In der Mensa der Waldorfschule in Filderstadt gibt es nur alle 14 Tage Fleisch. Schülerinnen und Schüler helfen der Küchenleiterin Susanne Arend (rechts) beim Kochen und bei der Essensausgabe. Foto: Julia Bosch

In Baden-Württemberg wird gestritten, weil Kita- und Schulkinder in Freiburg rein vegetarisch verpflegt werden sollen. Die Landesregierung hält diese Entscheidung für falsch. In der Region Stuttgart gibt es aber schon Kantinen, die ohne Fleisch auskommen.

Wenn es um Essen geht und Vorgaben dazu, wie viel Fleisch auf dem Teller in Ordnung ist, ist die Aufregung naturgemäß groß. Ein „Veggie-Day“ in Kantinen, wie es die Grünen vor der Bundestagswahl 2013 gefordert hatten? Bei der „Bild“-Zeitung echauffierte man sich: „Die Grünen wollen uns das Fleisch verbieten!“ Der FDP-Politiker Rainer Brüderle spottete, ob als Nächstes der Jute-Day, Bike-Day oder Green-Shirt-Day folgen sollte.

Ministerium hält nichts vom Verzicht

Auch die im Jahr 2019 formulierte Forderung der Bewegung Fridays for Future an die hiesige Landesregierung, in Mensen nur noch einmal pro Woche Fleisch zu servieren, erzeugte einen Aufschrei. Und nun erregt die Entscheidung der Freiburger Stadträte die Gemüter, künftig in städtischen Kitas und Schulen kein Fleisch mehr anzubieten.

Auch im baden-württembergischen Agrarministerium hält man die Entscheidung in Freiburg für falsch. Verminderte Fleischmengen seien zwar angebracht, eine rein vegetarische Ernährung als Vorgabe unterstütze das Ministerium aber nicht, heißt es.

Auf erneute Anfrage unserer Zeitung erklärt der Sprecher Sebastian Schreiber, dass man der Stadt Freiburg empfehle, eine „abwechslungsreiche Menülinie“ zu gestalten und solche Angebote zu machen, bei denen Kinder auch auf Fleisch verzichten könnten. „Aber nicht allen vorzuschreiben, auf Fleisch verzichten zu müssen“, betont er. „Es wird an fünf Tagen die Woche gekocht, warum nicht ein- bis zweimal Fleisch angeboten wird, erschließt sich uns nicht.“ Andere Kommunen im Land seien nicht bekannt, in denen nur fleischlose Kost in den Kitas und Schulen angeboten werde, heißt es.

In Erdmannhausen gibt es seit 2017 kein Fleisch

Tatsächlich aber gibt es in der Region Stuttgart bereits Kommunen, wo in den Kitas und Schulen seit längerer Zeit kein Fisch und kein Fleisch auf den Teller kommt. Ein Beispiel dafür ist die 5000-Einwohner-Gemeinde Erdmannhausen im Kreis Ludwigsburg. Seit 2017 beliefert die örtliche Firma Erdmannhauser die Kitas und die Kernzeitbetreuung der Grundschule – und seitdem gibt es dort nur vegetarische Biospeisen.

Ein Jahr nach der Einführung des rein vegetarischen Angebots wurden die Eltern nach ihrer Meinung gefragt: Von den 61 Umfrage-Teilnehmern gaben damals 85 Prozent an, dass das Kind das neue Essen gut annimmt, 94 Prozent empfanden das Essen als abwechslungsreich, rund 79 Prozent als vollwertig. Es wurde auch gefragt, ob es wenigstens einmal pro Woche Fisch oder Fleisch geben solle, worauf 60 Prozent mit Ja antworteten, allerdings nur knapp 40 Prozent dafür auch mehr Geld bezahlen wollten. Letztlich blieb es beim vegetarischen Angebot.

In der Waldorfschule alle zwei Wochen Fleisch

Auch in der Waldorfschule Gutenhalde in Filderstadt wird schon seit Jahren fast ausschließlich vegetarisch gekocht. Nur alle 14 Tage gibt es in der Schulmensa ein Gericht mit Fleisch – und dann achte man ganz genau darauf, um was für ein Fleisch es sich handele, sagt Alexander Fuchs, der Geschäftsführer der Schule. Für dieses Konzept habe man sich aus Überzeugung entschieden, „wir wollen die Kinder sensibilisieren, nicht jeden Tag Schnitzel zu essen“.

Die Kinder und Jugendlichen seien an das vegetarische Essen gewöhnt, meint Alexander Fuchs, die Eltern begrüßten es ausdrücklich. Nur einige Jungs wünschten sich manchmal Fleisch, „aber diese Phase endet schnell“, sagt Fuchs. Oftmals seien dies Heranwachsende, die überzeugt seien, sie bräuchten Fleisch, um mehr Power zu haben und Muskeln aufzubauen. Während sich immer mehr Spitzensportler – Lewis Hamilton, Timo Hildebrand, die Williams-Schwestern – vegetarisch oder vegan ernähren, lehnen auch immer mehr Schülerinnen und Schüler Fleisch grundsätzlich ab.

Und wem das vegetarische Gericht doch zu gemüselastig ist, bekommt in der Filderstädter Waldorfschule immer auch Pasta.