Der Bundestag hat das Bürgergeld nach einer hitzigen Debatte beschlossen. Foto: IMAGO/Christian Spicker/IMAGO/Christian Spicker

In der Bundestagsdebatte um die Einführung des Bürgergelds ging es heiß her. Von „Fake News“, „Sozialneid“ und „ideologischer Verbohrtheit“ war die Rede. Was nun beschlossen wurde.

Der Bundestag hat mit der Mehrheit der Ampel-Koalition für die Einführung eines Bürgergelds gestimmt. Es soll 2023 die Hartz IV-Leistungen ablösen. Die Regelsätze werden auf 502 Euro im Monat erhöht. In namentlicher Abstimmung votierten 385 Abgeordnete für das Gesetz, 261 stimmten dagegen, 33 enthielten sich der Stimme.

Die vorangegangene Debatte im Bundestag war auffällig hitzig geführt worden. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Johannes Vogel forderte die Union dazu auf, im Zusammenhang mit dem Bürgergeld keine Unwahrheiten zu verbreiten. „Es macht einen zentralen Unterschied, ob man ein alternatives politisches Urteil fällt oder ob man alternative Fakten erfindet“, sagte Vogel am Donnerstag bei der Beratung des entsprechenden Gesetzentwurfs im Bundestag. „Es gibt keine sanktionsfreien Zeiten im Bürgergeld“, machte Vogel zu dem Regierungsentwurf deutlich, über den der Bundestag bis zum Mittag in namentlicher Abstimmung entscheiden will. „Wer etwas anderes verbreitet, der verbreitet Fake News.“

Auch sollen die Regelsätze nicht über das Niveau der Inflation hinaus angepasst werden, stellte Vogel weiter klar. Das stehe nicht im Gesetzentwurf. Die Union solle aufhören, solche Dinge zu behaupten. „Vollends schizophren wird es, wenn Sie behaupten, durch das Bürgergeld lohne sich Arbeit in Deutschland nicht mehr.“

Die Union bekräftigte in der Debatte ihre Ablehnung zu dem Vorhaben. Der Gesetzentwurf aus dem SPD-geführten Bundesarbeitsministerium enthalte „grundsätzliche Webfehler“, sagte der CDU-Sozialexperte Hermann Gröhe am Donnerstag im Plenum. Gröhe warb für den Vorschlag seiner Fraktion, zunächst nur die Regelsätze für die Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherung zum Jahreswechsel zu erhöhen – die komplette Reform des Sicherungssystems, die die Koalition mit dem Bürgergeld bezweckt, aber zu einem späteren Zeitpunkt und in veränderter Form umzusetzen.

Vorwurf der „ideologischen Verbohrtheit“

Gröhe warf den Koalitionsfraktionen vor, aus „ideologischer Verbohrtheit“ die Kritikpunkte seiner Fraktion zu ignorieren. Die Vorlage könne deshalb bei der für Montag geplanten Abstimmung im Bundesrat nicht mit Unterstützung der Unionsländer rechnen. „Glauben Sie im Ernst, die Arroganz der Mehrheit im Bundestag erhöht die Chancen auf eine Mehrheit im Bundesrat?“, sagte Gröhe an die Koalition gerichtet. „Wer empfiehlt Ihnen eigentlich solche absurde Strategien?“Der Politiker bekräftigte die Kritik seiner Fraktion insbesondere an der geplanten Regelung zum Schonvermögen. Es sei nicht erklärbar, dass bei einer Bedarfsgemeinschaft mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern bis zu 150.000 Euro Vermögen geschützt seien. „Die Mehrheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann von einem solchen Vermögen nur träumen“, sagte der Christdemokrat. Die „Ampel“ gefährde damit „die Fairness in diesem Land“.

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch sagte anerkennend, dass die Koalitionsvorlage „Fortschritte“ im Vergleich zur aktuellen Situation enthalte - etwa die erhöhten Zuverdienstgrenzen. Scharf kritisierte er allerdings, dass auch das Bürgergeld die Bezieherinnen und Bezieher in Armut halte. „Das Bürgergeld ist nicht im Ansatz armutsfest“, sagte er. „Es ist keine Abkehr von Hartz IV. Das System bleibt erhalten. In der Substanz ist es Hartz V.“

Kein Anreiz für Arbeit, kritisiert die AfD

Der AfD-Abgeordnete Norbert Kleinwächter monierte, dass das geplante Bürgergeld keine ausreichenden Anreize setze, eine Arbeit aufzunehmen. „Das Bürgergeld hilft nicht denen, die arbeiten wollen“, sagte Kleinwächter. „Es unterstützt diejenigen, die nicht arbeiten wollen - auf Kosten und zu Lasten derer, die jeden Morgen zur Arbeit gehen.“

Die Union, auf deren Zustimmung die Ampel im Bundesrat für eine endgültige Verabschiedung des Bürgergelds angewiesen ist, hat den angepeilten Wechsel weg vom bisherigen Hartz-IV-System in den vergangenen Wochen immer wieder scharf kritisiert und droht mit einer Blockade in der Länderkammer.