Ihr Bistro „Marktpl8tz“ konnte Christel Mühlbauer dank Crowdfunding verwirklichen. Sie gehe zwar oft mit Sorgen ins Bett, dennoch ist Gastro ihre Leidenschaft.
Geschäftiges Treiben in gemütlicher Atmosphäre: Ein paar ältere Herrschaften schlürfen ihren Kaffee, eine Gruppe Freundinnen beäugt neugierig die Speisekarte. Drinnen surrt die Kaffeemaschine, der Mann hinter der Bar, Giuseppe, schäumt gerade die Milch auf, während Chefin Christel Mühlbauer einer Kundin das Versprechen abnimmt, bald wiederzukommen, und Jonas Faas, ihre „rechte Hand“, an einem der Holztische über der Personalplanung brütet.
Hier, am Marktplatz mit der Hausnummer 8, gibt es seit ein paar Monaten nicht mehr nur Nippes und Blumen zu kaufen, sondern auch Kaffee, Drinks und kleine Speisen.
Wegen des Winters hatte das Team einen schweren Start, berichtet Christel Mühlbauer. „Aber der Strandsommer hat uns geholfen, wie allen Gastronomen hier.“ Die mehrwöchige Veranstaltung im Hochsommer hatte an warmen Tagen viele Gäste in das Bistro gespült. Luft nach oben gibt es laut der Chefin trotzdem noch: „Viele Weil der Städter wissen gar nicht, dass man sich bei uns auch schön reinsetzen kann.“
Die zwei Cafés werden gut angenommen
Wer den Weg hierher finden möchte, der muss sich die Adresse nicht merken – sie steckt im Namen. „Marktpl8tz“ hat die Inhaberin Christel Mühlbauer ihren Laden genannt und bleibt damit einem funktionierenden System treu: Ihr erstes Café, mit dem sich die 60-Jährige Anfang 2020 selbstständig machte, ist ebenfalls nach seiner Adresse in der Pfarrgasse 7 getauft.
Aus dem Weil der Städter Kulinarikangebot ist die gebürtige Weil der Städterin mit ihren zwei Locations inzwischen kaum mehr wegzudenken – dabei ist Mühlbauer gar keine ausgebildete Gastronomin, sondern Quereinsteigerin. Viele Jahre arbeitete die gelernte Mediengestalterin in einem Verlag, dann musste dringend ein Tapetenwechsel her. Die Pfarrgasse Sieben kam in den ersten Wochen nach Eröffnung so gut an, dass es der frisch eröffnete Laden sogar sicher durch die kurz darauf ausgebrochene Pandemie schaffte.
Der Concept Store lief nicht so gut
In die Fläche direkt am Marktplatz zog Mühlbauer zwei Jahre später zunächst mit einem Concept Store. Der lief aber gar nicht so gut, wie erhofft. „Es gab einen Abend, da hab ich gesagt: Ich schließe“, erinnert sich Mühlbauer zurück. Aber dann fügten sich die Dinge doch noch: Jonas Faas, eigentlich treuer Gast, stieg aus „jugendlichem Leichtsinn“, wie Mühlbauer es nennt, in das Unterfangen ein.
„Der Platz hier ist so toll, das will man doch nicht aufgeben“, betont er heute. Eine Bekannte hatte gleichzeitig die zündende Idee: Warum das nötige Geld für einen Umbau zur Gastronomie nicht per Crowdfunding sammeln?
Und gespendet wurde: 10 000 Euro gaben die Menschen an Christel Mühlbauer und ihr Team. „Es gab auch Kritiker, das kann man offen sagen“, erinnert sich Faas. Aus den Einnahmen der Pfarrgasse Sieben hätte sie den Umbau aber niemals finanzieren können, betont Mühlbauer. „Es sind auch schwere Zeiten für die Gastro, und wir haben oben nur zehn Tische“, sagt sie. Am Wochenende ist das Frühstückscafé zwar immer gut besucht. „Aber da steckt mehr dahinter. Es gibt immer Tage, an denen ich mit Sorgen ins Bett gehe.“ Ähnliches sagt auch Jonas Faas: Der 34-Jährige wollte früher immer eine eigene Kneipe eröffnen. „Heute würde ich es mir echt fünfmal überlegen. Es ist kein leichtes Brot.“
Wer rastet, der rostet
Zurück in eine Festanstellung? Das könnte sich Christel Mühlbauer trotzdem nicht mehr vorstellen. Stattdessen will sie gestalten: „Ich will in Weil der Stadt ein bisschen die Welt schöner machen“, sagt sie. Den Aufschwung von Strandsommer und einer funktionierenden Außengastronomie will sie mit ihrem Team jetzt auch in den Herbst tragen, dafür laufen die Planungen bereits heiß: In den kommenden Wochen sind bereits einige neue Specials geplant, etwa wechselnde Pastagerichte. Werbung dafür macht Mühlbauer fleißig auf Instagram und Facebook.
Eine wunderbare Ergänzung
An Stillstand ist bei der 60-Jährigen auf jeden Fall kaum zu denken. Seit der Neueröffnung des „Marktpl8tz“ hätte sich der Laden optisch schon mehrfach verändert, berichtet sie. „Ich hab immer so Hirngespinste“, sagt Mühlbauer, Faas erwidert: „Du bist sehr kreativ und vielseitig.“
Dass die beiden sich ergänzen – Mühlbauer mit ständig neuen Ideen und Faas mit vorsichtiger Weitsicht – ist ganz offensichtlich. Und auch, wenn es laut Mühlbauer nicht noch einen dritten Laden in ihrer Hand geben wird – verändern wird sich am Marktplatz 8 auch in Zukunft noch einiges. „Das größte Gift in der Gastro ist Betriebsblindheit“, fasst es Jonas Faas zusammen. „Wer rastet, der rostet.“