Seit Mitte März gibt es an den deutschen Außengrenzen wieder Kontrollen. Nun häufen sich Beschwerden französischer Pendler. Foto: dpa/Patrick Seeger

Karlsruhes OB Frank Mentrup beschwert sich über Schikanen für Pendler aus Frankreich. Teilweise erhalten sie sogar Bußgelder, weil sie auf dem Weg zur Arbeit auf deutschem Gebiet einkaufen.

Karlsruhe - Er bezeichnet es selbst als Brandbrief: OB Frank Mentrup (SPD) hat in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Technologieregion Karlsruhe die Landesregierung aufgefordert, Schikanen und Stigmatisierungen französischer Pendler zu beenden. Zum einen müssten Pendler teils Stunden an der Grenze warten, um zu ihrer Arbeitsstelle gelangen zu können. Zu Beginn der Corona-Krise hätten die Grenzbeamten Pendler zügig durchgewunken, doch derzeit bestünden Wartezeiten, die „so nicht zumutbar sind“, schrieb Frank Mentrup an das Staatsministerium.

Zum anderen gebe es Fälle, dass Pendler ein Bußgeld erhalten hätten, weil sie auf dem Weg zur Arbeit auf deutschem Gebiet eingekauft hätten. „Diese Diskriminierung muss umgehend abgeschafft werden“, fordert Mentrup. Berufspendlern aus dem Ausland ist es derzeit in Baden-Württemberg in der Tat nicht erlaubt, „Fahrten, insbesondere zu Einkaufs- oder Freizeitzwecken, zu unterbrechen“, heißt es aus dem Innenministerium. Eine umgekehrte Regelung gebe es im Elsass aber nicht, sagte Mentrup.

Situation spitzt sich weiter zu, da Firmen wieder öffnen

Zunächst hatten viele betroffene Unternehmen stillgehalten, weil sie gehofft hatten, dass die Landesregierung im Zuge der ersten Lockerungen in dieser Woche auch den Grenzverkehr vereinfachen würde. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Dabei werde die Zahl der Pendler jetzt wieder zunehmen, da viele Geschäfte seit diesem Montag wieder geöffnet haben dürfen. Jochen Ehlgötz, der Geschäftsführer der Technologieregion, hat jetzt sogar noch einmal per Pressemitteilung nachgelegt: Die unhaltbare Situation spitze sich weiter zu, sagte er am Dienstag, da jetzt auch große Betriebe wie Daimler wieder ihre Produktion anfahren würden.

Zuständig für die Grenzkontrollen ist das Innenministerium in Stuttgart. Dessen Sprecher Carsten Dehner geht in seiner Antwort auf die Anfrage unserer Zeitung aber nicht auf die spezifischen Probleme der Pendler ein. Das Ministerium betont nur allgemein, dass die Grenzkontrollen ein wesentlicher Teil der Strategie gegen die Pandemie seien: „Die Grenzkontrollen jetzt beizubehalten, ist absolut richtig und wichtig“, so Dehner. Dabei geht es Mentrup ja nur, was die Einkäufe angeht, um eine Lockerung. Bei der Abfertigung sollen Pendler lediglich bevorzugt behandelt werden; die jetzige Regel müsste nicht aufgeweicht werden. Aber vorerst wird es keine Veränderungen geben.

25 000 Franzosen kommen täglich über die Grenze

Zuerst das Land, später der Bund haben schon vor einigen Wochen ein spezielles Formular für Pendler, das von einem großen grünen Rechteck umrahmt ist, online gestellt: Ausgefüllt kann man es hinter die Frontscheibe des Autos legen, um seinen Status als Pendler zu signalisieren. Wenn Mentrups Klagen zuträfen, reicht dieses Formular aber nicht aus.

Ungefähr 25.000 Menschen aus dem Elsass kommen in normalen Zeiten täglich über die Grenze (umgekehrt pendeln 1000 Personen aus Baden-Württemberg regelmäßig nach Frankreich). Wie viele Franzosen derzeit tatsächlich zu ihrem Arbeitsplatz im Südwesten müssen, kann niemand sagen. Sie müssen aber sowieso Einschränkungen hinnehmen. So sind laut der Bundespolizei derzeit nur acht statt 14 Übergänge geöffnet. Zudem ist auch der Verkehr auf allen drei Rheinfähren in Plittersdorf, Greffern und Kappel eingestellt. Die Kontrollen auf deutscher Seite wurden Mitte März eingerichtet. Es gilt weiterhin die Vorgabe des Innenministeriums in Stuttgart, dass Menschen „ohne triftigen Reisegrund“ die Grenzen nicht passieren dürfen.

Die Region Grand Est, zu der neben Lothringen und der Champagne auch das Elsass gehört, ist in Frankreich eine der am schwersten vom Coronavirus betroffenen Gegenden. Etwa 1100 Menschen sind allein im Elsass bisher an Covid-19 gestorben, und die Zahlen der infizierten Personen, die im Krankenhaus versorgt werden müssen, gehen bis heute nur langsam zurück.

In der Technologieregion Karlsruhe GmbH sind 28 Kommunen, Forschungseinrichtungen und Betriebe beiden Seiten des Rheins zusammengeschlossen. Dazu gehören etwa die Stadt Baden-Baden, Tochterfirmen der EnBW oder die IHK Karlsruhe. Derzeit helfen sich die Partner über die Grenze hinweg bei der Beschaffung von Masken und Schutzkleidung.