So sehen Gewinner aus: Friedemann Vogel im Stuttgarter Opernhaus. Foto: /Roman Novitzky

Seit mehr als zwanzig Jahren ist er Mitglied des Stuttgarter Balletts, seine Kunst ist weltweit gefragt: Die Jury des Deutschen Tanzpreises 2020 ehrt Friedemann Vogel als „herausragenden Interpreten“.

Stuttgart - Die hiesigen Tanzfans dürfen sich freuen: Auf Live-Vorstellungen des Stuttgarter Balletts müssen sie Corona-bedingt zwar nun schon seit fast drei Monaten verzichten; doch für einen der prominentesten Tänzer der Kompanie gibt es nun Ruhm und Ehr: Der Deutsche Tanzpreis 2020 geht an Friedemann Vogel als „herausragender Interpret“. Die Jury der Auszeichnung schreibt dazu: „Nur wenige männliche Balletttänzer seiner Generation haben eine derart konstante künstlerische Karriere vorzuweisen und können auf eine vergleichbare internationale Laufbahn blicken. Seit über 20 Jahren Mitglied des Stuttgarter Balletts, ist er mittlerweile ein Weltstar.“

Insgesamt hat der Dachverband Tanz Deutschland gestern vier Preisträger bekannt gegeben. Neben Vogel sind dies als Hauptpreisträger der Choreograf Raimund Hoghe, der seit beinahe drei Jahrzehnten das internationale Tanztheater mitprägt, der Berliner Tänzer Raphael Hillebrand, der an einer künstlerischen Fusion von Tanztheater und Hip-Hop arbeitet, sowie die Hamburger Choreografin Antje Pfundtner, die mit ihrem Projekt „Antje Pfundtner in Gesellschaft“ insbesondere ein jüngeres Publikum anzusprechen versucht. So gesehen ist der Tanzpreis für Friedemann Vogel diesjährig der einzige für den Bereich klassischer Kompanien – und beweist damit umso mehr die Strahlkraft, die der 41-jährige Tänzer offenbar in der gesamten Szene besitzt.

In Asien ist er ein Popstar

Sein Ballettstudium hat er einst an der Tanzakademie in Monaco absolviert, aber ansonsten ist Friedemann Vogel doch ganz und in bestem Sinne in Stuttgart verwurzelt: Im September 1998 holte ihn der damalige Intendant Reid Anderson in die Kompanie, bereits 2001 beförderte er ihn zum Ersten Solisten. Und vermutlich gibt es für einen jungen Tänzer, der so wie Vogel gleichermaßen über technisches wie künstlerisches Potenzial verfügt, weit und breit eben keinen besseren Nährboden als das Stuttgarter Ballett. Denn hier gibt es eben nicht nur die großen Handlungsballette in klassischer Tradition von John Cranko oder John Neumeier, hier sind auch die internationalen Choreografen am Werk, die für Persönlichkeiten wie Vogel teils eigene Werke kreieren: Mauro Bigonzetti, Sidi Larbi Cherkaoui, Akram Khan oder Marco Goecke.

Friedemann Vogel ist als Gast aus Stuttgart längst auf allen großen Bühnen der Welt bekannt, von New York und London über Mailand und Moskau bis nach Tokio und Südkorea – in Asien feiern ihn die Fans wie einen Popstar. Und trotz alledem ist er immer ein Teil des Stuttgarter Balletts geblieben, wie man hier bei jeder seiner Vorstellungen am Staatstheater, bei jedem Ballettabend, an dem er mitwirkt, erleben kann.

Zwischen Tanz und Psychodrama

Herausragend zuletzt vor allem seine Rolle als „Mayerling“ in Kenneth MacMillans Neuinszenierung in Stuttgart in der vergangenen Saison; eine Darstellung und Präsenz, welche die Grenzen zwischen Tanz und Psychodrama endgültig überwinden. Wenn man schließlich noch dazu in Rechnung stellt, dass sich der Stuttgarter Friedemann Vogel im alltäglichen Umgang so gar nicht wie ein entrückter Weltstar verhält, dann ist endgültig klar, wie sehr der Deutsche Tanzpreis für ihn eine treffende Wahl ist.