Karsten Spitzer überzeugt auf der Bühne mit leidenschaftlichem Spiel. Foto: Eibner-Pressefoto

Der vormalige Leiter der Sindelfinger Theatergruppe Szene 03, Karsten Spitzer, war mit einer szenischen Lesung im Theaterkeller zu Gast – mit seiner neuen Thüringer Gruppe O’Mensch.

20 Jahre lang war Karsten Spitzer in der Sindelfinger Schauspielszene aktiv. 2015 hatte er auch die Leitung des Ensembles Theater Szene 03 übernommen. – Bis er 2021 nach Thüringen zog, wo er 2024 die Gruppe O’ Mensch mitbegründete. Die Beziehungen nach Sindelfingen hielt er aber, und so konnte man ihn am Wochenende im Theaterkeller erleben. Karsten Spitzer hat mit Kay Gürtzig und Manuela Tiersch eine selbst entwickelte szenische Lesung zum Thema Eifersucht mitgebracht. Eingebettet ist die Lesung mit Judith Hermann, Erich Kästner, Shakespeare und Wilhelm Busch aufschlussreich in ein modernes Setting: in einen Escape-Room, wo man sich mit Spießgefährten mittels geschickter Kombinationsgabe aus einem Raum mit vielen Rätseln befreien kann.

Ein Code führt zu einem Safe mit Büchern

Bevor eine Sprecherstimme (Colin Vaupel) die drei Schauspieler im Escape-Room willkommen heißt, wirken diese nicht mehr allzu lebendig: Klaus (Karsten Spitzer) liegt am Boden hingestreckt, Katrin (Manuela Tiersch) ist in einem Stuhl zurückgesunken und Jens (Kay Gürtzig) hängt über einem Hocker. Wie sind sie hier hingeraten? Das Thema der Rätselrallye ist jedenfalls schnell klar: Liegen auf dem Tisch und am Boden doch haufenweise Bücher über Eifersucht. Es gilt, einen kleinen Safe zu öffnen, der in einem Bucheinband versteckt ist. Nur fehlt dazu der passende Nummerncode. Hilft die Lektüre der Bücher weiter, die mit Lesezeichen versehen sind?

Die Schauspieler Kay Gürtzig, Manuela Tiersch und Karsten Spitzer (von links) befinden sich im Escape-Room. Foto: Eibner-Pressefoto

Die drei nehmen den Faden auf und lesen Judith Herrmanns „Zigaretten“, Kästners „Ballade vom Misstrauen“ und Wilhelm Buschs „Fromme Helene“ und streuen Zitate von Strindberg, La Rochefoucault, Tschernyschewski, Lessing und Nietzsche ein. Der Clou ist aber, wie die drei lesen und spielen und mit den Figuren und den Lesenden mitfiebern, um nicht zu sagen, sich mit ihnen direkt identifizieren. Eifersüchtig fühlen sie sich aber im Leben nicht. Ein Test aus einer Frauenzeitschrift, den sie ausfüllen, straft sie aber Lügen: Kontrollwahn wird mit Liebe, Fürsorge und Ehrlichkeit gerechtfertigt, Streitsucht mit simplem Kommunikationsbedürfnis. Selbst Jens, der angesichts der anderen von einer „Stasi 2.0“ spricht, scheint emotional stark involviert. Auch zwischen ihnen bildet sich ein Eifersuchtsdreieck.

Hilft bedingungslose Ehrlichkeit?

Höhepunkt ist Spitzers leidenschaftliche Darbietung aus Shakespeares „Othello“. Wo befinden sie sich eigentlich? Im Jenseits oder der Hölle? Klar scheint zu sein, dass sie keineswegs zufällig in die Lage geraten sind. Kann ihnen bedingungslose Ehrlichkeit aus der Misere helfen? Und wo steht der Zuschauer? Zum Abschluss gibt es viel Applaus.