Grelles Scheinwerferlicht und große finanzielle Versprechen: Trotzdem kommen kaum Fans zur Daviscup-Endrunde. Foto: IMAGO/Juergen Hasenkopf

Das Daviscup-Finalturnier im spanischen Málaga ist nur noch ein Schatten der großen Tennis-Länderkämpfe der Vergangenheit. Ist der Traditionswettbewerb noch zu retten?

Als die Generalversammlung des Tennis-Weltverbandes (ITF) im August 2018 den heftig umstrittenen Verkauf der Daviscup-Rechte beschlossen hatte, fand der ITF-Oberhäuptling David Haggerty (USA) wie üblich große und wolkige Worte. Eine „neue Ära“ werde anbrechen, „starke Perspektiven“ biete die Partnerschaft mit der Investorengruppe Kosmos um Fußballstar Gerard Piqué, erklärte der notorisch lächelnde Amerikaner: „Dies ist der Aufbruch in eine gute Zukunft.“

Von Aufbruchstimmung keine Spur

In dieser Woche nun ist die „gute Zukunft“ beim Finalturnier des Daviscups in der spanischen Küstenstadt Málaga zu besichtigen. Jahre der Konfusion, der ständigen Regel- und Modusänderungen und der Streitigkeiten über Zahlungen an die ITF-Mitgliedsverbände liegen hinter den Tennisakteuren. Von Aufbruchstimmung und rosigen Aussichten für den neu strukturierten Wettbewerb, den Traditionalisten als „Tod des wahren Daviscups“ (Frankreichs Ex-Daviscup-Kapitän Yannick Noah) bezeichnen, kann keine Rede sein. Echte Heimspiel-Stimmung, typisch für die älteste regelmäßige Sportveranstaltung überhaupt, kommt beim Finalturnier ohnehin nur für Gastgeber Spanien auf. Die Zahl der mitgereisten Fans aus anderen Nationen hält sich in Grenzen, auch die Partie zwischen Deutschland und Kanada an diesem Donnerstag (16 Uhr/Servus TV) wird nur ein matter Abglanz früherer Daviscup-Knüller auf heimischem Terrain sein.

Wie die einst gigantischen Versprechungen der Kosmos-Geldgeber eingehalten werden sollen, bleibt für Marketing-Experten schleierhaft. Nicht weniger als drei Milliarden Dollar sollten bis zum Laufzeitende des 25-Jahres-Kontraktes fließen, also 120 Millionen Dollar Jahr für Jahr. Dass die Zahlungen schon in der Anlaufphase deutlich geringer ausfielen, ist einerseits ein offenes Geheimnis und andererseits für Insider alles andere als überraschend. Bereits kurz nach dem Vertragsabschluss der ITF mit Kosmos hatte der Spitzenmanager eines Tennisprofis dezidiert erklärt, der Milliarden-Deal sei „schlicht nicht finanzierbar“.

Versprochene Gelder fließen nicht

Bis heute fehlt den Visionären einer schönen neuen Daviscup-Welt das Fundament eines wirklich starken Sponsorenpools. Auf der Daviscup-Webseite findet sich als Sponsor tatsächlich nur Rakuten selbst, die Firma des japanischen Internetmilliardärs Hiroshi Mikitani, die hinter Kosmos steht. Welche geldwerte Unterstützung Partner wie Lexus oder Spaniens Fußball-„La Liga“ bieten, bleibt offen. Angeblich besteht der Deal mit dem Kicker-Verband darin, dass La Liga Werbespots auf seinen Social-Media-Kanälen verbreitet.

Schon bald könnten die finanziellen Probleme Kosmos zu unpopulären Maßnahmen zwingen. Im Frühjahr hielten sich hartnäckig Gerüchte, Piqué und seine Mitstreiter beabsichtigten, das Finalturnier in Saudi-Arabien auszutragen. Erst nach internen Boykottdrohungen vieler Profis knickte das Konsortium ein. Ausgestanden ist die Standortfrage aber keinesfalls: Auch Oracle-Boss Larry Ellison hat bereits Interesse signalisiert, in seinem Tennis Garden in Indian Wells den reformierten Daviscup auszutragen. Der jetzige Termin am Ende der Saison wäre dann allerdings kaum zu halten, der Anreisestress nach Kalifornien zum Ende der Saison hätte zweifellos eine Absagewelle zur Folge.

Die Stars fehlen auf der Zielgerade der Saison

Auch jetzt leidet der Daviscup schon massiv unter seinem schlechten Termin, auf der Zielgeraden einer überfrachteten, auszehrenden Saison. In der 47. Kalenderwoche des Jahres fehlen nach ununterbrochenem Wettkampfgeschehen die meisten Branchengrößen in Málaga, mit dem Amerikaner Taylor Fritz und dem Kanadier Félix Auger-Aliassime gehen nur zwei Top-Ten-Spieler bei der Finalrunde an den Start. Die ganz großen Namen fehlen allesamt – aus den verschiedensten Gründen. Novak Djokovic’ serbische Auswahl ist nicht qualifiziert, Daniil Medwedews russisches Team ist vom Wettbewerb ausgeschlossen, ein Altvorderer wie Rafael Nadal erspart sich die späten Turnierqualen. Besonders schmerzlich für Gastgeber Spanien ist das Fehlen des verletzten Wunderkinds Carlos Alcatraz: Der 19-jährige Teenager, der die Saison als US-Open-Champion und Nummer eins der Weltrangliste beschloß, kann allenfalls als prominentester Fan in Málaga wirken.

Auch Deutschland muss auf seinen Besten verzichten. Für Alexander Zverev kam die Daviscup-Endrunde noch zu früh bei seinem Comebackanlauf, der Hamburger wird erst bei Schaukämpfen in Saudi-Arabien und Dubai später im Jahr wieder auf den Centre-Court marschieren. Teamchef Michael Kohlmann rechnet sich heute dennoch Außenseiterchancen gegen Kanada (mit Auger-Aliassime und Denis Shapavalov) aus, auch wegen des Weltklassedoppels Kevin Krawietz/Tim Pütz. Doch um das Pärchen erfolgversprechend ins Spiel zu bringen, muss erst mal ein Sieg im Einzel her, entweder von Oscar Otte oder Jan-Lennard Struff. Saison-Emporkömmling Otte sagt: „Ich glaube an unseren Sieg. Für mich ist dieser Auftritt das Highlight des Jahres.“