Wataru Endo fiebert mit Japan dem WM-Auftakt gegen Deutschland entgegen. Foto: dpa

Vor dem Duell seiner Japaner mit Deutschland spricht der Stuttgarter Kapitän über politische Botschaften und seine Ziele im Vereinsfußball.

Während in Europa die Wogen hochschlagen und im Streit um die Kapitänsbinde ein neues Erregungslevel erreicht ist, blicken andere Nationen gleichmütiger auf das Turnier in der Wüste. Weniger politisch, weniger emotional. Mehr rein sportlich.

Zum Beispiel die Japaner. Im Quartier des ersten deutschen WM-Gegners am Mittwoch (14 Uhr) keimte über die jüngste Entscheidung der Fifa, Binden mit der One-Love-Botschaft zu untersagen, keine Diskussionen auf. Weil es erst gar keine Überlegungen für irgendwelche Botschaften gab, wie Wataru Endo bestätigt. In einem Interview mit dem „Kicker“ antwortete der Kapitän des VfB Stuttgart und der japanischen Nationalmannschaft auf eine entsprechende Frage wie folgt: „In Japan ist es, glaube ich, kaum ein Thema. Wir als Mannschaft haben, Stand jetzt, nicht vor, Aktionen zu machen.“

Japan schert sich nicht groß um politische Themen

Mit anderen Worten: Bei den blauen Samurai liegt der Fokus auf dem Sportlichen. Das Ziel: dem großen Favoriten Deutschland ein Bein stellen. Endo hält die Seinen für stark genug dafür, auch weil er als Bundesliga-Legionär (neben sieben anderen im Team, darunter Endos VfB-Kollege Hiroki Ito) die DFB-Elf aus dem Effeff kennt.

„Wir schaffen es, defensiv einen kompakten Block zu bilden und daraus zu kontern. Genauso sind wir imstande, den Ball laufen zu lassen. Und wir sind ein gutes Kollektiv mit einem starken Teamgeist. Jeder arbeitet für jeden. Keiner schiebt die Verantwortung auf den anderen.“ Was niemand bestreiten wird, der die Japaner aus der Bundesliga kennt. Lauf- und zweikampfstark präsentieren sich die Samurai Woche für Woche. Das Wort Leistungsschwankung scheint es im Japanischen nicht zu geben. Einer Maschine gleich verrichten sie mit stoischer fernöstlicher Ruhe ihren Dienst.

Der Kapitän hat seine Gehirnerschütterung auskuriert

In Japan gelten dennoch Spanien und Deutschland als Favorit für das Weiterkommen. Der Kapitän betont: „Ich möchte die öffentliche Meinung und Stimmung in Japan widerlegen und die K.-o.-Runde erreichen.“ Mit dem 29-Jährigen als Anführer. Man darf es als perfektes Timing bezeichnen, dass der Stuttgarter rechtzeitig vor dem WM-Start wieder auf die Beine gekommen ist. Vor gerade einmal zwei Wochen wurde Endo während des Bundesligaspiels gegen Hertha BSC (2:1) benommen vom Platz getragen und ins Krankenhaus eingeliefert. Gehirnerschütterung. Die WM war in Gefahr, doch der Mittelfeldspieler ist hart im Nehmen. Am Wochenende stieg er wieder ins Training ein – gerade rechtzeitig vor seiner persönlichen WM-Premiere.

Spätestens zur nächsten Partie gegen Costa Rica am Sonntag wird sich der vierfache Vater in der fernen Wüste auch wieder ein Stück heimischer fühlen. Dann reist die in Stuttgart-Möhringen wohnhafte Familie nach Doha nach. Wie lange Stuttgart noch der Lebensmittelpunkt der Endos sein wird, ließ der Kapitän allerdings offen. Auf die Frage, ob Deutschland seine Endstation als Fußballer sein werde, antwortete Endo: „Das Ziel England habe ich noch immer im Kopf. Vor allem möchte ich einmal in der Champions League spielen.“ Eine Aussage, die den VfB-Fans nicht gefallen dürfte, genießt ihr „Legendo“ getaufter Kapitän spätestens seit seinem Last-Minute-Tor gegen Köln doch Legendenstatus.

Endo träumt von der Champions League

Doch letztlich ist Endo (Vertrag bis 2024) auch nur Profi. Und einer mit Visionen. Ergänzend zu seinen England-Aussagen merkte er an: „Ich fühle mich sehr wohl in Stuttgart. Der VfB hat vor 15 Jahren die Meisterschaft geholt. Vielleicht ist das wieder möglich. Zunächst möchte ich mit dem VfB viel erreichen.“