Der Vorschlag einer Solarpflicht auch für ältere Gebäude stößt bei der CDU auf Kritik. (Symbolbild) Foto: dpa/Marijan Murat

Jedes Haus im Südwesten soll ein kleines Sonnenkraftwerk werden. Die Grünen dringen auf eine Solarpflicht auch für ältere Häuser. Doch beim Koalitionspartner rührt sich Widerstand.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann stößt mit seiner Forderung nach einer Solarpflicht auch für ältere Gebäude beim Koalitionspartner CDU auf Granit. Bauministerin Nicole Razavi (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart, sie sei zwar ein großer Fan von Photovoltaikanlagen auch im Gebäudebereich. „Bevor wir aber über die Einführung weiterer Pflichten diskutieren, sollten wir die Hürden abbauen, die einem Ausbau der Photovoltaik im Weg stehen.“

Zum Beispiel müsse der Bund die Bremsen beim Mieterstrom lösen - hierbei geht es um Strom, der auf einem Wohngebäude erzeugt und dort direkt verbraucht wird. „Und wir sollten kluge Anreize setzen“, sagte die CDU-Politikerin. „Wir müssen Photovoltaikanlagen so attraktiv machen, dass sich die Frage nach einer Pflicht gar nicht mehr stellt.“ Wenn eine solche Anlage „machbar und finanzierbar ist und sich innerhalb weniger Jahre auch rentiert, dann macht es auch jeder“.

Kretschmann forder auf Grünen-Parteitag Solarpflicht

Kretschmann hatte vor knapp zwei Wochen beim Grünen-Parteitag auf eine Solarpflicht auch für ältere Gebäude gedrungen. Er hoffe, dass die grün-schwarze Koalition im nächsten Jahr soweit sei, die generelle Pflicht zu beschließen, erklärte der grüne Regierungschef. Er wisse, dass das nicht von heute auf morgen gehe - auch weil die Energie- und Inflationskrise viele Haushalte finanziell stark belaste. Aber bis 2035 sei das machbar und zumutbar.

Der Umwelt- und Energiepolitiker der CDU-Fraktion, Raimund Haser, hält Kretschmanns Vorstoß ebenfalls für den falschen Weg. Haser sagte der dpa: „Wir haben das Klimaschutzgesetz nun zum zweiten Mal in zwei Jahren aufgemacht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir das unter den gleichen Rahmenbedingungen 2023 noch einmal tun werden.“ Statt über neue Pflichten der Bürger nachzudenken, solle man sich lieber an die Pflichten des Staates halten. „Leitungsbau vorantreiben, Genehmigungswahnsinn beenden, Speichermöglichkeiten schaffen und nicht symbolhaft über Pflichten diskutieren, die am Sankt-Nimmerleins-Tag - also 2035 - gelten sollen.“

CDU verweist auf bürokratische Probleme

Bei den jüngsten Verhandlungen über das Klimaschutzgesetz war die Solarpflicht für ältere Gebäude auf Druck der CDU ausgeklammert worden. Schon jetzt gilt: Wer ein neues Haus im Südwesten bauen will, muss seit Anfang Mai eine Solaranlage auf seinem Dach installieren lassen. Zudem müssen Hausbesitzer von 2023 an bei einer grundlegenden Dachsanierung ebenfalls eine Photovoltaikanlage einbauen lassen. Eine Solarpflicht für ältere Gebäude steht auch nicht im Koalitionsvertrag von Grünen und CDU.

Haser verwies auf viele bürokratische Probleme mit den Anlagen. Zunächst einmal seien diese kompliziert anzumelden und in Betrieb zu nehmen. Dann gebe es ein „Abrechnungshickhack zwischen Eigennutzung und Fremdlieferung“. Der CDU-Energieexperte kritisierte: „Anstatt das System so umzustellen, dass die Dächer von alleine voll werden, lässt man im grünen Wirtschaftsministerium im Bund alles, wie es ist, und setzt hierzulande auf die Pflicht. Das ist nicht meine Vorstellung von sinnvoller Ordnungspolitik.“

Speicherfähigkeit der Solaranlagen

Der CDU-Politiker erklärte zudem, die Photovoltaik erlebe gerade einen „Wahnsinns-Boom. In den kommenden Jahren werden die Megawatt-Leistungen so zunehmen, dass das Netz ohnehin an seine Grenzen stoßen wird.“ Haser kritisierte auch Kretschmanns Aussage, mit Solaranlagen auf allen geeigneten Dächern im Südwesten könne man die Jahresleistung von fünf Atomkraftwerken ersetzen. „Die Aussage, dass 60 Terrawattstunden Photovoltaik 60 Terrawattstunden Kernkraft entsprechen, ist so lange falsch, so lange das Speichern über Nacht und erst recht das Speichern über den Winter nicht in industriellem Maßstab möglich ist.“

Haser nannte folgendes Beispiel: „An Heiligabend, wenn die Lichter brennen, leiten alle deutschen Photovoltaikanlagen zusammen genau 0 Kilowattstunden Strom ins Netz, die strombasierten Wärmepumpen werden dann mit Kohle- und Kernkraft angetrieben.“ Wenn man über technische Details rede, dann gehöre das eben auch dazu. „Die Photovoltaik ist ein Baustein der Energiewende. Mit einem Baustein baut man bekanntermaßen aber kein Haus.“