Erdgas wird zum Geldverbrenner. Foto: picture alliance / dpa/Patrick Pleul

Die Erdgaspreise gehen unaufhaltsam nach oben. Und das ist wohl erst der Anfang – denn Russland sitzt bei diesem Machtmittel im Ukraine-Krieg noch lange am längeren Hebel.

Angst ist ein Preistreiber. Das ist auch an der aktuellen Preisentwicklung beim Erdgas zu sehen. Denn je weiter die Lieferung in der Zukunft liegt, umso höher ist der Preisanstieg. Laut Bundesnetzagentur sind die Preise für aktuelle Lieferungen im Vergleich zum Vorkrisenniveau um 114 Prozent gestiegen – doch für Optionen bei langfristigen Lieferungen im Vierten Quartal 2022 beziehungsweise 2023 liegt dieser Preisschub deutlich höher, nämlich bei 135 beziehungsweise 192 Prozent.

Das ist ein klares Indiz, dass der Trend der Preiserhöhungen anhalten wird. Klaus Müller, der Präsident der Bundesnetzagentur, warnt aktuell sogar vor einer möglichen Verdreifachung der Abschläge im kommenden Jahr.

Allein wenn man den Stand von Montag dieser Woche mit dem von Donnerstag vergleicht, liegen die Steigerungen noch einmal zwischen zwei und drei Prozentpunkten höher. Gas ist dabei mit einem Anteil von gut einem Viertel des Energiebedarfs im deutschen Energiemix enorm wichtig. Damit liegt Gas nicht sehr weit hinter dem wichtigsten Energieträger, dem Mineralöl, mit etwa einem Drittel Anteil.

Bisher sind die Preise beim Erdgas also gestiegen, obwohl die Lieferungen eigentlich nicht zurückgegangen sind. Das beginnt sich nun mit der zunächst wartungsbedingten Schließung der wichtigen Pipeline Nordstream 1, die russisches Gas durch die Ostsee leitet, gerade zu ändern. Denn ob die Pipeline wieder in Betrieb gesetzt wird, ist offen.

Russisches Machtmittel im Krieg

Denn Russland, welches das Gas im Ukrainekrieg als Machtmittel nutzt, hat als Hauptlieferant für Erdgas einen langen Hebel. Vor der Ukrainekrise lag dessen Anteil am deutschen Bedarf zuletzt bei 55 Prozent. Und auch vor der aktuellen Kappung der Erdgasströme war trotz der Steigerung der Einfuhren aus anderen Ländern die Abhängigkeit mit etwa einem Drittel der Einfuhren noch sehr hoch. Nach einem Einbruch um fast zwei Drittel Mitte Juni sind die Einfuhren zurzeit fast zum Erliegen gekommen.

Und um die Preise oben zu halten, genügt schon die Unsicherheit, ob Russland im Winter, wenn es besonders wehtut, tatsächlich den Gashahn zudrehen wird. Denn das Umsteuern bei den Lieferanten, das Deutschland eingeleitet hat, wird dauern. Norwegen beispielsweise, das ebenfalls durch Pipelines mit Deutschland verbunden ist und bei Gaslieferungen in Europa hinter Russland die Nummer zwei, wird seine Lieferungen erst Schritt um Schritt in den kommenden Jahren steigern können.

Teure Alternative Flüssiggas

Eine weitere Alternative ist Flüssiggas, das nicht per Pipeline, sondern mit Tankern eingeführt wird, etwa aus Ländern wie Katar, mit dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Verhandlungen steht. Doch selbst wenn diese Lieferungen zustande kommen, bedeutet das ebenfalls höhere Preise. Die Lieferung von Flüssiggas ist technisch deutlich aufwendiger. Flüssiggas kann etwa doppelt so teuer sein wie das Gas aus der Pipeline und braucht langfristige Lieferverträge. Der Bau einer Pipeline für ein neues Terminal zur Anlandung des so genannten LNG-Gases hat in Wilhelmshaven schon begonnen.

Dank eines Genehmigungsverfahrens in Rekordzeit sollen erste Lieferungen noch Ende Dezember möglich werden. Rein theoretisch könnte dieses Terminal von der Kapazität her 40 Prozent des russischen Gases ersetzen. Doch noch stehen die Lieferverträge für solche Mengen nicht.