Christoph Sonntag wird erneut zum Fastenprediger Bruder Christopherus, um sich die Politiker vorzuknöpfen. Foto: Markus Palmer

Als Fastenprediger knöpft sich Christoph Sonntag am Samstag in Fellbach die Politspitzen des Landes vor. Fast alle kommen – nur die AfD ist nicht eingeladen. Nie zuvor musste der Kabarettist seinen Text so oft umschreiben, weil sich die Ereignisse überschlagen.

Zum 13. Mal liest der Stuttgarter Kabarettist Christoph Sonntag als Fastenprediger Bruder Christopherus den Volksvertretern die Leviten. Zur Aufzeichnung der Sendung „Das jüngste Ger(i)ücht“, die am Montag, 10. März, um 20.15 Uhr im SWR-Fernsehen ausgestrahlt wird, hat die geballte Politprominenz der Landespolitik für Samstag in der ausverkauften Alten Kelter in Fellbach zugesagt, die möglichen Kandidaten für Kretschmanns Nachfolge ebenso wie fast das komplette Landeskabinett. Aber auch die Rathauschefs Frank Nopper (Stuttgart) und Boris Palmer (Tübingen) haben sich angesagt sowie die frühere Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang und Lisa Federle, Deutschlands bekannteste Notärztin.

Herr Sonntag, bisher kam Herr Kretschmann bei Ihnen vergleichsweise gut weg. Wie gehen Sie mit den Herren Özdemir und Hagel um?

Inhaltlich habe ich mich immer stark an Kretschmann abgearbeitet, und so werde ich es dieses Mal wieder tun. Aber, da bin ich ehrlich: Formal habe ich bei ihm immer das Zitat aus Asterix im Kopf, wenn es um Methusalix geht: „. . . ich kann doch dieses alte Wrack nicht schlagen!“

Ganz jung dagegen ist der CDU-Landesvorsitzende Manuel Hagel, der als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten gehandelt wird und dabei nicht widerspricht. Gewähren Sie Herrn Hagel Welpenschutz?

Um im Bild zu bleiben, Manuel Hagel möchte mit den großen Hunden mitpinkeln, dann wird er auch wie ein großer Hund angepackt.

Alle erwarten eine neue politische Zeitrechnung im Land nach der Ära Kretschmann. Besitzt Cem Özdemir überhaupt noch eine Chance auf die Villa Reitzenstein?

Ich persönlich glaube, dass unsere Landtagswahl für eine große Überraschung gut ist, ich mache jede Wette, Özdemir wird Ministerpräsident. (Längere Pause). Oder Hagel.

Kanzler Merz – wie klingt das in Ihren Ohren?

Frieder Merz kommt mir vor, als habe man ihn im Bofrost-Wagen vergessen und zehn Jahre später wieder aufgetaut. Im Augenblick gibt er sich präsidial. Bin gespannt, wie lange ihn die rüstige Rentnerin aus der Uckermark im Amt lässt.

Wird das Land Olaf Scholz vermissen?

Wer noch mal? Der Name sagt mir nichts.

So sah es im vergangenen Jahr bei Sonntags Fastenpredigt in der Alten Kelter in Fellbach aus. /Wolfgang List

Die FDP hat die Fünfprozenthürde im Bund verfehlt. Wird Deutschland nach deren Untergang etwas vermissen? Oder kann Herr Rülke in Baden-Württemberg die liberale Ehre retten?

Rülke ist jetzt Landesvorsitzender der FDP und wird immer mächtiger, er ist quasi Kapitän mit Mütze, aber sein Schiff ist ein Schlauchboot mit Loch. Solange man über ihn spricht, wird er weitermachen und glücklich sein. Das ist für ihn die Hauptsache.

Gerade passiert so viel in der Politik. Trump beschimpft Selenskyj, Schwarz und Rot wollen Riesenschulden machen und nennen es Sondervermögen. Jeden Tag ist man überrascht. Kommen Sie da noch mit dem Schreiben nach?

Ganz ehrliche Antwort? Mein Text ändert sich Tag für Tag, das letzte Mal habe ich ihn gestern um Mitternacht umgeschrieben.

„Solange sich die AfD nicht demokratisiert, wird sie von mir nicht eingeladen“

Auf Ihrer Gästeliste stehen keine Politiker der AfD. Haben Sie die AfD bewusst nicht eingeladen?

Ich dachte eigentlich immer, dass die AfD mal eine Wandlung durchmacht, sich liberalisiert und demokratisiert. Solange sie das nicht tut, kann sie nicht dabei sein.

Wer darf diesmal das Fass anstechen?

Das ist immer eine Überraschung. Im letzten Jahr habe ich das am Tag der Sendung aus verschiedenen Gründen spontan umgeworfen. Lassen Sie sich überraschen. Die Auswahl an Prominenten, die das gern tun würden, ist in der Alten Kelter jedenfalls beeindruckend. Ach, das noch: Es gibt bei uns endlich wieder Gaisburger Marsch! Halleluja!

Erstmals wird Ihre Sendung nicht am Sonntag im SWR-Fernsehen ausgestrahlt, sondern am Montag. Woran liegt das?

Da sowohl die ARD als auch das ZDF unsere Sendung immer stärker wahrgenommen und uns sonntags Blockbuster entgegengesetzt haben, um uns Zuschauer wegzunehmen, gehen wir mit dem Sendeplatz von Sonntag auf den Montag. Wir senden also am 10. März um 20.15 Uhr. Das tun wir so lange, bis ARD und ZDF anfangen, den Montag aufzuwerten, dann fällt uns was Neues ein.