Emmanuel Macron wird bei offiziellen Anlässen von unzähligen Fotografen verfolgt. Für die Selbstdarstellung vertraut er aber auf die Künste seiner Leibfotografin Soazig de La Moissonnière. Foto: AFP/LUDOVIC MARIN

Die französische Fotografin Soazig de La Moissonnière ist die Leibfotografin von Emmanuel Macron und soll den Präsidenten ganz privat zeigen. Für seinen jüngsten Auftritt im Kapuzen-Pullover erntet er aber eher Spott.

Emmanuel Macron wird verfolgt von einem Schatten. Zwischen hünenhaften Personenschützern, aufdringlichen Anhängern und eilfertigen Politikern steht Soazig de La Moissonnière. Unscheinbar wirkt sie, fast unbeteiligt bewegt sich die 40-Jährige von frühmorgens bis spätabends in der Nähe des französischen Präsidenten. Bisweilen hebt sie ihre Kamera, drückt drei, vier Mal ab und versinkt dann wieder in der Menge. Ihr delikater Auftrag ist es, Fotos des Staatschefs zu machen, die sie danach auf ihrem Instagram-Account veröffentlicht. Inzwischen hat Soazig de La Moissonniè fast 160 000 Follower und jeder Post erhält mehrere Tausend Likes.

Der Präsident vertraut seiner Fotografin

Die Arbeit des Leibfotographen hat im Élysée-Palast Tradition und natürlich weiß auch Emmanuel Macron um die Macht der Bilder. In diesem Fall scheint der Präsident scheint Soazig de La Moissonnière und ihrem Auge zu vertrauen. Während es auf dem Instagram-Account des Staatschefs sehr steif zugeht, hat sie die Aufgabe, nicht den offiziellen Präsidenten zu zeigen, dessen Auftritte minutiös choreografiert sind. Sie soll in den sozialen Medien den Menschen Emmanuel Macron ins richtige Licht rücken, die jüngere Generation ansprechen. Zu sehen ist in ihrem Instagram-Feed deshalb ein Mann, der abends im T-Shirt auf dem Sofa noch Akten studiert, zweifelt, müde wirkt, entspannt lacht und mit seiner Frau eng umschlungen in der Nacht durch eine einsame Straße in Brüssel schlendert.

Jedes Foto erzählt eine Geschichte

Viele Aufnahmen sind in markantem Schwarz-weiß und jedes Bild erzählt eine Geschichte. Die Fotos sind perfekt, meist allerdings viel zu perfekt, um nicht inszeniert zu sein – und die Fotografin wandelt auf einem schmalen Grat. Zuletzt fotografierte Soazig de La Moissonnière ihren Arbeitgeber in einer Serie im Habitus eines Kriegspräsidenten - abgekämpft und mit Drei-Tage-Bart. Spötter bemerken, dass sich Macron präsentiere wie sein ukrainischer Kollege Wolodymyr Selenskyj, der sich jeden Tag im Kampf gegen Russland unter Lebensgefahr aus Kiew über die sozialen Netzwerke an die Weltöffentlichkeit richtet und zu einem heldenhaften Symbol der Demokratie geworden ist. Den Vorwurf der Inszenierung weist Soazig de La Moissonnière natürlich weit von sich. Sie pocht auch auf ihre Unabhängigkeit, habe in allen Dingen freie Hand und müsse die Aufnahmen niemandem vorlegen, unterstreicht sie.

Die Fotografin ist praktisch unsichtbar

Ansonsten schweigt sich die Fotografin über ihre Arbeit beharrlich aus. Ihr Verhältnis zu Emmanuel Macron sei sehr entspannt, betont sie. „Er duzt mich, ich sieze ihn.“ Wichtig sei, dass der Präsident sich im Laufe der vergangenen fünf Jahre an ihre permanente Anwesenheit gewöhnt habe und sie dadurch praktisch unsichtbar sei. Das mache ihre Arbeit im Grunde erst möglich. Dass die 40-Jährige bisweilen auch in private oder geheime Angelegenheiten eingeweiht wird oder den einen oder anderen Wutanfall des Präsidenten erlebt, versteht sich von selbst. Zu ihrer Jobbeschreibung gehört deshalb nicht nur, im richtigen Augenblick auf den Auslöser zu drücken, sondern auch ein großes Maß an Verschwiegenheit.