Am Donnerstagabend ist die deutsche Fußball-Nationalmannschaft in Stuttgart angekommen. Hunderte Fans warteten teils stundenlang vor dem Hotel am Flughafen. Einige von ihnen hatten Glück.
Sie haben Verspätung. Vormittags noch Training, um kurz nach 16 Uhr Abfahrt vom Quartier in Herzogenaurach, drei Stunden durch den Feierabendverkehr – dann biegen die Fahrzeuge der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am Donnerstagabend endlich in die Auffahrt vor dem Mövenpick-Hotel Stuttgart Messe und Congress. Alles ist abgesperrt, Hunderte Menschen warten an Gittern und Flatterbändern. Geduldig sind sie geblieben, um einen Blick auf ihre Idole zu ergattern – oder gar ein Autogramm.
Zunächst jedoch passiert nicht viel. Um 19.07 Uhr steigt Kapitän Ilkay Gündogan aus einem Auto, die Fans rufen laut seinen Namen. Er lächelt, winkt kurz – und verschwindet im Hotel. Genauso wie Bundestrainer Julian Nagelsmann. Doch einige Minuten später schwillt der Lärm an der Zufahrt zum Orkan an. Zwei Busse fahren vor, erst steigt Rudi Völler aus, dann folgen die Spieler. „Wir woll’n die Mannschaft seh’n“, singen die Fans, das Gedränge an den Absperrungen wird gewaltig.
Und dann werden sie belohnt. Nicht alle, aber doch einige Spieler kommen an die Gitter. Auf der einen Seite lassen sich Joshua Kimmich oder VfB-Profi Chris Führich sehen. Auf der anderen Seite greifen Toni Kroos, Jamal Musiala, Manuel Neuer und einige andere zum Stift und unterschreiben auf allem, was ihnen hingehalten wird. Nach nicht einmal zehn Minuten ist der Kurzauftritt vorüber. „Die Mannschaft kommt nicht mehr. Die Veranstaltung ist hiermit vorbei“, sagt ein Polizist. Viele Fans verlassen nach und nach das Gelände direkt an der Stadtbahnhaltestelle. Andere harren noch aus. An manchen Fenstern bewegt sich der Vorhang, hier und da ist ein kurzes Winken zu erahnen.
Manche Besucher murren, andere sind glücklich. Zwei junge Männer strahlen. Sie stammen beide aus Vietnam, einer lebt hier, der andere ist extra für die EM angereist. Im deutschen Nationaltrikot hat er ein Schild hochgehalten mit der Aufschrift „I’m from Vietnam. Toni Kroos“ – mit Herzchen versehen. Sechs Stunden haben sie gewartet, jetzt zieren fünf Unterschriften das Trikot. Lasse, Sarah und Angelo sind zum Teil direkt nach der Schule zum Flughafen gekommen. „Man wird hier fast zerdrückt“, sagen sie. Belohnt worden ist das mit einem Platz direkt vorn am Zaun.
Im gewohnten Hotel wohnen die Spanier
Die deutsche Nationalmannschaft betritt mit der Unterkunft am Flughafen ungewohntes Terrain. Beim Vorrundenspiel gegen Ungarn hatte sie der Tradition folgend mitten in der Stuttgarter Innenstadt übernachtet, im Hotel Graf Zeppelin am Hauptbahnhof. Dort waren die Kicker mit dem Bundesadler bereits beim Sommermärchen 2006 abgestiegen. Damals hatten 6000 Fans den Tross am Abend vor dem Spiel um Platz drei gegen Portugal empfangen, der Verkehr war zusammengebrochen, stundenlang hatten sich die Spieler an den Fenstern gezeigt und der jubelnden Menge zugewunken.
Das ist diesmal anders. Denn die Spanier hatten als erstgenannte Mannschaft die Entscheidungsfreiheit – und haben ihrerseits das Hotel Graf Zeppelin ausgewählt. Damit war klar, dass der deutsche Bus am Flughafen vor einem der beiden Mövenpick-Hotels vorfährt. Mit direktem Blick auf die abhebenden Flugzeuge – in denen in den Hoffnungen von Fans und Spielern nach dem Viertelfinale die Spanier sitzen. Zum Heimflug.