium Ludwigsburg mit, dass es seit der Eröffnung der Unterkunft im Jahr 2019 lediglich sechs Einsätze gegeben habe – allesamt Lappalien.

Der Tatverdächtige von Sonntag habe sich laut Polizei mutmaßlich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden. Er wurde deshalb in eine psychiatrische Einrichtung gebracht, in der er bis auf Weiteres bleiben muss.