Die Preise für jede Kilowattstunde steigen um gut zehn Cent. Foto: dpa/Hauke-Christian Dittrich

Die Folgen des Ukraine-Kriegs und gedrosselte Gaslieferungen aus Russland zwingen EnBW offenbar zu drastischen Schritten: Der Versorger erhöht den Preis für Haushaltsstrom um knapp ein Drittel.

Der Karlsruher Energiekonzern EnBW erhöht den Preis für Haushaltsstrom zum ersten Oktober massiv. Im Grundversorgungstarif werden sie im Durchschnitt um 31,1 Prozent steigen, kündigte der Versorger an. Auch die anderen Tarife werden den Angaben zufolge in ähnlichem Umfang angehoben. Betroffen sei eine Anzahl von Kundinnen und Kunden im „unteren Millionenbereich“, sagte ein Sprecher.

Als Begründungen für den drastischen Schritt nannte die unter anderem für den Vertrieb zuständige Vorständin der EnBW, Colette Rückert-Hennen, die Folgen des Ukraine-Kriegs, die die Beschaffungspreise für Kohle und Gas extrem verteuert hätten sowie die gedrosselten Erdgaslieferungen aus Russland. „Die gegenwärtigen Entwicklungen waren nicht voraussehbar, und jetzt müssen wir den enormen Kostenanstieg leider an unsere Kunden weitergeben“, sagte Rückert-Hennen im Gespräch mit unserer Zeitung. Weitere Strompreiserhöhungen im Verlauf des Ukraine-Kriegs hält die Managerin für möglich: „Aber so unvorhersehbar wie die Lage an den Energiemärkten aktuell ist, kann ich leider nicht ausschließen, dass sie weitere Anpassungen nötig machen wird.“

Um das zu vermeiden, fordert Rückert-Hennen: „Wir müssen jetzt alles daran setzen, dass wir uns von russischen Importen so schnell wie möglich vollends unabhängig machen und die Erneuerbare Energien massiv ausbauen.“

Erneuerbare Energien würden Kosten mindern

Der Ausbau regenerativer Energien habe auf lange Sicht „einen kostendämpfenden Effekt“, betonte die Vorständin. „Sowohl für den Klimaschutz als auch für die Versorgungssicherheit sind Erneuerbare unverzichtbar. Und diese Technologien an sich sind kein Preistreiber, im Gegenteil“, erklärte sie weiter.

Kostensteigerung von monatlich etwa 24,22 Euro

Im Zuge der jetzt verkündeten Preiserhöhung steigt der Arbeitspreis für die Kilowattstunde (kWh) im Grundversorgungstarif für Haushaltsstrom den Angaben zufolge ab Oktober auf 37,31 Cent. Das entspricht einer Steigerung um 10,02 Cent gegenüber September 2022, teilt der Konzern weiter mit, und errechnet für einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2900 kWh unter dem Strich eine Kostensteigerung von monatlich etwa 24,22 Euro oder knapp 300 Euro im Jahr.

100 Euro Gasprämie geplant für sparsame Verbraucher

Den Preis für Wärmestrom – also den vergünstigten Strom für den Betrieb von Wärmepumpen – verändert die EnBW demnach vorerst nicht. Auch würden bei finanziell schwer belasteten Haushalten in der kommenden Heizperiode keine Sperrungen bei Strom und Gas vorgenommen, „damit Menschen, die ihre Rechnung nicht bezahlen können, nicht in eine zusätzliche Notlage geraten“, sagte Rückert-Hennen. Zudem plant die EnBW eine Gassparprämie von einmalig 100 Euro für Bestandskunden, die im Vergleich zur Heizperiode des Vorjahrs mindestens zehn Prozent weniger Gas verbrauchen.

Verbraucherschützer warnt vor unseriösen Anbietern

Matthias Bauer, Energieexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, sagte unserer Zeitung: „Es war absehbar, dass die EnBW die Preise in dieser Größenordnung erhöht.“ Verbrauchern riet er, nicht überstürzt den Anbieter zu wechseln. Es gebe viele unseriöse Anbieter, die versuchen würden, Kunden auf zweifelhafte Weise zu ködern. „Verbraucherinnen und Verbraucher sollten keine Verträge am Telefon abschließen“, rät Bauer. Auch Vergleichsportale im Internet böten aufgrund der unübersichtlichen Lage mittlerweile keinen verlässlichen Überblick mehr. „Stromkunden, die ihren Anbieter wechseln wollen, bleibt derzeit nichts anderes übrig, als sich bei ihrem Anbieter vor Ort genau über dessen Tarife zu erkundigen“, sagte der Energieexperte weiter.