Wie eine riesige Mohnblume: „Niko Röske, human being“, zu sehen in dem faszinierenden Fotobuch „Anton’s Berlin“ von Kristian Schuller, erschienen im Verlag Hatje Cantz. Foto: Kristian Schuller

Der bekannte Fotograf Kristian Schuller hat verwandlungsfreudige Tänzer, DJs, Models in Berlin fotografiert – in dem Bildband „Anton’s Berlin“ sind auch berühmte Schauspielerinnen und Sängerinnen zu sehen.

Berlin - Kristian Schuller, Jahrgang 1970, wuchs in einem Künstlerhaushalt auf und musste erst lernen, dass es auch Maler gibt, die nur Häuserwände anmalen. Dies ist Ingeborg Harms’ klugem Vorwort zu dem Fotobuch „Anton’s Berlin“ zu entnehmen.

Nachdem der heute 49-Jährige in den 1990er Jahren an der Universität der Künste Berlin Fotografie bei F. C. Gundlach und Modedesign bei Vivienne Westwood studiert hatte, entschied er sich für eine Karriere als Fotograf. Er arbeitet für Magazine wie „Vogue“ und „Harper’s Bazaar.

Das Interesse an Mode sieht man seinen Bildern an – auch weil seine Studienkollegin (und Ehefrau), die Kostümbildnerin Peggy Schuller, an der Inszenierung beteiligt ist.

Feier des Unperfekten

Fotografie ist hier nicht die irgendwie schöne Abbildung der sogenannten Realität; Wirklichkeit und Traum, Albtraum manchmal, gehen ineinander über. Grenzgänger sind die Helden, Tänzer, Künstler, Models, die Schuller im Berliner Club „Berghain“ entdeckt hat, mit und ohne Tattoo, mit nicht immer eindeutig bestimmbarem Geschlecht.

Gefeiert wird in der „Anton“-Serie das Unperfekte, körperlich Groteske, die extreme Position, die Poesie der Verwandlung. Figuren mit ramponierten Flügeln, mit farbigen Federn an Fingern, Frauen mit Blütenköpfen oder wie eine lebensgroße Weintraube, sternenübersäte Körper. Manche Menschen sind in Großaufnahme zu sehen und starren mit eindringlichem Blick in die Kamera, manche Modelle posieren in bizarren Körperhaltungen, mit und ohne Kleidung.

Porträts von Stars wie Helene Fischer

Sehenswert ist die Serie auch, weil Schuller bekannte Schauspieler wie Sharon Stone, Karoline Herfurth, Uwe Ochsenknecht und Prominente wie Moderatorin Barbara Schöneberger und Sängerinnen wie Helene Fischer und Nena auf Schwarz-Weiß-Fotos verletzlich, verträumt wirken lässt. Man sieht sie in Posen, die sie interessanter aussehen lassen als auf den üblichen Hochglanzfröhlichkeitsporträts.

Schauspielerin Katharina Schüttler, leicht unscharf, lockiges Haar und ein Dress mit Spaghettiträgern, hat etwas von einer Schönheit aus den zwanziger Jahren. Wie überhaupt diese überdrehte, lustvoll morbide Zeit atmosphärisch aufgegriffen und übersetzt wird ins ruppig-raue Hier und Heute.

Info

Kristian Schuller: Anton’s Berlin. Verlag Hatje Cantz. Vorwort (auf Englisch) von Ingeborg Harms. 218 Seiten, 150 Fotos. 48 Euro.