Hubschrauber der Polizei: Während der Fußball-EM sind die Piloten in Stuttgart im Dauereinsatz. Foto: IMAGO/KS-Images.de/Karsten Schmalz

Bei EM-Spielen schweben stundenlang Helikopter über Stuttgart. Einige Anwohner sind genervt vom Dauerrattern der Rotoren. Die Polizei bittet um Verständnis – und erklärt, warum Drohnen keine Alternative sind.

Wenn es laut wird in Stuttgart bei der Fußball-Europameisterschaft, dann liegt das nicht nur an den jubelnden Fans. Auch das Rattern der Rotoren zahlreicher Hubschrauber ist immer wieder über der Stadt zu hören, wenn Partien in der Stuttgart Arena angepfiffen werden oder sich die Fanmeilen in der Innenstadt füllen. Die Piloten der Polizei sind dann im Dauereinsatz.

Das gilt auch an diesem Mittwochabend, wenn die Ukrainer in Stuttgart bei ihrem letzten Spiel der Gruppenphase auf die belgische Nationalelf treffen. Bis zu fünf der insgesamt sechs Polizeihelikopter in Baden-Württemberg sollen am Nachmittag über der Landeshauptstadt kreisen. „Bei der EM sind so viele Hubschrauber wie selten in der Luft“, sagt Martin Landgraf im Gespräch mit unserer Redaktion. Mit seinem Team plant der neue Leiter der baden-württembergischen Polizeihubschrauberstaffel seit Monaten die EM-Einsätze. „Wir haben eine hochkomplexe Sicherheitslage.“

Das interessiert einige Anwohnerinnen und Anwohner allerdings wenig. Die zeigen sich vielmehr genervt vom Röhren der Rotoren. Aus Bad Cannstatt etwa berichtet eine Leserin, dass der Helikopterlärm an Spieltagen stundenlang bis spät in die Nacht zu hören sei. Auch in den sozialen Netzwerken geht Nutzern aus Untertürkheim und Stuttgart-West die Geduld aus. „Weg mit dem Heli“, twitterte jemand während des Sonntagabendspiels der DFB-Elf auf der Kurznachrichtenplattform X. „Es nervt nur noch.“ Ein anderer schrieb zu einem Helikoptereinsatz: „Gottseidank ist die EM in drei Wochen wieder vorbei.“

„Nachts fliegt niemand zum Spaß“

Martin Landgraf ist sich der Fluglärmdiskussion bewusst. „Wir bitten die Bürgerinnen und Bürger um Verständnis.“ Es seien Zigtausende im Stadion und auf dem Schlossplatz bei EM-Spielen. „Diese Menschen müssen wir schützen“, sagt der Polizist. „Wir achten auf die Verhältnismäßigkeit.“ Aber wenn auf der Fanmeile etwas passiert, „dann müssen wir schnell eingreifen.“ Ein teures Einsatzmittel wie einen Hubschrauber setze man aber nur mit Verstand ein. Schließlich kann eine Flugminute bis zu 60 Euro kosten. Und gerade bei Abendspielen seien Lufteinsätze absolut kein Vergnügen. „Nachts fliegt niemand zum Spaß, das ist hochanstrengend“, sagt Landgraf.

Der Einsatzleiter räumt auch mit der Klischeevorstellung auf, dass es nur um Videoaufnahmen gehe. „Es ergibt wenig Sinn, die Fanmeile stundenlang mit einem Hubschrauber zu filmen.“ Dafür werde eher eine Drohne eingesetzt. Stattdessen müssten Lufteinheiten schnell den Ort wechseln können, wenn sich beispielsweise Hooligans zwei Kilometer außerhalb des Stadions versammeln, ein verdächtiger Rucksack entdeckt oder jemand mit einer Waffe gesehen wird. „Eine Drohne kann nicht mal schnell vom Schlossplatz hoch auf die Waldau zum Basecamp der Schweizer fliegen“, sagt Landgraf. „Das geht nur mit einem Hubschrauber.“ Von einem Ende der Stadt bis zum anderen dauere der Flug gerade einmal zwei Minuten.

Doch es gibt noch mehr Fälle, bei denen Helikopter bei der EM ins Spiel kommen. So müssten Spezialeinsatzkommandos schnell in Gefahrenzonen gebracht und der Luftraum vor Bedrohungen geschützt werden. Am Mittwochabend beispielsweise gilt ein Flugverbot für Ballone, Gleitschirmflieger und Kleinflugzeuge über Stadt und Stadion. Vom Hubschrauber aus kontrolliert die Polizei, ob das Verbot eingehalten wird und steht für einen Notfall mit der Luftwaffe in Kontakt.

Auch das Tagesgeschäft ruht während des Fußballturniers nicht. „Wir hatten während eines Spiels beispielsweise einen bewaffneten Überfall auf eine Bäckerei und haben aus der Luft nach dem Täter gesucht“, sagt Landgraf. Oft lässt sich aber gar nicht so leicht sagen, woher der Rotorenlärm kommt. Denn bei EM-Spielen hebt längst nicht nur die Polizei ab. Auch Rettungshubschrauber sind im Einsatz – und die Uefa liefert Luftaufnahmen vom Stadion in Stuttgart für die TV-Bilder.