Der Pracht-Trauben wird durch die Straßen getragen. Foto: Gottfried Stoppel

Der Fellbacher Herbst behauptet sich trotz Konkurrenzevents wie den Cannstatter Wasen und zieht Tausende Gäste an. Was war beim farbenfrohen Festzug, auf dem Festgelände und beim verkaufsoffenen Sonntag geboten?

Sie hatten sich gemütlich neben einem großen Pflanztopf in der Cannstatter Straße postiert: Manfred Holzinger, Barbara Kircil und Claudia Litzel warteten gut gelaunt am Straßenrand, bis der Umzug beim Fellbacher Herbst startete. Hund Bonnie durfte dabei nicht fehlen – immer wieder begrüßten sie Freunde und Bekannte. „Wir sind immer beim Umzug dabei“, sagte Manfred Holzinger. Auch Klaus Stubbe aus Fellbach-Schmiden ist ein treuer Umzugsgast. Er steuerte mit seinem E-Mobil Richtung Rathaus. „Früher bin ich auch den DLRG-Festwagen gefahren“, erzählte er und freute sich auf den Nachmittag.

Impressionen vom Festzug mit seinen mehr als 60 Gruppen. Foto: Gottfried Stoppel

Viele fiebern auf den Fellbacher Herbst zu, das mehrtägige Traditionsfest feiert sein 75- Jahr-Jubiläum. „Blick zurück nach vorn!“ lautet das Motto passend zum Jubiläum. Die Gruppen des Festumzugs waren erneut aufgefordert, das Motto des Erntedank- und Weinfestes fantasiereich in Szene zu setzen. Zum Festzug waren 62 Gruppen mit mehr als 3200 Teilnehmern angemeldet. Die Teilnehmerzahl war gegenüber 2023 um zehn Gruppen und rund 400 Personen gewachsen. Etwas Geduld mussten die Zuschauer jedoch mitbringen. Da eine Deichsel des Garbenwagens gebrochen war, setzte sich der bunte Lindwurm etwa 20 Minuten später in Gang. „Die Mitarbeiter des Bauhofs sorgten für eine schnelle Reparatur“, sagte Marktleiter Max Seeger. Die Festzugsteilnehmer hatten sich ins Zeug gelegt und ernteten Beifall aus dem Publikum – beispielsweise die akrobatischen Darbietungen beim Voltigieren auf dem Wagen des Reit- und Fahrvereins. Gute Stimmung herrschte, als Basketball mit der Zuschauermenge im Vorbeigehen gespielt wurde, es wurde auf dem bloßen Asphalt geturnt und viel getanzt. Die Klappradfreunde Schmiden steckten mit ihrer Fröhlichkeit an und hatten sich kreativ kostümiert.

Von 1965 bis 1968 lebte Joschka Fischer in Fellbach

Die Zeppelinschule Fellbach setzte das Herbstmotto aufwendig um und warf Schlaglichter auf Fellbachs Geschichte. So ließen sie wissen, dass von 1965 bis 1968 Joschka Fischer, erster grüner Außenminister, in Fellbach lebte, in den 70er-Jahren die Schwabenlandhalle gebaut und der Kappelbergtunnel 1992 eingeweiht wurde. Sie wurden dafür von der Jury prämiert ebenso wie der Festwagen der Christus Gemeinde Fellbach, auf dem frischer Apfelsaft gepresst wurde. Sinnlich war der Bezug zum Heimat- und Erntedankfest dort zu erleben.

Der Festzug stand unter dem Motto „Blick zurück nach vorn!“. Foto: Gottfried Stoppel

Über die Folgen des Klimawandels bei der Ernte sprach Oberbürgermeisterin Gabriele Zull bei der Eröffnung auf dem Guntram-Palm-Platz. So verlagern sich beispielsweise Weinbaugebiete in Richtung Norden und das Risiko für einen Ernteausfall steige. „Zum Risikofaktor Wetter kommt der Klimawandel dazu“, sagte die OB. Im Rückblick auf die Entwicklung des Herbstfestes zeigte sie unter anderem auf, dass das Fest in einer Tradition steht, die Menschen zu verbinden, vielfältig und integrativ zu sein.

„Jetzt geht der Rummel los“, war im Publikum nach der Eröffnung zu hören. Viele strömten zu den Fahrgeschäften, an manchen Essensbuden bildeten sich lange Schlangen. Premiere hat ein Kinderboxauto. „Es läuft bisher ganz gut“, sagte ein Mitarbeiter des Fahrgeschäfts. Neu war auch Cevdet Keles mit seinem Trockenfrüchte-Stand, der mit seiner großen Farbplatte ein Hingucker war. Auf dem Festgelände drehte sich das weiße Riesenrad von Enrico Becker, das 38 Meter in die Höhe ragt. Rund hundert Tonnen wiegt das Ganze, und der Aufbau dauert zwei Tage. Seit vergangenem Jahr ist eine der 26 Gondeln behindertengerecht gestaltet, was von Gästen sehr goutiert wurde. Erstmals wurde eine Waffenverbotszone ausgewiesen. Diese Verordnung ermöglicht stichprobenartige Kontrollen von Taschen durch den Sicherheitsdienst.

Bisher verlief das Fest aus Sicht der Polizei – als erster Zwischenstand – entspannt. „Ein am Freitagnacht als Handtaschendiebstahl gemeldeter Vorfall nahm ein glückliches Ende. Die Handtasche wurde wenige Stunden später mit komplettem Inhalt als Fundsache bei der Polizei abgegeben und konnte an die Besitzerin ausgehändigt werden“, teilte Polizeichef Jan Kempe mit. Weniger Glück hatte demnach ein Betrunkener, der am Samstag in den frühen Morgenstunden von der Polizei überrascht wurde, als er an eine Mauer urinierte. Er muss nun mit einer Anzeige rechnen

Beim verkaufsoffenen Sonntag wird auch ein 100-Jahr-Jubiläum gefeiert

Mit dem verkaufsoffenen Sonntag ging das Fest weiter. Einzelne Händler feierten Jubiläum, so das Autohaus Kögel sein hundertjähriges Bestehen. Neueröffnungen und Dienstleister präsentierten sich, es gab Musik, Vorführungen, Mitmach-Angebote, Kinderschminken und und und. Im Vorfeld hatte es erneut Kritik an der kürzeren autofreien Meile von betroffenen Händlern gegeben. Erst ab der Maicklerstraße wurde die Bahnhofstraße zur autofreien Zone. „Es ist schade für uns und das Fest“, sagte Dominik Henzler von „Mack, das Haus der guten Dinge. „Es sind nun vollendete Tatsachen, dass wir hier kein Festgebiet mehr sind.“