Im Restaurant in Pflugfelden sollte jeder Handgriff sitzen. Die Auszubildenden sind motiviert bei der Sache.Foto: Ralf Poller/Avanti Foto:  

Immer mehr junge Menschen aus Asien helfen im Kreis Ludwigsburg Hotels und Gaststätten aus der Personalklemme. Für die Betriebe gab es dafür nun spezielle Auszeichnungen.

Viet Nhat ist freundlich und bietet auch an diesem Morgen immer wieder seine Hilfe an. Der 21-Jährige ist einer von zehn vietnamesischen Auszubildenden im Hotel und Restaurant Zum goldenen Pflug in Ludwigsburg. Er ist seit August vorigen Jahres dabei – und will spätestens im Jahr 2025 die Prüfung zum Fachmann für Restaurants und Veranstaltungsgastronomie ablegen. „Ich möchte gerne in Deutschland bleiben“, sagt der Sohn einer siebenköpfigen Familie in Vietnam. Heimweh kommt nicht auf – dafür sorgt nicht zuletzt das Umfeld in dem Hotelfachbetrieb in Pflugfelden.

Der Fachkräftemangel ist in Deutschland in allen Branchen ein Riesenproblem. Kreative Wege sind gefragt. Das betonte Peter Janiak, Bereichsleiter der Ludwigsburger Agentur für Arbeit. „Wir möchten Ihren Mut belohnen“, sagte er, als die Agentur am Dienstag das Ausbildungszertifikat für vorbildliches Engagement in der Nachwuchsförderung an Christian Köhle, Geschäftsführer des Goldenen Pflugs, übergab. Köhle führt die Gastronomie mit Hotel und Restaurants mit seiner Familie seit 2004 und beschäftigt 54 Mitarbeiter. Zu seinen Stammkunden zählen Unternehmen wie Bosch und Mann + Hummel. „80 Prozent der Hotelgäste sind Stammgäste – wir geben ihnen das Gefühl eines zweiten Zuhauses.“

Die Verständigung stockt zu Beginn, aber sie wird immer besser

Eine Heimat finden sollen auch Viet Nhat und die anderen neun Azubis aus Vietnam während ihrer dreijährigen Ausbildungszeit. Sie wohnen gemeinsam in einem umgebauten Haus neben dem Hotel. An Weihnachten durften alle vietnamesischen Auszubildenden an der Familienfeier der Köhles teilnehmen. Und wie gut klappt es mit dem Deutsch? „Am Anfang habe ich die Bestellungen der Gäste nicht so gut behalten können, wenn sie Sonderwünsche hatten“, erzählt Viet Nhat, doch die Verständigung gelinge immer besser.

Nach Deutschland gekommen sind die Vietnamesen durch ein Ehepaar aus Chemnitz, die im südostasiatischen Land über Kontakte verfüge, berichtet der Senior-Chef des Goldenen Pflugs, Wilhelm Köhle. Er betreut das Personal. „Die Frau ist Vietnamesin – in der DDR galt das Land ja als Bruderstaat, es gibt also eine Tradition.“ Die jungen Leute würden intensiv vorbereitet. Sie lernten daheim erst ein Jahr lang Deutsch, dann kämen sie für sechs Monate nach Chemnitz und erlangten dort das Sprachlevel B2. Köhle hofft, dass am Ende 30 bis 40 Prozent der Auszubildenden bleiben, damit der Betrieb auch etwas von der Investition habe.

Die Zahl der Azubis aus Asien ist sprunghaft gestiegen

Die Zahl der Asiaten unter den Azubis im Kreis Ludwigsburg steigt laut einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Lag der Anteil bis zum Jahr 2018 noch bei unter einem Prozent, stellen die 359 Asiaten bei insgesamt 8220 Auszubildenden im Jahr 2022 inzwischen 4,4 Prozent. „Es ist wichtig, dass die Betriebe eine Willkommenskultur entwickeln“, sagt Simone Lenz, Teamleiterin bei der Bundesagentur in Ludwigsburg. Gerade wenn die Azubis alleine in einem Betrieb seien, sollte sich eine Person verantwortlich fühlen und Kontakte zu Vereinen aufnehmen und schauen, was der Lehrling in seiner Freizeit unternehmen könne. Asien sei als Anwerbermarkt wegen des Pflegenotstands in Deutschland wichtig geworden.

Einen Auszubildenden aus Nepal hat die Marbacher Firma Hainbuch aufgenommen. Die Geschäftsführerin Sylvia Rall unterhält schon länger Kontakte zu einem Waisenhaus, dem Haus der guten Hoffnungen in dem Himalaya-Staat. Da das Unternehmen sozial engagiert ist, gibt es auch gerne Geflüchteten und ärmeren Menschen aus anderen Ländern eine Chance. „Ich rede über Teams mit den Jugendlichen, die uns vorgeschlagen werden“, sagt Sandra Zeiher, Ausbildungsleiterin bei Hainbuch. Das Sprachlevel B2 sei für die Berufsschule notwendig. Eine Gastfamilie betreue den jungen Nepalesen, auf den viel Neues einwirkte.

EU-Bewerber haben beim Ausbildungsplatz grundsätzlich Vorrang

Rechtlich gesehen, müssen Bewerber aus Drittländern gegenüber EU-Bürgern zurückstehen, wenn es um einen Ausbildungsplatz geht. „Der Beruf des Industriemechanikers ist nach wie vor begehrt“, sagt Sandra Zeiher, doch Hainbuch habe auch Kontakte in strukturschwächere Gebiete wie Hohenlohe. Dort könnten immer wieder Ausbildende gesucht werden. Ob die Gastazubis letztlich hier in Deutschland bleiben, entscheide sich je nach Einzelfall. „Wir haben Geflüchtete aus Afghanistan oder Syrien, die ihre Lehre abgeschlossen haben und schon seit Jahren voll bei uns arbeiten – die sind integriert.“ Hainbuch bildet 46 Azubis in zwölf Berufen aus und stellt für acht Ausbildungsberufe IHK-Ausbildungsbotschafter.

Die Arta Kraft GmbH im Ludwigsburger Stadtteil Eglosheim ist der dritte Betrieb, der von der Bundesagentur für Arbeit das Ausbildungszertifikat für vorbildliches Engagement in der Nachwuchsförderung erhielt. Auch Arta wurde kreativ und ermöglicht nun mit der Initiative #Zukunftsstarter der Bundesagentur für Arbeit älteren Arbeitnehmern ohne Ausbildung eine Umschulung. Zudem werden vom Jahr 2023 an indische und vietnamesische Jugendliche Teil des Unternehmens. Dabei bietet die Kraft GmbH eine gute Vergütung, Deutschkurse und das Projekt „Azubi-Haus“.

Zertifikat und Visum: Welche Regelungen gelten?

Agentur für Arbeit
 Die Bundesagentur für Arbeit im Kreis Ludwigsburg verleiht das Ausbildungszertifikat für vorbildliches Engagement in der Nachwuchsförderung an Betriebe, die sich außerordentlich für die Ausbildung in ihrem Unternehmen engagieren.

Visum
 Deutschland hat zum 1. März 2020 neue Gesetze in Kraft treten lassen, um seinen Arbeitsmarkt für Kräfte aus Nicht-EU-Ländern zu öffnen. So können Personen, die über ausreichend Deutschkenntnisse und finanzielle Mittel verfügen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, ein Visum zum Zweck der Arbeitsplatzsuche beantragen. Dieses Visum gilt sechs Monate. Schulabsolventen unter 25 Jahren können für bis zu sechs Monate nach Deutschland kommen, um sich für einen Ausbildungsplatz zu bewerben, wenn ihr Schulabschluss sie berechtigt, sie gute deutsche Sprachkenntnisse (Niveau B2) und die finanziellen Mittel haben, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.