Einzig in Bad Cannstatt wird es in diesem Sommer wieder Abendmärkte geben. Foto: Edgar Rehberger

Nach der Pandemie sollten sie im vergangenen Sommer wieder zur Belebung der Ortsmitten beitragen. Dieses Ziel wurde auch erreicht – eine Neuauflage gibt es dennoch nur in Bad Cannstatt. Warum?

An jeweils zehn Terminen luden die örtlichen Gewerbevereine in Kooperation mit den Bezirksämtern und der Wirtschaftsförderung in Bad Cannstatt, Untertürkheim, Stammheim und Vaihingen im vergangenen Jahr zu Abendmärkten ein. Die Idee: Bei Musik und gutem Essen sollten die Menschen wieder zusammenzukommen, wovon der örtliche Einzelhandel und die Gastronomie profitieren. Bad Cannstatt, wo die Abendmärkte 2015 erfunden worden waren, und Untertürkheim, das 2018 folgte, knüpften dabei an eine längere Tradition an; für Vaihingen und Stammheim waren es die ersten Veranstaltungsreihen dieser Art – und auch die letzten, denn einzig Bad Cannstatt hält an den Abendmärkten fest.

Dass es in Vaihingen in diesem Jahr keine Abendmärkte geben werde, verkündete der Bezirksvorsteher Kai Jehle-Mungenast jüngst im Bezirksbeirat. Das sei bedauerlich, sagte er, sie seien durchaus erfolgreich gewesen. „Die Idee war gut. Wir konnten mit relativ wenig Aufwand an zehn Samstagen die Vaihinger Mitte bespielen.“

Ein stadtteilübergreifendes Konzept

So sieht das im Wesentlichen auch die Wirtschaftsförderung, die die Abendmärkte initiiert hatte. Eine Veranstaltungsreihe dieser Größe könne nicht allein von Ehrenamtlichen gestemmt werden, sagt die Sprecherin Jana Steinbeck. Darum habe eine Eventagentur die lokalen Gewerbe- und Handelsvereine unterstützt. Das Konzept, wie es zuletzt 2022 umgesetzt worden sei, habe auf einer gemeinschaftlich genutzten Logistik – unter anderem Bühne, Mobiliar und Werbemaßnahmen – basiert und sei von den vier Stadtbezirken gemeinsam finanziert worden. Darüber hinaus habe es Zuschüsse seitens der vier Bezirksbeiräte und der Wirtschaftsförderung gegeben. Hinzu seien Sponsorengelder und Standgebühren gekommen. „Die finanziellen Beiträge der Stadt und der Gewerbe- und Handelsvereine dienten als Anschubhilfe dieses neuartigen, bezirksübergreifenden Veranstaltungskonzepts. Mittelfristig war das Ziel, dass sich die Veranstaltungen finanziell selbst tragen“, sagt Jana Steinbeck.

Doch zumindest im vergangenen Jahr ging die Rechnung offenbar nicht ganz auf. „Die Abendmärkte waren eine tolle Sache und wurden von den Besuchern gut angenommen. Wir haben das gerne mit veranstaltet“, sagt Stefanie Schwarz, die Vorsitzende des Industrie-, Handels- und Gewerbevereins (IHGV) Untertürkheim. Doch nach Corona habe man große Schwierigkeiten gehabt, Gastronomen zu finden. Die Betriebe hätten mit dem Personalmangel und insgesamt mit der Kostensituation zu kämpfen. „Das Angebot war dann ein wenig dürftig“, so Stefanie Schwarz. Das habe dazu geführt, dass die beauftragte Agentur, die gute Arbeit geleistet habe, am Ende ein Minus in der Kasse gehabt habe. Die Folge: Der IHGV hätte in diesem Jahr mehr Geld für die Veranstaltungsreihe geben müssen. „Das können wir aber nicht stemmen. Wir können es nicht in der Höhe co-finanzieren, die es gebraucht hätte“, sagt Schwarz.

Auch Stammheim und Vaihingen machen nicht mehr mit

Auch der Vaihinger Bezirksvorsteher Kai Jehle-Mungenast räumt ein: „Es hat geruckelt.“ Die Einbindung der örtlichen Gastronomie sei schwierig gewesen. Ingo Vögele, der Sprecher des Verbunds Vaihinger Fachgeschäfte (VVF), wird konkreter. „Wir haben über die Abendmärkte diskutiert. Es hat auch inhaltliche Kritikpunkte gegeben“, sagt er. So hätten sich die örtlichen Gastronomen teils „nicht willkommen“ gefühlt, weil sie nur die Speisen zu den Veranstaltungen beisteuern durften, während die Getränke schon bereitgestellt waren. Vor diesem Hintergrund sei die wirtschaftliche Kalkulation schwierig gewesen. Und auch der VVF könne sich die Co-Finanzierung in der erforderlichen Höhe nicht mehr leisten. „Nachdem Stammheim und Untertürkheim bereits aus dem Konzept ausgestiegen waren, hätten wir noch viel mehr zahlen müssen“, sagt Ingo Vögele.

Die Beteiligung von Ehrenamtlichen sei allgemein rückläufig, gleichzeitig würden Auflagen und Kosten steigen, nennt die Stammheimer Bezirksvorsteherin Susanne Korge weitere Gründe. Hinzu komme, dass in ihrem Bezirk die Sanierung des Rathauses fast abgeschlossen sei und das Bezirksamt demnächst wieder zurück in das alte Gebäude ziehe. „Dadurch haben wir aktuell weniger Kapazitäten“, sagt Susanne Korge. Zudem werde in Stammheim die Kornwestheimer Straße neu asphaltiert, und derzeit sei noch nicht klar, wie die Umleitung verlaufe, ob man also überhaupt einen Platz zum Feiern gehabt hätte.

Gefeiert wird vielerorts trotzdem

Einzig in Bad Cannstatt, der „Urmutter aller Stuttgarter Abendmärkte“ wie es Bernd-Marcel Löffler formuliert, wird es die Abendmärkte auch in diesem Jahr geben. Organisiert werden sie allerdings künftig aus Kostengründen nicht mehr von einer externen Agentur, sondern vom Veranstalter selbst, dem Verein Die Altstadt Bad Cannstatt, erklärt der Bezirksvorsteher. Die Veranstaltungsreihe beginnt am 16. Juni und endet am 18. August. In Untertürkheim soll zumindest der Untertürkheimer Abend wiederbelebt werden, der im vergangenen Jahr in die zehnteilige Veranstaltungsreihe integriert war. Und in Vaihingen wird es in diesem Sommer wieder ein Stadtfest geben.