Der Bundestag hat gewaltige Hilfsprogramm auf den Weg gebracht. Foto: dpa/Michael Kappeler

Im Eilverfahren hat der Bundestag gewaltige Hilfsprogramme auf den Weg gebracht. Die neuen Gesetze greifen in alle Lebensbereiche ein. Und doch weiß niemand, ob sie reichen.

Berlin - Unternehmer, Selbstständige, Beschäftigte und Mieter - die Corona-Krise betrifft alle Menschen in Deutschland. Deshalb hat das Parlament historische Hilfs- und Schutzpakete beschlossen. Ein Überblick über die Beschlüsse:

Welche Hilfen gibt es für die Wirtschaft?

Für größere Firmen wird ein Schutzschirm von 600 Milliarden Euro aufgespannt. Das Geld fließt nicht direkt - aber es sind garantierte Summen. Notfalls werden wichtige Unternehmen zumindest teils verstaatlicht - und nach der Krise wieder privatisiert. Gelten soll das für Unternehmen mit hohen Umsätzen oder mehr als 250 Mitarbeitern.

Was ist mit kleinen Firmen und Selbstständigen?

Auch für die gibt es Hilfen. Bereits gestartet ist ein unbegrenztes Kreditprogramm über die staatliche Förderbank KfW. Außerdem können die Unternehmen ihre Steuern später begleichen. Kleine Firmen und Selbstständige, Musiker, Fotografen, Heilpraktiker oder Pfleger, die gerade kaum Kredite bekommen, sollen zudem direkte Finanzspritzen erhalten - ausgezahlt über die Länder. Je nach Unternehmensgröße sind das für drei Monate 9000 bis 15 000 Euro. Die direkten Zuschüsse sollen 50 Milliarden Euro ausmachen.

Wie will die Bundesregierung das alles bezahlen?

Die Abgeordneten beschlossen einen Nachtragshaushalt: Die Kosten für die Hilfsprogramme sollen mehr als 122 Milliarden Euro betragen. 33,5 Milliarden Euro weniger Steuern kommen laut Finanzministerium herein. Also will sich der Bund mit 156 Milliarden Euro neu verschulden. Da dies die Grenzen der Schuldenbremse im Grundgesetz um rund 100 Milliarden Euro übersteigt, wurde eine Notfallregel genutzt.

Wie soll Arbeitslosigkeit bei Millionen Menschen verhindert werden?

Hier greift die Regierung zum bewährten Mittel aus der Finanzkrise 2008/2009 - der Kurzarbeit. Die entsprechende Verordnung wurde bereits am Montag im Kabinett verabschiedet. Wenn es nichts mehr zu arbeiten gibt, kann ein Unternehmen die Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken - die Bundesagentur für Arbeit übernimmt dann 60 Prozent des Lohns, bei Menschen mit Kindern 67 Prozent. Die Unternehmen bekommen Sozialbeiträge erstattet. Kurzarbeitergeld kann künftig fließen, wenn nur zehn Prozent der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind - statt wie bisher ein Drittel. Auch Zeitarbeitsunternehmen können Kurzarbeit nutzen.

Wie viele Menschen werden davon betroffen sein?

Das ist unklar. Die Regierung geht von 2,15 Millionen Fällen von konjunkturellem Kurzarbeitergeld aus - Kostenpunkt: 10,05 Milliarden Euro. Aber Experten meinen: Selbst solche hohen Zahlen sind zu niedrig angesetzt. In einigen Branchen wie der Metall- und Elektroindustrie und der Systemgastronomie stocken die Unternehmen das Kurzarbeitergeld auf. Wer in Kurzarbeit geht, soll aber hinzuverdienen dürfen - bei einer Beschäftigung in besonders wichtigen Branchen.

Hat der Gesetzgeber etwas für Mieter geplant?

Ja. Mietern darf nicht mehr gekündigt werden, weil diese wegen der Corona-Krise die Miete nicht zahlen können. „Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung ist glaubhaft zu machen“, heißt es im entsprechenden Entwurf. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete soll aber im Grundsatz bestehen bleiben. Wer die Kosten für Strom, Gas, Telekommunikation oder zum Teil auch Wasser krisenbedingt nicht zahlen kann, soll davon nicht abgeschnitten werden.

Wie sollen soziale Härten abgefedert werden?

Unter anderem durch Erleichterungen für Hartz IV und beim Kinderzuschlag. Jobcenter verzichten bei einem Hartz-IV-Antrag ein halbes Jahr lang auf die Prüfung des Vermögens und der Höhe der Wohnungsmiete der Betroffenen. Beim Kinderzuschlag soll statt des Einkommens aus den letzten sechs Monaten nur das vom letzten Monat geprüft werden. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte in einer Sitzung des Sozialausschusses des Bundestags nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur, weitere gesetzliche Maßnahmen seien angepeilt - etwa eine Absicherung für Minijobber und Azubis, aber auch ein höheres Kurzarbeitergeld.

Was ist für Eltern vorgesehen, wenn Kitas und Schulen zu sind?

Der Staat zahlt für zunächst sechs Wochen 67 Prozent des Lohns weiter, wenn Eltern Kinder unter zwölf Jahren wegen geschlossener Kitas und Schulen zu Hause betreuen müssen. Pro Monat gibt es dabei höchstens 2016 Euro. Ein Anspruch besteht nicht, wenn eine Schließung ohnehin wegen der Schulferien erfolgen würde.

Auf was müssen sich soziale Einrichtungen einstellen?

Auch Werkstätten für Menschen mit Behinderung, Versorgungs- und Rehabilitationseinrichtungen, Einrichtungen der Arbeitsförderung und Anbieter von Sprachkursen, Kinder- oder Jugendhilfe müssen reihenweise schließen. Die Arbeitskräfte sollen jetzt stattdessen krisenbedingt in der Pflege helfen, bei Einkäufen oder Arztbesuchen begleiten. Die Verbände und andere Träger der Einrichtungen sollen dafür den Bestand der sozialen Dienstleister sicherstellen.

Welche weiteren Neuregelungen wurden angestoßen?

Eine ganze Reihe weiterer Schritte, etwa eine große Finanzspritze für die Krankenhäuser. 50 000 Euro gibt es für jede neue Intensiv-Behandlungseinheit mit künstlicher Beatmung. Der Bund bekommt deutlich mehr Kompetenzen beim Seuchenschutz - und darf Maßnahmen zum Beschaffen von Arzneimitteln und Schutzausrüstung ergreifen. Gelockert wird das Insolvenzrecht, so dass Firmen nicht so schnell pleite gehen. Und für besonders wichtige Branchen gibt es auch Lockerungen beim Arbeitszeitgesetz.