Eine Zwergfledermaus passt in eine Streichholzschachtel. Foto: dpa

Im Spätsommer kann man plötzlich ungebetenen Besuch in der Wohnung haben: Fledermäuse auf Fehlflug. Doch wie bekommt man die Winzlinge dann wieder los?

Stuttgart - Was flattert da? Das war der erste Gedanke eines Mannes aus dem Stuttgarter Westen, als er noch im Halbschlaf frühmorgens in die Küche getappt kam. Als er das Licht anknipste, sah er, um was es sich handelte: Ein Schwarm Fledermäuse hatte sich in die Altbauwohnung verirrt.

Das ist im Spätsommer gar nicht so selten: Junge Fledermäuse verfliegen sich dann in Wohnungen und jagen den Bewohnern einen gehörigen Schrecken ein. Voll Panik ruft dann so mancher bei Robert Pfeifle an. Pfeifle ist für die Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Baden-Württemberg aktiv. In diesen Tagen wird der Stuttgarter Fledermausexperte nicht selten zum Seelsorger: „Es rufen Menschen bei uns an, die fix und fertig sind.“ Pfeifle kann das verstehen: Es ist ja auch unangenehm, wenn plötzlich ein paar Dutzend oder sogar mehr Fledermäuse durchs Schlafzimmer flattern. Gefährlich, betont der Experte, ist es aber nicht. „Die Tiere sind kein bisschen aggressiv und geschickte Flieger – die flattern einem nicht ins Gesicht.“

Zwergfledermäuse passen in eine Streichholzschachtel

Es sind Zwergfledermäuse, die es versehentlich in die Wohnungen zieht. Auch wenn es durch die große Spannweite der Flügel nicht so aussieht: Die Tiere sind winzig. Sie passen in eine Streichholzschachtel. Warum sie sich verfliegen? „Im Spätsommer werden die Jungtiere eigenständig. Sie sind in einer Art Rumtreiberphase und suchen nach neuen Quartieren“, erklärt der Fledermauskenner. An der Uni Freiburg endete so ein Fehlflug 2020 tragisch: 700 Tiere verendeten in der Lüftungsanlage des Universitätsgebäudes.

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Im Spätsommer ist Robert Pfeifle praktisch im Dauereinsatz. Jeden Tag muss er aufgeregte Menschen am Telefon beruhigen oder auch selbst anrücken, um die Tiere fachgerecht ins Freie zu bugsieren. „Einmal war ich in einem mehrstöckigen Wohnhaus in Stuttgart-Süd – da waren über hundert Zwergfledermäuse im Treppenhaus und haben nicht mehr nach draußen gefunden.“ Meistens melden sich Menschen aus dem Innenstadtgebiet. Warum? Robert Pfeifle vermutet, dass das Kesselklima verantwortlich ist. „In den Außenbezirken ist es nachts vielleicht nicht so drückend, dass man auf Durchzug stellen muss.“ Oft seien es gerade gekippte Fenster, durch die die Fledermäuse nach drinnen kommen. „Fledermäuse ruhen gerne in kleinen Schlitzen oder Spalten – dafür halten sie auch die gekippten Fenster.“ Den Weg ins Freie finden sie dann häufig aber nicht mehr.

Licht aus, Zimmertüren zu

Wenn die Fledermäuse durch die Wohnung flattern, heißt es Ruhe zu bewahren. „Erstmal: Licht aus, damit die Tiere weniger Stress haben“, erklärt Pfeifle. Dann sollte man versuchen, alle Fledermäuse in einem Raum zu versammeln. „Je weiter sie sich in der Wohnung verteilen, desto schwieriger ist es, sie wieder nach draußen zu bugsieren.“ In dem Zimmer, in dem sich die Zwergfledermäuse befinden, sollte man dann alle Fenster weit öffnen. „In ungefähr 30 Minuten schaffen es die Tiere in den meisten Fällen wieder nach draußen.“

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Wichtig ist, sicherzugehen, dass es wirklich alle Fledermäuse wieder ins Freie geschafft haben. Manchmal verkriechen sich die Winzlinge nämlich hinter Bildern oder in Vorhangfalten. „Sie passen in die kleinsten Ecken.“ Dann kann es sein, dass die verängstigten Tiere Notsignale aussenden – und damit erneut Artgenossen anlocken.

Nicht ohne Gartenhandschuhe anfassen

Muss man eine Fledermaus anfassen, sollte man das nicht ohne Gartenhandschuhe oder ein Handtuch tun, erklärt der Experte. In seltenen Fällen können die Tiere nämlich Fledermaustollwut übertragen. Bis ein Schwarm Fledermäuse sicher wieder im Freien ist, hinterlassen die Tiere jede Menge Dreck. Doch Fledermauskot ist vor allem eines – unangenehm. „Mit einem Handbesen oder einem feuchten Tuch bekommt man das wieder weg“, weiß Robert Pfeifle.

In schwierigen Fällen helfen Pfeifle und seine Kollegen auch vor Ort. „Altbauwohnungen sind aufgrund der hohen Decken ein Problem – die Fledermäuse fliegen oben und finden die niedriger liegenden Fenster nicht.“ Dann heißt es abzuwarten: „Wenn die Tiere müde werden, sinken sie ab und finden nach draußen.“ Ende August ist Hochsaison für solche Fehlflüge – „in ein bis zwei Wochen, wenn die Nächte kühler werden, ist der Spuk wieder vorbei.“ Wer übrigens sichergehen will, dass nicht noch einmal ungebetener Besuch auftaucht, kann sich im Baumarkt Fliegengitter für die Fenster besorgen.

Fledermäuse in der Wohnung? Die Experten der Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Baden-Württemberg helfen – am Telefon und auch vor Ort. Hier geht es zum Infotelefon