Ein Ausläufer von Hurrikan Ida hat die Straßen von New York unter Wasser gesetzt. Foto: dpa/Craig Ruttle

Ein Unwetter historischen Ausmaßes hat die Straßen New Yorks in Flüsse verwandelt und die U-Bahn zum Stillstand gebracht. Langfristig droht der Metropole noch eine ganz andere Gefahr.

New York - Die New Yorker sind nicht so leicht zu erschrecken, doch als am Mittwochabend ihre Mobiltelefone einen schrillen Notfallton von sich gaben, machten sich viele der acht Millionen Metropolenbewohner ernste Sorgen. Tornado- und Flutwarnung stand da – mit drei Ausrufezeichen. Man solle sich schleunigst in eine sichere Unterkunft begeben. Fahrzeuge seien umgehend zu verlassen.

Tornados sind gewöhnlich Wetterereignisse, die das sogenannte Herzland der USA treffen – Staaten wie Dakota, Indiana oder Kansas. In der New Yorker Region sind sie eine Seltenheit. Doch am Mittwoch wurde der Nordosten gleich von mehreren Tornados heimgesucht, die sich als Ausläufer des Hurrikan Ida gebildet hatten, während dieser sich seinen zerstörerischen Weg quer über den Kontinent in Richtung Atlantik bahnte.

Eine Rekordmenge an Regen fiel vom Himmel

In den folgenden Stunden bot sich New Yorkern ein Spektakel, wie sie es so noch nie erlebt hatten. Zwischen 20.50 Uhr und 21.50 Uhr fielen in Manhattan knapp 80 Millimeter Regen. Das war mehr Wasser, als die Stadt je erlebt hatte, seit in den 1880er Jahren Regenmengen aufgezeichnet werden.

Der peitschende Regen, der bis in die Morgenstunden anhielt, rief in der Stadt ein Chaos hervor. In vielen Straßen wurden Autos und Busse davon geschwemmt. In U-Bahn-Stationen brachen Sturzfluten ein, die im Nu Gleise und Bahnsteige unter Wasser setzten. Kinos mussten während der Vorführung evakuiert werden, weil Wasser in die Säle einbrach. Feuerwehrtrupps rücken aus, um Menschen zu retten, die in ihren Autos gefangen waren.

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Bürgermeister Bill de Blasio erklärte am Abend den Ausnahmezustand. Das U-Bahn-Netz wurde stillgelegt, und auch am Morgen fuhren keine Pendlerzüge in die Stadt. Der Flugverkehr der drei New Yorker Flughäfen ruhte bis zum Donnerstagmittag. Medien berichteten von mindestens sieben Toten, es stand aber zunächst nicht fest, ob diese direkt auf die Überschwemmungen zurückzuführen sind.

New Yorker erinnern sich an den schlimmen Hurrikan Sandy

Viele New Yorker erinnerten sich an das Jahr 2012, als Hurrikan Sandy durch die Stadt fegte. Auch damals wurden U-Bahn Stationen und Tunnels überflutet, viele hat man erst im vergangenen Jahr wieder voll repariert. Ein Haupttunnel für den Bahnfernverkehr ist bis heute nicht saniert, man wartet noch auf Mittel aus Washington.

Damals war die halbe Stadt ohne Strom, manche Gegenden warteten wochenlang, bis Licht und Heizung wieder angingen. In küstennahen Gegenden wie Staten Island wurden Wohngebiete so stark verwüstet, dass sie erst gar nicht mehr wieder aufgebaut wurden. Damals gelobte New York, sich mit Nachdruck auf den Klimawandel einzustellen. Die Stadt, die beinahe 1000 Kilometer Uferlinie hat und komplett von Wasser umgeben ist, ist extrem gefährdet durch einen steigenden Meeresspiegel.

Die Metropole ist nicht wirklich gut vorbereitet auf Fluten

Immerhin wurden nach Hurrikan Sandy wichtige Infrastruktureinrichtungen wie Elektrizitätswerke, Krankenhäuser und Bahn-Stationen befestigt. Wirklich vorbereitet ist New York jedoch auch neun Jahre später noch immer nicht. So wurde gerade erst im vergangenen Jahr ein Bauprojekt begonnen, das zumindest den südlichen Teil von Manhattan gegen Überflutungen schützt. Städtische Parks werden zu Flutungszonen umfunktioniert.

Die Fertigstellung des Projekts kann noch Jahre dauern. Für ein anderes Flutschutzprogramm, sind noch nicht einmal die Mittel genehmigt. Das Nationale Ingenieurkorps hat eine Flutschranke vorgeschlagen, die bei Sturmfluten die Bucht von New York versiegeln kann. Die Trump-Administration verschleppte jedoch das Projekt. Ob das Infrastruktur-Paket von Präsident Biden dafür aufkommt, ist noch ungewiss. In der abgespeckten Form des Gesetzes, das nötig war, um die Republikaner im Kongress zu befrieden, sind keine Maßnahmen mehr vorgesehen, die dem Klimaschutz dienen.

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Der Klimawandel setzt der City zunehmend zu

So ist New York bis heute den Folgen dem Klimawandels weitgehend schutzlos ausgeliefert. Das Problem verschärft sich noch dadurch, dass die Flutkarten der Katastrophenschutzbehörde Fema veraltet sind. Die gefährdeten Zonen sind deutlich größer geworden und die Bevölkerungsdichte in diesen Gebieten gewachsen. Das wird es in der Folge von Hurrikan Ida für viele New Yorker schwierig machen, Entschädigungsansprüche geltend zu machen.

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So kann New York nur hoffen, dass Ida dabei hilft, die Anstrengungen zum Flutschutz zu beschleunigen. Allerdings zeichnete Robert Young, Direktor eines Forschungsinstituts zum Schutz amerikanischer Küsten, in einem Editorial in der „New York Times“ ein düsteres Bild. Zu diesem Zeitpunkt, so Young, sei die USA nicht dazu in der Lage, mit den Folgen des Klimawandels Schritt zu halten. „Alles was wir zum Küstenschutz tun, ist kaum mehr als ein Pflaster.“ Keine gute Nachricht für New York.