Eberhard Kögel und die Journalistin Gabriele Krone-Schmalz Foto: Michael Käfer

Die Journalistin Gabriele Krone-Schmalz spricht über den russischen Angriff – und kritisiert die Außenpolitik westlicher Staaten. Sie wolle die „Person Putin“ nicht rechtfertigen, sagt sie – sieht aber für Moskau eine rote Linie überschritten.

Eberhard Kögel, der engagierte Vorsitzende des Politik- und Kulturvereins Allmende, ist nicht dafür bekannt, nur geradlinige Vortragsredner einzuladen. Folglich muss der davon gänzlich Unbeeindruckte immer wieder mit Gegenwind umgehen. Dass im Vorfeld eines von ihm organisierten Vortrags „ein Nachwuchsgrüner aus Weinstadt“ bei Kernens Bürgermeister Benedikt Paulowitsch – erfolglos – protestiert, passiert aber auch Eberhard Kögel nicht alle Tage. Wie groß das Interesse am Besuch der Russland-Kennerin, Journalistin und Buchautorin Gabriele Krone-Schmalz war, zeigt die Tatsache, dass Eberhard Kögel wohl 150 Menschen absagen musste, weil nur 180 Interessierte in die damit ausverkaufte Glockenkelter in Stetten passten.

Kaum einer oder eine von ihnen dürfte enttäuscht nach Hause gegangen sein. Die Frau mit dem markanten Kurzhaarschnitt präsentierte ihre Sicht auf den Krieg in der Ukraine mit einer Routine, aus der ein halbes Jahrhundert Erfahrung mit Osteuropa spricht. Oft als angebliche „Putin-Versteherin“ gebrandmarkt, stellte die 73-Jährige gleich zu Beginn klar: „Es liegt mir fern, irgendetwas im Zusammenhang mit der politischen Person Putin zu rechtfertigen. Es geht ums Erklären und nicht ums Rechtfertigen.“ Der Angriff auf die Ukraine habe, auch aus taktischer Sicht, „keinen Sinn“, zumal die Ukraine in den vergangenen Jahren durch westliche Staaten massiv aufgerüstet worden sei, erklärte sie.

„Sanktionen schaden unserer Wirtschaft mehr als Russland“

Ausführlich stellte die langjährige Moskau-Korrespondentin der ARD und promovierte Politikwissenschaftlerin historische Bezüge her – und kritisierte die Außenpolitik westlicher Staaten: „Die letzten 40 Jahre waren im Grunde eine Ansammlung vertaner Chancen.“ Die Nato-Osterweiterung sei einer der größten politischen Fehler seit dem Ende des Zweiten Weltkrieg gewesen. Zugleich stelle die Nato-Perspektive der Ukraine für Moskau das Überschreiten einer eine rote Linie dar. Ebenso kritisierte sie die verhängten Sanktionen, „die unserer Wirtschaft mehr schaden als Russland“.

Allzu oft wird nach Einschätzung von Gabriele Krone-Schmalz die Ukraine als monolithischer Block mit einheitlicher Haltung gegen Russland dargestellt. Das sei eine falsche Sicht, die nicht nur die russische Minderheit in der Ukraine unbeachtet lasse, sondern auch die dortigen starken nationalistischen Kräfte. Sie haben nach Erkenntnis von Gabriele Krone-Schmalz zwar wenig parlamentarische Repräsentanz, spielten aber in der öffentlichen Diskussion eine bedeutende Rolle. Deshalb müsse der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Fall von Verhandlungen auch primär vor eigenen Leuten geschützt werden, meint sie.

Russischer totaler Rückzug „naiv“

Wie könnte sich Gabriele Krone-Schmalz eine Lösung vorstellen? Auf jeden Fall nicht mit der ihrer Ansicht nach zwar gerechten, aber „so was von naiven“ Forderung eines russischen Totalrückzugs. Zumindest zeitweise sollten territoriale Fragen ausgeklammert bleiben. Möglich wäre für Gabriele Krone-Schmalz jedoch eine Lösung wie im Saargebiet nach dem Ende des Ersten Weltkriegs. Für 15 Jahre wurde es als Mandatsgebiet dem Völkerbund übertragen. 1935 fand dann eine Volksabstimmung statt, bei der 90,7 Prozent der Bevölkerung für eine Rückkehr zum Deutschen Reich votierten.

In der anschließenden Diskussion mahnte sie persönliches Engagement jedes Einzelnen an. Durch Fragen an Abgeordnete beispielsweise oder Leserbriefe: „Wegschauen ist in der Demokratie keine Lösung.“