Ihr sei schlecht gewesen, sie habe nichts essen, nicht schlafen, nicht arbeiten können, sondern einfach nur versucht, sich mit dem Handy abzulenken, erzählt Jessica. Foto: imago

Sie dachte, er sei der Mann fürs Leben, dann verlässt er sie. Nun gründet die 29-jährige Jessica aus der Region Stuttgart eine Selbsthilfegruppe für junge, gebrochene Herzen.

Sie sei in ein tiefes, schwarzes Loch gestürzt. „Mir war schlecht, ich konnte nichts essen, nicht schlafen, nicht arbeiten. Ich habe einfach nur versucht, mich mit dem Handy abzulenken“, erzählt Jessica. Nie hätte sie gedacht, dass Liebeskummer so schlimm sein kann. Mit der romantisierten Vorstellung im Fernsehen und in Romanen, wo die Verlassenen einfach nur ganz viel weinen und Eis essen, habe das nichts zu tun gehabt, erzählt die 29-Jährige, die lieber nur mit ihrem Vornamen in der Zeitung stehen will.

Mehrere Jahre lang war sie mit ihrem Freund zusammen. Dann machte er im Juli dieses Jahres plötzlich Schluss. „Es kam total überraschend für mich. Wir waren während meines Studiums neun Monate zusammen in Asien. Wir haben hier in Esslingen zusammen gewohnt und schon Pläne für die Zukunft gemacht.“ Als Jugendliche sei sie immer davon ausgegangen, dass sie keine Kinder haben wolle. Doch mit ihm habe sie es sich dann doch vorstellen können.

Als er geht, gibt sie sich die Schuld

Nach der Trennung teilte sie sich noch drei Wochen lang eine Wohnung mit ihrem Ex. Dann ging er nach Salzburg. Jessica wollte eigentlich mit ihm nach Österreich ziehen, alles war schon geplant. „Als er fortging, war das wie eine zweite Trennung für mich“, erzählt die junge Frau. Zuvor habe sie noch versucht, ihn umzustimmen. „Ich habe ihn gefragt, warum, und warum so plötzlich, und ob er es sich nicht noch einmal überlegen will“, erzählt sie und ergänzt: „Ich habe versucht, mich anzupassen, mich zu verbessern, ihm zu zeigen, dass es doch noch funktionieren kann.“ Doch er habe keine Beziehung mehr gewollt, jedenfalls nicht mit ihr. Und er habe Schluss machen wollen, bevor er nach Österreich geht, damit sie nicht seinetwegen alles aufgibt.

Wenn Kinder mit im Spiel sind, ist eine Trennung oft besonders schwierig. Foto: dpa/Mascha Brichta

Für Jessica war das kein Trost. Sie spürte, dass sie Hilfe brauchte. Darum wendete sie sich an die Selbsthilfekontaktstelle Kiss Stuttgart. Doch alle Selbsthilfegruppen waren voll. Nun will sie mit Hilfe von Kiss eine eigene Gruppe gründen. „Junge Herzen“ hat sie diese genannt, sie richtet sich an Frauen und Männer zwischen 20 und 35 Jahren. „Eine Trennung oder Scheidung in jungen Jahren kann das Leben völlig auf den Kopf stellen. Gefühle wie Einsamkeit, Angst und Enttäuschung belasten das Herz“, heißt es in der Beschreibung. Das Bild von der gemeinsamen Zukunft werde von einem auf den anderen Tag ausradiert.

Mit ihrer neuen Selbsthilfegruppe will Jessica einen geschützten Raum bieten, um sich auszusprechen. „Ich habe meine eigene Situation 100 Mal mit Freunden durchgekaut. Aber ich denke, es hilft mehr, wenn man mit Leuten darüber redet, denen es gerade ähnlich geht. Sie können einem eher neue Perspektiven aufzeigen“, erläutert Jessica ihren Ansatz. Sie hofft, dass sich die Teilnehmenden gegenseitig unterstützen können, dass neue Kontakte und vielleicht auch neue Freundschaften entstehen. „Gemeinsam wollen wir alte Wunden heilen, Hoffnung schöpfen und lernen, die Herausforderungen dieser Lebensphase als Chance für einen Neuanfang zu sehen“, heißt es in der Projektbeschreibung. Jessica wünscht sich, „dass ich mich irgendwann wieder neu verlieben kann“. Momentan habe sie noch zu viel Angst davor.

Die Gruppe soll Ende Dezember, spätestens Anfang Januar starten. Interessierte schreiben eine Mail an jungeherzen@web.de.