Wie erfrischend ist der Sprung ins Becken? Fakt ist, dass das Wasser in den Stuttgarter Freibädern nur noch von der Sonne erwärmt wird, um Gas zu sparen. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Stuttgarter Bäder sparen Energie. Dank des schönen Wetters ist das Wasser in den Becken derzeit dennoch angenehm warm. Das Trainingslager der Wasserballer im September ist aber abgesagt.

Für die jungen Wasserballer auf der Filderebene ist es eine traurige Nachricht. Das Trainingslager im Vaihinger Freibad in der letzten Sommerferienwoche fällt aus. „Es ist das erste Mal seit 25 Jahren, dass es nicht stattfindet. Selbst während der Pandemie konnten wir immer zumindest eine abgespeckte Variante anbieten“, sagt Bernd Pfeiffer. Er ist Abteilungsleiter beim Polizeisportverein (PSV), der bei der Jugendarbeit der Wasserballer mit dem Verein für volkstümliches Schwimmen (VfvS) kooperiert. Der Grund für das gestrichene Trainingslager ist die Energiekrise. Weil Gas gespart werden muss und das Wasser in den Freibädern nur noch von der Sonne erwärmt wird, ist es im September potenziell zu kalt.

Jens Böhm, Pressesprecher der Stuttgarter Bäder, bestätigt: „Infolge der Energiekrise verzichten die Stuttgarter Freibäder seit 1. Juli auf die Beckenwassererwärmung mit Gas und heizen stattdessen ausschließlich mithilfe von Solarenergie.“ In allen fünf Freibädern seien Solarthermieanlagen in Betrieb. Aktuell würden diese das Wasser ausreichend erwärmen. Aber natürlich könne es zu witterungsbedingten Schwankungen bei der Temperatur kommen.

Stuttgarter Freibäder sollen bis Ferienende geöffnet bleiben

Etwas geringer sind diese Schwankungen potenziell im Freibad Möhringen. Denn das dortige Mehrzweckbecken wird abends nach Betriebsschluss stets mit einer speziellen Plane abgedeckt. Dies sei aber auch schon vor der Krise so gewesen, „sodass wir mit dieser Maßnahme seit Jahren eine wichtige Energiesparmaßnahme durchführen“, sagt Jens Böhm. Traditionell schließen die Stuttgarter Bäder mit dem Ende der Sommerferien, in diesem Jahr wäre das der 11. September. Stand jetzt sei da auch noch nichts anderes geplant, so der Pressesprecher.

Auch im Fildorado, dem Freibad und Erlebnisbad in Filderstadt-Bonlanden, wird Energie gespart. So wurde dort die Wassertemperatur bereits um ein Grad gesenkt. Das sei jetzt im Sommer aber kaum bemerkbar, es habe keine negativen Rückmeldungen gegeben, sagte der Marketingleiter Falko Kopp vor Kurzem unserer Zeitung.

Sorgen macht dem Fildorado-Team und auch den Stuttgarter Bäderbetrieben zudem der anhaltende Personalmangel. Das Inselbad Untertürkheim musste aufgrund zahlreicher krankheitsbedingter Ausfälle bereits die Öffnungszeiten reduzieren. Seit 26. Juli öffnet das Bad statt wie gewohnt um 9 Uhr erst um 10.30 Uhr. Andere Bäder sind bis jetzt nicht betroffen. Und: „Wir hoffen, dass wir zeitnah wieder die gewohnten Zeiten anbieten können“, sagt Böhm.

Müssen Hallenbäder im Herbst und Winter schließen?

Für das abgesagte Jugend-Trainingslager der Wasserballer haben Bernd Pfeiffer und sein Team einen Ausgleich organisiert. An zwei Abenden in der letzten Ferienwoche wird im Sonnenberger Hallenbad geschwommen. An den anderen Tagen sind Aktivitäten wie Fußball, Kino und ein Abschlussfest geplant. „Es geht ja vor allem auch darum, den Teamgeist zu stärken“, sagt der Abteilungsleiter. Er hat Verständnis für die Einsparmaßnahmen in den Freibädern. „Natürlich hätte ich es gerne anders. Aber angesichts der Gaskrise sind jetzt andere Dinge entscheidender“, sagt er. Ohnehin sei ein abgesagtes einwöchiges Trainingslager nicht das Problem. Aber was passiert, wenn im Herbst und Winter Hallenbäder ganz oder teilweise schließen müssen, daran möchte er jetzt lieber noch nicht denken. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte bereits Mitte Juli im Falle einer möglichen Gasmangel-Lage im Winterhalbjahr eventuelle Schließungen ins Spiel gebracht.

Jens Böhm erklärt, dass die meisten Stuttgarter Hallenbäder und Thermen vom Gas abhängig seien und wahrscheinlich zumachen müssten, sollte es tatsächlich ein Defizit geben. Nicht vom Gas abhängig, weil mit Fernwärme betrieben seien das Hallenbad Heslach, das derzeit aber ohnehin saniert werde, das Leo-Vetter-Bad und das Solebad Cannstatt. Das neu gebaute und zu 100 Prozent klimaneutrale Sportbad-Neckarpark kommt ebenfalls ohne fossile Energien aus.

Wenn Bäder geschlossen werden müssen, wären davon wahrscheinlich alle Nutzergruppen betroffen: Freizeitsportler, Vereine und Schulen, prophezeit Jens Böhm. Ob es soweit kommt, bleibe abzuwarten, das sei nicht die Entscheidung der Bäderbetriebe. Sicher ist indes, dass es keine Warmbadetage mehr gibt. Das hat der Bäderausschuss bereits im Mai beschlossen. Auch beim Warmduschen könne jeder Badegast Energie sparen. Gemäß der Hausordnung sei das nämlich nur für fünf Minuten gestattet. „Wenn sich jeder daran halten würde, würden wir auch schon sehr viel sparen“, sagt Böhm.