„Maria“ über das Leben der Callas und die Doku „Riefenstahl“: Zwei weibliche Größen der Vergangenheit prägen den Aufakt des Filmfestivals in Venedig.
Für glamouröse Diven ist das Filmfestival in Venedig genau der richtige Ort, und das gilt nicht nur für den von Fotografinnen und Fotografen gesäumten roten Teppich vor dem Palazzo del Cinema. Auch auf der Leinwand gilt es am Lido weibliche Superstars zu bewundern – und das war bei Pablo Larraíns „Maria“ gleich in doppelter Hinsicht der Fall. Denn darin spielt die Oscar-Gewinnerin Angelina Jolie die Opern-Legende Maria Callas.
Bereits zweimal hat der chilenische Regisseur in Venedig Filme präsentiert, die sich den Biografien berühmter Frauen widmen, erst „Jackie“ über Jacqueline Kennedy und dann „Spencer“ über Prinzessin Diana. Mit „Maria“ – wie schon „Spencer“ koproduziert von der Berliner Komplizen Film, die unter anderem von Maren Ade geführt wird – vollendet er nun seine inoffizielle Trilogie und nimmt abermals die Enge und Zwänge des goldenen Käfigs unter die Lupe, der sich aus den Nebenwirkungen des Weltruhms und den Konventionen des Patriarchats um die Ausnahmesängerin aufgebaut hatte.
Abermals geht es Larraín weder um ein klassisches Biopic noch um unbedingte historische Korrektheit, weswegen er ausgehend von den letzten Tagen vor ihrem Tod 1977 immer wieder hin- und her springt im Leben der Callas und verbriefte, teilweise ikonische Momente mit Erinnerungen und Visionen seiner Protagonistin verbindet. Verglichen mit den Vorgängerfilmen geht er dabei ein wenig konventioneller und gefälliger vor, gibt sich dem dramatischen Pathos der Oper hin statt – musikalisch oder anderweitig – zu konterkarieren und rüttelt kaum am etablierten Mythos.
Dem komplexen, ungemein spannenden Leben Callas’ wird der Film nicht unbedingt gerecht, dafür reduziert er sie zu sehr auf ihre am Ende schwindende Stimme und die langjährige Beziehung zu Aristoteles Onassis. Und dass Jolie, der man dankenswerterweise keine künstliche Nase verpasst hat, nie ganz hinter der Figur verschwindet, mag den einen oder die andere stören. Mitunter gerät ihre Darstellung, gerade in Kombination mit den oft bedeutungsschwangeren Dialogen, etwas theatral, was ausgerechnet bei dieser Lebensgeschichte aber nicht unpassend ist. Zumal der Chilene Larraín und der Drehbuchautor Steven Knight dann doch auch Raum lassen für Anflüge von Humor.
Deutlich subtiler ist da der Stuttgarter Regisseur Andres Veil zugange, dessen neues Werk in Venedig am Donnerstag außer Konkurrenz Weltpremiere feierte. Für den Dokumentarfilm „Riefenstahl“ hat er gemeinsam mit der Produzentin Sandra Maischberger das umfangreiche Archiv der von Hitler geförderten Regisseurin Leni Riefenstahl durchforstet und bestreitet mit diesem Material (das von Briefen und aufgezeichneten Telefonaten bis hin zu TV-Interviews und unverwendetem Material der 30 Jahren alten Dokumentation „Die Macht der Bilder reicht) nun den kompletten Film.
Zunächst vermisst man noch eine Form der externen Einordnung, durch Expertenmeinungen oder Off-Kommentar. Doch etliches Gezeigtes (etwa ein Ausraster Riefenstahls vor laufender Kamera) ist selbst für Kenner der bis heute kontrovers diskutierten Regisseurin verblüffend. Und wie Veiel sie allein durch ihre eigenen Worte und Taten dann doch als jemanden entlarvt, der eben nicht nur unpolitische Künstlerin, die sich aus Karrieregründen den Nazis angedient hat, sondern doch überzeugte, lebenslange Faschistin war, ist eindrucksvoll.