Das Stuttgarter Ballett will unter anderem mit Johan Ingers „Out of Breath“ Berlin erobern. Foto: Stuttgarter Ballett/SB

Im September zeigen die Stuttgarter ihren Johan-Inger-Abend in Berlin. Es ist einer der Stuttgarter Akzente, die das Staatsballett in der nächsten Saison setzt.

Von der Spielzeit 2023/24 an wird Christian Spuck die Leitung des Berliner Staatsballetts übernehmen; schon von diesem Sommer an steht der Direktor des Balletts in Zürich seiner zukünftigen Kompanie in Berlin künstlerisch beratend zur Seite. Das hinterlässt auch Spuren im Berliner Ballettspielplan der nächsten Saison.

Unabhängig von der Ernennung seines ehemaligen Hauschoreografen wird das Stuttgarter Ballett ein Gastspiel geben. Immerhin kann das Berliner Ballettpublikum so erfahren, wo Christian Spucks kurze Karriere als Tänzer und seine erfolgreichere als Choreograf begann. Vorstellen wollen sich die Stuttgarter auf Einladung der Deutschen Oper und des Staatsballetts in Berlin von einer jungen Seite; im Gepäck für das Gastspiel vom 22. bis zum 24. September ist der Johan-Inger-Abend „Pure Bliss“ mit drei Stücken des schwedischen Choreografen, darunter die Uraufführung „Aurora’s Nap“. Tanzen wird das Stuttgarter Ballett im Tempodrom; in der Deutschen Oper ist zum Saisonstart wegen Renovierungsarbeiten am Orchestergraben für acht Wochen Baustelle.

Haydée, Cranko, Goecke: Stuttgarter Akzente im Spielplan

Christian Spuck selbst stellt sich in seiner zukünftigen Wirkungsstätte als Choreograf mit seinem Verdi-Ballett „Messa da Requiem“ vor; seine Züricher Erfolgsinszenierung wird in Berlin von April 2023 an Staatsballett, das Orchester der Deutschen Oper, Rundfunkchor und Gesangssolisten zusammenbringen. Mit Marco Goeckes „Petruschka“, Crankos „Onegin“, Marcia Haydées „Dornröschen“ finden sich weitere Stuttgarter Spuren, manche freilich schon seit vielen Jahren, im Berliner Spielplan.

Wie diese Ballung beim Berliner Ballettpublikum ankommen wird, muss sich erst noch zeigen. Bei einigen Kritikerinnen und Kritikern hat die Ernennung Christian Spucks zum Direktor des Berliner Staatsballetts wenig Vorfreude ausgelöst. Der Kompanie drohe ein Desaster, prophezeite Wiebke Hüster in der „FAZ“. Spuck sei so geeignet, eine klassische Kompanie wie das Staatsballett zu führen, „wie „Justin Bieber, das Amt des Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker auszufüllen“.

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Tatsächlich ist Christian Spuck um den neuen Job in Berlin nicht zu beneiden. Nachdem Vladimir Malakhov gehen musste, weil er zu wenig Neues von Belang auf die Bühne brachte, sein Nachfolger Nacho Duato, weil er Klassiker und Kompanie nicht wie erwartet aufstellte, und das Direktorenduo Öhmann-Waltz erst gar nicht richtig antrat, steht Christian Spuck vor einer Aufgabe, die der berühmten Quadratur des Kreises gleicht: Er soll aus Deutschlands größter Ballettkompanie endlich auch ihre beste machen. Aufräumen im etwas abgewirtschafteten Berliner Staatsballett, dazu viel choreografisches Genie beweisen und gleichzeitig das klassische Repertoire auf Hochglanz polieren: aus Stuttgarter Sicht bleibt nur, ihm dabei einen kühlen Kopf und eine glückliche Hand zu wünschen.