In Stuttgart soll es eine zentrale Party mit Lichtshow, Video-Leinwänden und Live-Musik geben. Foto: Fotoagentur-Stuttg/Andreas Rosar

Jahr für Jahr werden aufs Neue Verbote von Silvester-Feuerwerk diskutiert - sei es aus Umwelt- oder aus Sicherheitsgründen. Umweltschützern sind die bisherigen Verbote zu wenig. Ein Überblick über alle Verbote.

Stuttgart - Fans von Böllern und Raketen können das Jahr 2020 in weiten Teilen des Landes so begrüßen, wie die Jahre zuvor: Böllerverbote bleiben in vielen Städten im Südwesten auf einzelne Bereiche der Innenstadt begrenzt oder sie werden gar nicht erst ausgesprochen. Weder in Heilbronn noch in Freiburg, Reutlingen, Mannheim oder Ludwigsburg wird das Zünden der Kracher in der Neujahrsnacht untersagt. In Tübingen, Stuttgart und auch in Karlsruhe ist es teilweise oder auch strikt verboten.

Tübingens Verwaltung hatte schon vor längerem Regeln aufgestellt: Seit 2009 darf in der historischen Altstadt kein Feuerwerk gezündet werden. Grund ist die Brandgefahr: 2008 war eine Silvesterrakete in ein Fachwerkhaus eingeschlagen und hatte einen Schaden in Millionenhöhe verursacht. Tübinger Gemeinderäte der „Fraktion“ wollen dieses Feuerwerksverbot wegen eines Anstiegs von Feinstaubwerten und entstehenden Mülls nun auf das gesamte Stadtgebiet und Jahr ausweiten - allerdings noch nicht in diesem Jahr.

Auch im Konstanzer Altstadtbereich sind Böller an Silvester schon länger verboten, um alte Gebäude nicht zu gefährden. „An eine Ausweitung ist aktuell nicht gedacht“, sagte der Sprecher. In der Altstadt sei in diesem Jahr zum ersten Mal eine Lasershow geplant.

Zentrale Party mit Lichtshow und Musik

Solch eine Show soll es auch in Stuttgart geben, wo privates Feuerwerk rund um den zentralen Schlossplatz aus Sicherheitsgründen verboten wird. „Die Gefährdungslage an Silvester im Stadtinneren nimmt seit ein paar Jahren zu“, sagte Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). Nun soll es eine zentrale Party mit Lichtshow, Video-Leinwänden und Live-Musik geben.

Ähnlich rutscht Karlsruhe ins neue Jahr. In der Fächerstadt hat die Bevölkerung nach Angaben der Stadtverwaltung den Wunsch geäußert, Veranstaltungen für Familien ohne Feuerwerk in der Innenstadt anzubieten. Deshalb darf im Bereich des Schlossplatzes nicht geböllert werden. Dort ist auch die Veranstaltung „Stadtwerke Eiszeit“ angesiedelt.

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Lichtshow, Eisbahn - ähnlich wäre die Heilbronner Stadtverwaltung angesichts von Klimadebatte und Feinstaub wohl auch gerne vorgegangen, doch kann ein Böllerverbot in der Innenstadt rechtlich nicht durchgesetzt werden. Das ist das Problem zahlreicher Kommunen in Deutschland. Zum einen würden die Feinstaubwerte im Stadtzentrum eingehalten, es gebe zudem keine brandempfindlichen Häuser wie zum Beispiel in Bad Wimpfen, sagte die stellvertretende Stadtsprecherin Suse Bucher-Pinell. Auch die Sicherheitslage sei kein Argument: „In den vergangenen sieben Jahren waren wenige bis keine Einsätze von Polizei oder Feuerwehr notwendig. Die Tendenz ist sogar eher rückläufig.“

Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD) bittet die Bewohner, „an Silvester ein Zeichen für den Klimaschutz zu setzen und in der Innenstadt auf ein persönliches Feuerwerk zu verzichten oder sich mit Nachbarn zusammentun.“

Hohe Feinstaubbelastung durch Silvester-Böllerei

Auch Freiburg sieht keine rechtliche Grundlage für ein generelles Böllerverbot in der Innenstadt. Seit Jahren sei es allerdings schon verboten, rund um das Münster, andere Kirchen oder Krankenhäuser zu Böllern. Und auch in Reutlingen darf geböllert werden: „Unsere Fachwerkhäuser sind so verkleidet, dass ein Verbot nicht nötig ist“, sagt ein Rathaus-Mitarbeiter.

Umweltschützer kritisieren die hohe Feinstaubbelastung durch Silvester-Böllerei schon lange. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte mehrere baden-württembergische Kommunen mit hoher Feinstaubbelastung im Jahresdurchschnitt auf, Silvester-Feuerwerke in ihren Innenstädten zu verbieten - darunter auch Heilbronn. Die Bundesregierung müsse zudem kommunale Böllerverbote durch Änderungen in der Sprengstoffverordnung und im Bundesimmissionsschutzgesetz erleichtern.

Unseriösen Zahlen?

Die Feuerwerksindustrie kritisierte daraufhin, dass die DUH wie auch das Umweltbundesamt mit unseriösen Zahlen argumentierten, die lediglich auf Modellierungen und Schätzwerte beruhten. „Der reale Feinstaubausstoß von Feuerwerk – und das wird bislang verschwiegen – wurde von keiner der beiden Parteien jemals gemessen“, sagte Klaus Gotzen vom Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) der Deutschen Presse-Agentur. Auch sei der von Feuerwerk freigesetzte Feinstaub wasserlöslich und könnte vom Körper daher leichter aus der Lunge entfernt werden, als etwa Rußpartikel aus Dieselmotoren. 

Klima hin oder her - in mehr als einem Dutzend größerer deutscher Kommunen werden nach einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur keine Böllerverbote verhängt, in anderen gibt es in bestimmten Gebieten Verbote, einige wollen noch über eventuelle Verbote entscheiden. Komplett untersagt sind Böller und Feuerwerke nur an der Nordsee: Das Amt Föhr-Amrum und die Gemeinde Sylt erlauben den Silvester-Brauch nicht - wie schon in den Vorjahren. Der häufigste von Städten genannte Grund für Verbote und Verbotszonen waren nicht die Feinstaubwerte, sondern Sicherheitsbedenken.