Der 35-jährige Geschädigte wurde mit Klebeband gefesselt und rund zwei Stunden lang festgehalten. Foto: imago/Panthermedia

Wohl aus Eifersucht sind einem verheirateten Mann offenbar sämtliche Sicherungen durchgebrannt. Er muss sich wegen Geiselnahme mit gefährlicher Körperverletzung am Landgericht Stuttgart verantworten, seine Ehefrau ist wegen Beihilfe angeklagt.

Gegen seinen Willen gefesselt, geknebelt und mit einem schwarzen Fetisch-Kostüm bekleidet. Zwei Stunden lang wurde ein Mann im vergangenen Herbst so in einer fremden Wohnung in Stuttgart-West festgehalten. Jetzt müssen sich seine Ex- Geliebte und ihr Ehemann am Landgericht Stuttgart verantworten. Der 49-Jährige ist wegen Geiselnahme mit gefährlicher Körperverletzung angeklagt, seine zehn Jahre jüngere Frau wegen Beihilfe. Während er in Untersuchungshaft sitzt, befindet sie sich auf freiem Fuß. Denkbar ist, dass durch die Beweisaufnahme – der 35 Jahre alte Geschädigte wird noch gehört – ihr eine Mittäterschaft nachgewiesen werden kann.

Affäre während einer Ehekrise

Die 39-jährige Pflegefachkraft soll sich rund eineinhalb Jahre vor der mutmaßlichen Tat von ihrem Mann getrennt haben und eine Affäre mit dem Geschädigten gehabt haben. Offenbar konnte das Paar die Ehekrise im Lauf der Zeit aber überwinden und wieder zueinanderfinden. Obwohl der Seitensprung beendet worden ist, soll sich der Verflossene weiterhin gemeldet haben. Daraufhin hatte sie ihn am Abend des 23. September 2024 zu einem klärenden Gespräch zu sich nach Hause gebeten.

Das verlief aber offenbar anders als von ihr erwartet. Als der 35 Jahre alte Geschädigte die Wohnung betrat und die Frau zur Begrüßung in den Arm nahm und küsste, sollen dem eifersüchtigen Mann, der sich versteckt im Hintergrund aufhalten wollte, sämtliche Sicherungen durchgebrannt sein. Die Staatsanwaltschaft sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte den Nebenbuhler unvermittelt von hinten angriff, mit einem Seil würgte und ihn zu Boden riss. Dann soll sich der 49-Jährige auf den wehrlosen Mann gekniet und ihn mit Schlägen auf den Kopf malträtiert haben. Anschließend soll das Paar ihn mit Klebeband und einem Tuch geknebelt und gefesselt haben. Das Opfer erlitt laut Staatsanwaltschaft unter anderem Hämatome an Kopf und Hals, besonders der Kehlkopf wurde verletzt, sowie Platzwunden an den Fingern.

Despektierliche Fotos

Laut Anklage war der Ehemann die treibende Kraft, seine Frau habe ihn bei den Handlungen unterstützt. Unter anderem hat sie wohl auch despektierliche Aufnahmen von ihrem ehemaligen Geliebten gemacht. Der Geschädigte soll vom Angeklagten teilweise entkleidet worden sein, um ihn in ein schwarzes Fetisch-Kostüm zu stecken und ihn in diesem Outfit zu fotografieren. Für die Bilder wurde noch ein Dildo auf dem Bauch des Opfers platziert.

Mit dem Tod gedroht

Der Angeklagte, der Jahrzehnte als Ingenieur arbeitete, sich dann zum Physiotherapeuten umschulen ließ, soll dem Geschädigten gegen seinen Willen Alkohol eingeflößt und ihm immer wieder gedroht haben. Zum einen solle er sich von seiner Familie fernhalten, zum anderen nicht zur Polizei gehen. „Wenn du ruhig bleibst, wird dir nichts geschehen“, soll der 49-Jährige laut Staatsanwaltschaft zum Opfer gesagt haben. Andernfalls würde der 35-Jährige es bereuen. Denn dann wolle man die Fotos an einige Kontakte, die man sich zuvor aus dem Handy des Opfers gesichert hatte, schicken und sie im Internet veröffentlichen. Zu guter Letzt soll der Ehemann noch betont haben, dass er wisse, wo der Geschädigte wohnt, und dass er kein Problem habe, jemanden zu töten. Der Geschädigte nahm die Äußerungen ernst und fürchtete um sein Leben. Nach zwei Stunden wurden ihm die Fesseln gelöst und er konnte das Haus verlassen.

Beim Prozessauftakt am Dienstag legten beide Angeklagten ein Geständnis ab und ließen über ihre Verteidiger in Saal 1 verlesen, dass sie die Tat bedauern und sich beim Opfer in aller Form entschuldigen. Der 49-Jährige betonte, dass sie nicht geplant gewesen sei. Das Klebeband habe in der Wohnung gelegen, weil er kleinere Sanierungen durchgeführt habe. „Außerdem habe ich den Mann nicht mit einem Seil, sondern mit einem Küchenhandtuch gewürgt.“ Als der 35-Jährige zur Begrüßung seine Frau geküsst hat, habe er reagiert, wie er sich selbst nicht kannte. Dem pflichtete seine Gattin bei, sie habe ihn noch nie so erlebt.

Fortgesetzt wird der Prozess am 12. Mai. Bislang sind insgesamt drei weitere Verhandlungstage angesetzt.