An einer virtuellen Hauptversammlung können durchaus Hunderte von Mitgliedern teilnehmen. Foto: Stimme GmbH (z)

Für Vereine und Verbände können virtuelle Hauptversammlungen eine Alternative darstellen.

Bad Cannstatt - Viele Vereinsvorstände stehen seit Beginn der Corona-Pandemie vor einer schwierigen Entscheidung. Sollen sie die Hauptversammlung abhalten oder verschieben? Im Frühjahr haben sich die meisten Ehrenamtlichen für letztere Variante entschieden, der derzeitige Lockdown macht jedoch erneut ein Treffen der Mitglieder nahezu unmöglich – und bringt die Vereinsvertreter in die Bredouille, schließlich müssen Vorsitzende, Stellvertreter und auch der Kassenwart in ihrem Amt bestätigt beziehungsweise für ihre getane Arbeit entlastet werden. Und, was passiert, wenn ein Vorstandsmitglied nicht mehr antreten will? Oder ein Verein aufgrund der Krise die Beiträge erhöhen muss?

Um diese offenen Fragen zu klären, trauen sich immer mehr Vereine und Verbände an digitale Mitgliederversammlungen heran. Unterstützung bei der Umsetzung erhalten sie unter anderem von der Cannstatter Pro-Stimme Medien- und Dienstleistungsgesellschaft mbH. Die 100-prozentige Tochtergesellschaft des Schwäbischen Chorverbandes ist eigentlich Partner für die Amateurmusik bei der professionellen Produktion von Medien, hat sich aber in der Krisenzeit auch auf die Durchführung von Mitgliederversammlungen spezialisiert. „Das ist aus der Not entstanden, weil wir im Sommer großen Bedarf erkannt haben“, sagt Pro-Stimme-Geschäftsführer Johannes Pfeffer.

Testlauf zwei Tage vor der Sitzung

Zuletzt betreute das Unternehmen mit Sitz im Haus des Sports die Hauptversammlung des Baden-Württembergischen Sängerbunds. „Mit 36 Delegierten aus 54 Mitgliedsvereinen war es eine eher kleine Veranstaltung.“ Und dennoch habe es sich auch bei dieser Online-Sitzung bewährt, die Teilnehmenden nicht ins kalte Wasser zu werfen, sondern zwei Tage vorher einen Testlauf durchzuführen. „Wer Lust und Zeit hat, kann sich schon mal einloggen, schauen, wie das Ganze funktioniert, sodass man bei der Versammlung selbst viel entspannter ist. Klar, gibt es immer zwei, drei Mitglieder, die sich vorher nicht informieren und dann ganz überrascht sind, wie es läuft. Die kriegen wir aber immer noch ganz gut eingefangen. Zumal wir zum Veranstaltungsbeginn noch einmal eine kurze, technische Einführung geben.“

Dort wird auch erklärt, wie man sich zu Wort melden kann. „Das hängt von der jeweiligen Sitzung ab. In einer kleineren Runde ist das durchaus denkbar, dass jederzeit gesprochen werden darf.“ Bei größeren Versammlungen sei dies jedoch nicht zu empfehlen, weil die Sitzung schnell chaotisch werden könne. „Aber das kann man über die Einstellungen in Absprache mit den Vereinen recht gut steuern.“ Die Sorge, dass die ältere Generation abgehängt wird, sei indes unbegründet. „Viele Senioren nutzen mittlerweile Smartphones, um mit der Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben, und sind offen für die neue Technik. Außerdem bieten wir natürlich unsere Unterstützung an.“

Banken-Tool zu teuer

Während bis zu 180 Personen, die sich online über Tools wie „Zoom“ oder „Webinar“ untereinander austauschen können, kein Problem darstellen würden, hätten die Abstimmungen zunächst für Kopfzerbrechen gesorgt. Schließlich sollen sie oftmals auch geheim durchgeführt werden. „Wir haben bei unseren Recherchen nach Softwarelösungen ein paar Anbieter gefunden, die eher aus dem Aktien- und Bankensektor stammen“, sagt Pfeffer. Dementsprechend seien jedoch auch die Preise gewesen. Aus der Not heraus habe man sich deshalb entschieden, eine eigene Lösung zu entwickeln – und erhielt sogar noch finanzielle Unterstützung von der Bundesregierung. Obwohl das Abstimmungstool noch nicht offiziell zertifiziert ist, seien die Online-Hauptversammlungen nicht anfechtbar. „Sie fallen unter das sogenannte Covid-Gesetz, das im März verabschiedet wurde. Darin ist geregelt, dass Sitzungen virtuell zulässig sind, auch wenn es nicht entsprechend in der Satzung des Vereins verankert ist.“

Die Durchführung solch einer Versammlung schlägt bei Pro Stimme – je nach Aufwand – mit 800 bis 1000 Euro zu Buche. „Sie wird dann von zwei Personen betreut.“ Es seien jedoch auch abgespeckte Varianten möglich. Denkbar sei, dass Vereine, die computeraffine Mitglieder haben, selbst die Konferenzen einrichten und „wir beispielsweise nur die Wahlen übernehmen“, sagt Pfeffer, der schon einen Schritt weiter denkt. Bis Ende des Jahres will sein Unternehmen die Abstimmungs-Software kostenlos oder gegen eine kleine Lizenzgebühr allen Vereinen zur Verfügung stellen.

Digitale Möglichkeiten nutzen

Natürlich wird Pro Stimme auch weiterhin das „Komfortpaket“ anbieten. Betina Grützner, die Vorsitzende des Baden-Württembergischen Sängerbundes, kann es nur empfehlen. „Wir hatten unsere Hauptversammlung bereits einmal verschoben. Da jedoch Neuwahlen anstanden, bestand eine gewisse Dringlichkeit sie durchzuführen.“ Es sei ausgezeichnet gelaufen. „Die Kosten waren es allemal wert.“ Auch von den Teilnehmenden habe sie nur positive Rückmeldungen erhalten. „Wir wurden souverän und professionell betreut“, sagt Grützner. „Am Anfang der Corona-Krise waren wir alle in einer Schockstarre, es ist jedoch an der Zeit, dass wir die vorhandenen, digitalen Möglichkeiten ausnutzen.“ Sie könne sich durchaus vorstellen, auch nach Corona noch auf das Know-how der Experten zurückzugreifen. Denkbar wäre eine Hybrid-Veranstaltung. Sprich, Mitglieder können sowohl vor Ort als auch über das Internet an der Sitzung teilnehmen und mit Hilfe der Software abstimmen.

Auch der Pro-Stimme-Geschäftsführer rechnet damit, dass virtuelle Hauptversammlungen die Krise überdauern könnten. „Es ist schon eine bequeme Variante. Gerade bei Verbänden, die ein großes Gebiet abdecken, entfallen teils weite Anreisen.“ Für viele Mitglieder sei es einfacher, sich zuhause zwei drei Stunden Zeit zu nehmen. Zeit, die reichen würde, wenn es nicht um Themen geht, die große Diskussionen erfordern, sondern nur klare Beschlüsse zu fassen sind.

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