„Wofür soll ich mein Taschengeld ausgeben?“ Kinder diese Frage selbst beantworten zu lassen, lehrt sie einen guten Umgang mit Geld, sagen Experten. Foto: dpa/Patrick Seeger

Eltern prägen das Verhältnis ihrer Kinder zu Geld entscheidend mit und wollen ihrem Nachwuchs meist auch eine solide finanzielle Bildung mit auf den Weg geben. Wie das gelingt, erklären Finanzexperten.

Ludwigsburg - Im Jahr 2021 verzeichnete das Forsa-Institut bei seinem jährlichen Jugend-Finanzmonitor im Auftrag der Wirtschaftsauskunftei Schufa einen Höchstwert: Die Befragung von Jugendlichen ergab, dass im vergangenen Jahr 67 Prozent von ihnen ein erhebliches Defizit in der Finanzkompetenz hatte. Bei der Elterngeneration waren es 45 Prozent – auch das allerdings ein Höchststand seit Beginn der Erhebungen 2018.

Dabei lernen Kinder und Jugendliche zwangsläufig von ihren Eltern, auch wenn diese keine aktive Gelderziehung betreiben. Die Vorbildfunktion sei dabei entscheidend – darüber herrscht Einigkeit bei den Finanzexpertinnen und -experten Michael Weyland, Professor an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg, Tatjana Rosendorfer, Haushaltswissenschaftlerin und Finanzberaterin, und Uwe Sander, Wirtschaftslehrer und Anlageexperte.

Warum ist finanzielle Bildung für Kinder und Jugendliche wichtig?

Neuere Analysen diverser Studien zeigen, dass finanzielle Bildung nicht nur Auswirkungen auf die Finanzkompetenz hat, sondern auch auf das Verhalten im Umgang mit Geld. Weyland ist beteiligt an einem Forschungsprojekt, in dem man herausfinden will, woran das liegt.

„Entscheidend für finanziellen Erfolg sind Geduld und die Fähigkeit, Verzicht zu üben“, sagt er. Dies habe sich bei den Schülerinnen und Schülern in seinen Experimenten durch die Vermittlung grundlegenden Finanzwissens verbessert. Außerdem änderte sich der Umgang mit Risiken, sodass ihre hypothetischen Geldentscheidungen in der Abfrage nach dem Finanz-Unterricht langfristiger orientiert und risikoärmer ausfielen als in der Abfrage davor.

Lernen die Kinder das nicht in der Schule?

Seit 2017 gibt es in Baden-Württemberg als erstem Bundesland das Schulfach Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung (WBS). Weyland findet es auch wichtig, dass es nicht allein den Eltern überlassen bleibt, ihre Kinder finanziell zu bilden – denn nicht alle könnten das gleichermaßen leisten. „Ich stelle mir nicht vor, dass alle Eltern ihren Kindern das magische Dreieck der Geldanlage erklären“, sagt er.

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Rosendorfer hat bereits häufig Eltern zu dem Thema beraten und geschult. „Gerade kleine Kinder lernen stark nach dem Vorbild der Eltern“, erläutert sie. Wenn diese beispielsweise planvoll mit einem Einkaufszettel in den Supermarkt gingen und sich nicht verführen ließen, werde das für die Kinder ebenfalls normal.

Wie viel sollten Eltern über Geld wissen, um ihren Kindern etwas beizubringen?

In diesem Sinne sagt auch Sander: „Es geht darum, eigene Erfahrungen weitergeben zu können.“ Dazu sei eine solide Haushaltsplanung und eine Ausgabenkontrolle hilfreich, „aber man muss dafür nicht Wirtschaftswissenschaften studiert haben“. Wer gut mit Geld umgehe, sei sensibilisiert, und werde nicht so schnell abgezockt: „Das scheinbar kostenlose Handy kostet im Paket eben doch 1080 Euro, wenn man die monatlichen Zahlungen von je 44,99 Euro und die 24-monatige Laufzeit mit einrechnet.“ Über solche Tricks und auch die Mechanismen von „sozialem Konsumdruck“ sollten Eltern ihre Kinder aufklären, findet Sander.

Wie gehen Eltern am besten mit den Wünschen ihrer Kinder um?

Dieser Konsumdruck äußert sich bei älteren Kindern und Jugendlichen oft in einem hohen Markenbewusstsein, sagt Rosendorfer. Um angemessen mit den Wünschen nach Marken-Smartphones und -Kleidung umzugehen, rät sie: „Selbst wenn man es könnte, ist es keine gute Idee, alle Wünsche zu erfüllen.“ Stattdessen solle man erklären, wie das System von Marken und entsprechenden Preisen funktioniere, und sich auch auf Diskussionen dazu einlassen.

Wichtig seien beim Thema Wünsche immer Konsistenz und Authentizität: „Bei den Kleinen hilft meistens eine klare Regel: Wir kaufen im Supermarkt nie gewünschte Süßigkeiten, wir kaufen immer nur eine Süßigkeit oder ähnliches.“ Bei den Älteren käme hinzu: „Wenn die Eltern teure Marken-Smartphones haben, wird es schwierig, dem Kind das zu versagen.“

Wie viel Taschengeld sollte ein Kind bekommen?

Eine Möglichkeit ist, die Kinder und Jugendlichen Schritt für Schritt selbst darüber entscheiden zu lassen, welche Wünsche sie sich mit ihrem Taschengeld erfüllen. Weyland hält den Schuleintritt für den richtigen Zeitpunkt, um damit anzufangen. Sander empfiehlt, die Höhe des Taschengeldes an Elternabenden in der Schule zu besprechen. Rosendorfer weist darauf hin, dass die Summe auch vom Einkommen einer Familie abhänge.

Sie empfiehlt, eher mehr Taschengeld zu geben und den Kindern Bereiche wie die Finanzierung von Hobbys, Markenkleidung oder Ähnlichem damit zu überantworten. „Bei Notwendigem wie Schulbedarf, Essen außer Haus oder warmer Winterkleidung geht das nicht“, findet sie. Aber abgesehen davon würde sie die Kinder eher Fehlkäufe tätigen lassen, als alles zu kontrollieren – der Lerneffekt sei enorm.

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Wie transparent sollten Eltern mit ihren eigenen Finanzen sein?

Da gehen die Meinungen auseinander. Weyland hält es für sinnvoll, größeren Kindern die eigene Gehaltsabrechnung zu zeigen und zu erklären, Sander würde sie sogar mitnehmen zu Bankterminen, der Steuerberatung und Ähnlichem. Rosendorfer hat gerade in der Schuldner- und Sozialberatung dagegen die Erfahrung gemacht: „In armen Familien wissen die Kinder oft gut Bescheid und sind damit überfordert.“ Das müsse man vermeiden, die Eltern müssten die Hauptverantwortung tragen. In Familien mit Durchschnittsverdienst sieht sie es als eine individuelle Frage der Familienkultur, wie transparent Eltern gegenüber ihren Kindern sind.