War einmal eine ganz besondere Adresse in Echterdingen: der Gasthof Hirsch Foto: Armin Friedl

In den Keller des Gasthofs Hirsch in Echterdingen tritt seit einigen Wochen Wasser ein. Warum, fragt sich nicht nur der FDP-Kommunalpolitiker Wolfgang Haug, der Stadtführungen anbietet, die dort enden. Er fordert die Stadt zum Handeln auf.

Das klingt ziemlich althergebracht und das ist es auch: „Achterdingen SUPER Vildern“ ist der Titel einer Stadtführung, die der Echterdinger FDP-Mann Wolfgang Haug, seit 1971 bis heute im Gemeinderat, immer wieder anbietet. Auch wenn sich da ein ziemliches Modewort reingeschlichen hat, bedeutet das im heutigen Deutsch nichts anderes als „Echterdingen auf den Fildern“. Und lokale Kenntnis hat Haug reichlich, war er doch lange Schulleiter in der Stadt auf den Fildern und ist heute noch ehrenamtlicher Leiter des Echterdinger Stadtmuseums.

Null Aufenthaltsqualität

Doch den letzten Ort seiner Führungen, gerade jetzt in den heißen Wochen und Monaten sehr begehrt, kann er nicht mehr anbieten: Einen der Keller des Gasthofes Hirsch. Dort ist es zwar noch immer angenehm kühl, aber seit geraumer Zeit ist der auch regelmäßig geflutet. Das Wasser steht da schon mal knöcheltief. Die Aufenthaltsqualität ist dort also bei null. Doch von woher kommt das Wasser, zumal dieses Phänomen noch ziemlich neu ist: Vom ausgiebigen Regen der vergangenen Monate? Oder doch von einer nahe gelegenen größeren Baustelle, welche die Grundwasserströme geändert hat und nun zu dieser Überflutung führt? – Das weiß auch Haug nicht. Ihm geht es vor allem darum, dass ein wichtiges Stück Echterdinger Stadtgeschichte erhalten bleibt und nicht auf diese Weise dem Verfall preisgegeben wird. Seine nahe liegende Forderung lautet deshalb an die Stadt: Es muss dafür gesorgt sein, dass das Wasser möglichst schnell wieder aus dem Keller herausgepumpt wird, sobald es eingedrungen ist.

Ein Ort mit viel Lokalkolorit

Denn so wie Haug seine Stadtführungen anbietet nach dem Motto „Einfach ganz entspannt, mitgehen und Neues entdecken“, geht es ihm auch in hohem Maß um den Erlebniswert. Und da hat ein historischer Keller mit viel Gerümpel schon allein einiges zu bieten, da bedarf es nicht noch einer zusätzlichen Rutschgefahr. „Das wirklich einzigartige und ortstypisch Besondere dieses Stadtteils wird in dieser Führung an authentischen Orten mit viel Lokalkolorit deutlich“, verspricht Haug: „Sie erfahren von wahren Gegebenheiten und alten Erzählungen, etwa von einem Kriminalfall, der zum Glücksfall wurde, die Win-Win-Geschichte vom ‚Macks Scheißhäusle’ und von ‚Mir hends-mir sends’ und vieles mehr. Auch Spaß, Humor und Unterhaltung bringen Erkenntnisgewinn.“

Goethe und der Graf von Zeppelin

Und der Gasthof Hirsch ist eine herausragende Adresse: „1773 war das Haus im Großen und Ganzen fertig“, hat der Ortshistoriker Hans Huber herausgefunden. Das war eine Zeit, in welcher die Fahrt zwischen Tübingen und Stuttgart alternativlos am Hirschen vorbeiführte. Ein Weg, der gerne ausgewählt wurde, denn die heutige Alte Poststraße war in diesen Jahren herausragend ausgebaut. Viel Prominenz ist da eingekehrt, von Goethe bis zum Graf von Zeppelin. Das prominenteste und größte Bild zeigt den Herzog Karl Eugen von Württemberg. Dieser soll die Tochter des Echterdinger Bürgermeisters geschwängert haben. Mit adliger Erlaubnis durfte er mehrere Grundstücke kaufen, um an der wichtigsten Verkehrsstraße des Landes den landesweit größten Saal im „Hirsch“ errichten zu können. So kam der Gasthof zu mehreren Kellern, unter anderem zu einem – damals seltenen – Eiskeller. Und zu jenem Keller, in dem Haug eigentlich gerne seine Stadtführungen ausklingen lässt.