Zinsen, die den Kaufkraftverlust durch die Inflation ausgleichen, sind noch lange nicht in Sicht. Foto: Avanti/Avanti/Ralf Poller

Die Europäische Zentralbank will ihre Geldspritzen beenden, die US-Notenbank den Leitzins erhöhen. Das hat Folgen für Verbraucher und Unternehmen.

Das Ende der Billiggeldpolitik wirft seine Schatten voraus: Nach jahrelanger Flaute befinden sich einige Zinssätze im Aufwind. Verbraucher sehen die Entwicklung vor allem bei den Bauzinsen. Viele Bankkunden dagegen gehen leer aus, einige müssen sogar Negativzinsen zahlen.

Wann fallen die Minuszinsen weg?

Das hängt von der Europäischen Zentralbank (EZB) ab. Sie berechnet Negativzinsen auf Einlagen, die Geschäftsbanken bei ihr parken. Aktuell liegt der Zinssatz für die sogenannte Einlagefazilität bei minus 0,5 Prozent. Indem den Banken Kosten für ihre Einlagen bei der EZB aufgebrummt werden, sollen sie animiert werden, das Geld in Form von Darlehen an Unternehmen und Verbraucher auszureichen. Wegen der hohen Inflation wird es aber zunehmend riskant, noch mehr Geld in Umlauf zu bringen. Viele Ökonomen erwarten deshalb, dass die EZB die Negativzinsen im zweiten Halbjahr lindert und schließlich ganz abschafft.

Würden Bankkunden davon profitieren?

Mehrere Geldhäuser haben bereits erklärt, dass sie bei einer Abschaffung der EZB-Negativzinsen auch ihren Kunden keine Minuszinsen mehr berechnen würden. Neben den Großbanken Commerzbank und ING haben dies auch Institute aus der Region, wie die BW-Bank und die Volksbank Stuttgart, angekündigt.

Wann gibt es wieder Zinsen aufs Konto?

Die Habenzinsen orientieren sich am Markt, das heißt: Je größer das Interesse einer Bank an Kundeneinlagen, desto eher wird sie dafür Zinsen zahlen. Auf Giro- und Tagesgeldkonten fließt seit Jahren so viel Geld, dass viele Institute auch bei einer Abschaffung der Minuszinsen wenig Grund hätten, um Einlagen zu werben. Da die Guthaben auf Giro- und Tagesgeldkonten theoretisch jederzeit abgerufen werden können, müssen die Institute dafür ihrerseits größere Reserven flüssig halten. Das ist auch der Grund, warum sie viel Geld bei der EZB parken – was auch bei einem Einlagezins von Null nicht attraktiv wäre.

Warum wirft Festgeld höhere Zinsen ab?

Ersparnisse auf Festgeldkonten sind nicht jederzeit abrufbar. Deshalb sind Festgeld und andere längerfristig gebundene Einlagen für Banken als Finanzierungsquelle interessanter als Tagesgeld. Eine andere Alternative sind Sparbriefe – auch hier gibt es für längere Laufzeiten wenigstens etwas höhere Zinsen. Anleger sollten hier aber aufs Kleingedruckte achten: Sparbriefe mit „Nachrangabrede“ sind von der Einlagensicherung nicht abgedeckt.

Wie entwickeln sich die Bauzinsen?

Da Immobilienkredite lange Laufzeiten haben, orientiert sich ihre Verzinsung an den Renditen zehnjähriger Bundesanleihen. Diese sind in den vergangenen Monaten gestiegen, und mit ihnen die Zinsen für Immobiliendarlehen: Laut Zahlen des Finanzvermittlers Interhyp kletterte der Durchschnittssatz für Immobilienkredite mit zehn Jahren Zinsbindungsfrist von einem Prozent zu Jahresbeginn auf 1,7 Prozent.

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Was ist der Hintergrund?

Dass die Renditen der Bundesanleihen zugelegt haben, liegt nicht zuletzt an der US-Notenbank. Sie kauft neuerdings keine Staatsanleihen mehr. Damit fiel ein Großabnehmer von US-Staatsanleihen weg – der amerikanische Staat muss den verbleibenden Investoren nun wieder höhere Zinsen bieten. Das steigert die Attraktivität von US-Staatsanleihen gegenüber den noch immer sehr niedrig verzinsten Bundesanleihen. Damit sinkt die Bereitschaft von Investoren, weiterhin Minuszinsen in Kauf zu nehmen, wenn sie ihr Geld in Schuldtiteln des Bundes parken. Der Krieg in der Ukraine hat den als sicherer Hafen beliebten Bundesanleihen zuletzt allerdings wieder eine höhere Nachfrage beschert, was den Renditeanstieg bremste. „Die Märkte sind aufgrund der geopolitischen Lage zurzeit hochnervös. Bei den Bauzinsen kann es daher kurzfristig zu höheren Ausschlägen in beide Richtungen kommen“, erklärt Michael Neumann, der Chef des Kreditvermittlers Dr. Klein. Der längerfristige Trend weise aber nach oben.

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Was heißt die Zinswende für Firmen?

Die Zinsen für Unternehmenskredite mit fünf Jahren Zinsbindung liegen aktuell bei 2,1 Prozent, etwa einen halben Prozentpunkt höher als vor einem Jahr. Das zeigt der Corporate Credit Index von Barkow Consulting und Teylor, einem Spezialisten für Online-Firmenkredite. Vor Beginn des Ukraine-Kriegs waren die Zinsen allerdings noch etwas höher. „Grundsätzlich ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Situation in der Ukraine mit einer erhöhten Volatilität bei den Marktzinsen zu rechnen“, meint Teylor-Chef Patrick Stäuble.