Einer der für Tempo 200 ausgelegten neuen Nahverkehrszüge für die Verbindung Wendlingen–Ulm Foto: dpa/Ilkay Karakurt

Der Fahrplanwechsel bei der Bahn bringt nicht nur schnellere Züge zwischen Stuttgart und Ulm. Auch in anderen Regionen von Baden-Württemberg wird das Zugangebot ausgebaut und beschleunigt.

Die größte Neuigkeit im neuen Fahrplan der Deutschen Bahn, der am 11. Dezember in Kraft tritt, ist die Eröffnung der Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm. Sie bedeutet nicht nur kürzere Fahrzeiten für ICE zwischen Stuttgart und Ulm, sondern schließt insbesondere rund um die neue Bahnstation Merklingen nun auch die Bewohner der Schwäbischen Alb besser an das Bahnnetz an.

Über die Alb oder durch das Filstal? Wer aber zwischen Ulm und Stuttgart mit den neuen, schnellen Nahverkehrszügen unterwegs ist, muss bis auf Weiteres in Wendlingen auf den Metropolexpress Stuttgart–Tübingen umsteigen – und wird sich also überlegen, ob das die sechs Minuten Fahrzeitgewinn im Vergleich zur direkten Nahverkehrsverbindung über die alte Strecke im Filstal wert sind.

Immerhin gibt es so zwischen Ulm und Stuttgart stündlich zusätzliche Verbindungen. Richtung Stuttgart dürfte der sechs Minuten betragende Anschluss wegen des Inselbetriebs der Züge zwischen Ulm und Wendlingen recht stabil sein. In Gegenrichtung nach Ulm kommt der Metropolexpress für den ebenfalls knapp kalkulierten Anschluss allerdings über eine etwas längere, eventuell verspätungsanfälligere Strecke aus Heilbronn.

Wo geht es schneller ans Ziel? Umsteigefrei und eine Viertelstunde schneller als bisher bringt die neue Strecke die ICE Fahrgäste zwischen Stuttgart und Ulm ans Ziel. Eurocity und Intercity-Züge benutzen hier aber alternativ ebenfalls die alte, langsamere Trasse – was man aber an den oft gleich teuren Sparpreisen nicht nicht merkt. Insgesamt vergrößert sich das Fahrtenangebot zwischen Stuttgart und München um ein Viertel. Auch im Filstal selbst fahren die Züge im Übrigen künftig im Halbstundentakt. Und in Richtung Bodensee beschleunigt sich die Fahrt ganz ohne Neubaustrecke: Bisher hatten die Regionalexpress-Züge von Stuttgart und Lindau in Ulm noch fünfzehn Minuten Aufenthalt, ein Relikt aus Zeiten, in der dort noch zwischen E-Loks und Dieselloks umgespannt wurde.

Nun konnte man auch hier endlich die Vorteile der seit Ende 2021 elektrifizierten Südbahn zum Bodensee in den Fahrplan einbauen und den bisher viertelstündigen Aufenthalt auf fünf Minuten verkürzen. Es gibt hier auch zusätzliche Züge morgens und abends. In der Region Ulm wird auch noch das Nahverkehrsangebot Richtung Heidenheim und Aalen sowie Richtung Biberach auf einen Regio-S-Bahn-Standard verdichtet.

Wie werden Taktlücken geschlossen? Rund um Stuttgart werden die Metropolexpress-Züge zu einem durchgehenden Angebot vervollständigt. Zwischen Tübingen und Stuttgart sowie Heilbronn und Stuttgart wird diese Zuggattung neu eingeführt. Diese Züge halten außerhalb des S-Bahn-Netzes wie eine Regionalbahn an allen Haltestellen und fahren dann nur mit wenigen Halten Richtung Metropole.

Auch zwischen Heilbronn, dem Kraichgau, Karlsruhe und dem Murgtal ergeben sich Fahrzeitgewinne mit neuen, die bisherigen Stadtbahnen ergänzenden Regionalexpress-Zügen der Deutschen Bahn von bis zu 20 Minuten. Karlsruhe und Heidelberg werden mit einer neuen RE-Linie verbunden, und auch zwischen Karlsruhe und Stuttgart werden einzelne Taktlücken geschlossen.

Auf der neu elektrifizierten Ammertalbahn zwischen Herrenberg und Tübingen und auch auf der Ermstalbahn zwischen Metzingen und Urach werden vom Dezember an Schritt um Schritt elektrische Züge eingesetzt. Metzingen bekommt zusätzlich auch noch einen Halt der IRE-Linie 6 und damit eine Expressverbindung nach Stuttgart. Auf der Gäubahn Richtung Singen und weiter nach Zürich sollen neue, zuverlässigere Doppelstockzüge das Fernverkehrsangebot verbessern. Es gibt auch einige Züge ohne Umsteigen in Singen in Richtung Schweiz.

Wie steht es um die Nachtzüge? Beim Nachtzugangebot von Stuttgart aus ändert sich ebenfalls einiges: So stellt die Deutsche Bahn in Zusammenarbeit mit den Österreichischen Bundesbahnen zum Fahrplanwechsel in Stuttgart eine neue Verbindung von der Landeshauptstadt nach Venedig vor. Zudem beginnen die bisher ebenfalls erst von München aus verkehrenden Züge nach Wien, Budapest, Zagreb und Rijeka ebenfalls neu von Stuttgart aus. Im Fernverkehr bietet die Deutsche Bahn auf der Oberrheinachse in Richtung Norden mehr ICE-Direktverbindungen über Köln hinaus.

Land bestellt den Nahverkehr

Bestellung
 Dass es im Nahverkehr in Baden-Württemberg ein besseres Angebot gibt, hat damit zu tun, dass das Land bei den unterschiedlichen Betreibern mehr Züge bestellt hat. Laut Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kommen insgesamt 4,16 Millionen Zugkilometer in diesem Fahrplanjahr hinzu. Das Plus von etwa 4,4 Prozent bedeutet, dass 2023 die Nahverkehrszüge 94,92 Millionen Kilometer zurücklegen werden.

Finanzierung
 Der Bund überweist den Ländern sogenannte Regionalisierungsmittel, aus denen diese dann den Nahverkehr finanzieren. Aktuell ist es etwa eine Milliarde Euro im Jahr, die nach Baden-Württemberg fließen. Ein Betrag, der in den vergangenen Jahren gestiegen ist. Das Land hat aber das Geld noch nicht vollständig ausgegeben, was jüngst Kritik der Landtagsopposition auslöste.