Forscher wollen Pandemien künftig früher erkennen und bekämpfen. Foto: dpa/Cheng Min

Corona ist in den Hintergrund gerückt, doch weltweit nimmt die Zahl gefährlicher Viren deutlich zu. Wie begegnen Experten der Gefahr?

Die Forscher und Datenexperten arbeiten wie bei einer nachrichtendienstlichen Aufklärung: Wo berichten Lokalzeitungen von einer Welle mysteriöser Krankheitsfälle, deren Ursache unklar ist? Wo liefern Statistiken auffällige Daten aus Gesundheitssystemen? Spezialisten des Robert Koch-Instituts (RKI) analysieren Facebookeinträge, Zeitungen und Fachmedien rund um den Globus. Ihr Ziel: sollte das nächste potenziell bedrohliche Virus menschliche Wirte suchen, schrillen künftig frühzeitig die Alarmglocken.

Die Coronapandemie hat weltweit bisher mehr als sechs Millionen Menschen das Leben gekostet, Ärztinnen und Pfleger an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit gebracht, Milliardenschäden in Volkswirtschaften verursacht. Wissenschaftler, Ärzte und Politikerinnen wollen das nächste Mal besser gewappnet sein, wenn wie aus dem Nichts ein gefährlicher Erreger auftaucht.

Mehr Geld für die Weltgesundheitsorganisation

Ende Mai schlossen die Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsminister der G 7-Staaten in Berlin einen Pakt zur Bekämpfung von Pandemien. Damit wollen die sieben führenden demokratischen Industriestaaten Ausbrüche künftig schneller lokalisieren und effektiver reagieren.

Frühwarnsysteme zur effektiven Pandemievorsorge sollen gestärkt und weltweit Expertennetzwerke aufgebaut werden. Fachleute werden ausgebildet und trainiert, damit sie Warnsignale künftig frühzeitig erkennen. Um das zu ermöglichen, erhöhen die G 7-Länder ihre Pflichtbeiträge langfristig um 50 Prozent, damit die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihre Führungsrolle bei der Pandemiebekämpfung künftig besser ausüben kann.

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Die deutsche Hauptstadt spielt dabei eine wichtige Rolle. Dort hat die WHO im Herbst 2021 das „Hub for Pandemic and Epidemic Intelligence eröffnet. In Berlin sollen künftig 120 Forscherinnen und Forscher Informationen aus aller Welt analysieren und anschließend bewerten, welche Ereignisse harmlos sind und welche bedrohlich. „Viren bewegen sich schnell, aber Daten bewegen sich schneller“, sagt Tedros Gebreyesus, der Generalsekretär der WHO. „Neue Technologien machen es möglich, Ausbrüche schneller als jemals zuvor vorherzusagen, sie zu entdecken und zu verhüten.“

Die Zahl gefährlicher Viren nimmt stark zu

Diese Aufgabe ist komplex. Die weltweite Ausbreitung eines Virus folgt keinen einfachen Kausalketten. Politische Entscheidungen können sie beeinflussen, genauso wie ein sich veränderndes Verhalten der Menschen. Zudem ist die Datenlage oft schwierig – in etlichen Ländern werden keine verlässlichen Zahlen zu Erkrankungen und Todesfällen erhoben. Anderswo verhindern autokratische Regierungen, dass unliebsame Daten öffentlich werden. All dies behindert die Arbeit der Datenanalysten. Doch in einem Punkt sind sie sich einig: die Zahl der potenziell gefährlichen Viren nimmt weltweit zu.