Erwin Bach (rechts), der Ehemann von Tina Turner, mit OB Frank Nopper. Foto: /Klaus Schnaidt

Er stand nicht auf der VIP-Liste, lief nicht über den schwarzen Teppich, schlich sich heimlich rein: Erwin Bach, 67, der Mann von Tina Turner, 83, gab keine Interviews bei der Stuttgart-Premiere des Musicals „Tina“ – mit einer Ausnahme. Wir trafen ihn backstage.

Ihre Liebesgeschichte, auf der Bühne in der zweiten Hälfte des Musicals „Tina“ ergreifend erzählt, geht zu Herzen. Anfang der 80er arbeitet der Kölsche Jung Erwin Bach in der Marketingabteilung einer britischen Plattenfirma in London, als er den Auftrag erhält, die 16 Jahre ältere Tina Turner auf dem Flughafen Heathrow abzuholen. Die US-Sängerin hat sich von dem gewalttätigen, untreuen und koksenden Ike Turner getrennt, will in Europa mit neuen Songs und ohne ihren Mann neu starten. Als Erwin Bach sieht, wessen Koffer er da in sein Auto trägt, ist es um ihn geschehen. Es ist Liebe auf den ersten Blick.

Seitdem sind 40 Jahre vergangen. Erwin Bach, 67, und Tina Turner, 83, leben heute gemeinsam am Züricher See, seit 2013 sind sie verheiratet. In der Anfangszeit wird der Rheinländer von Boulevardmedien als „Toyboy“ des Weltstars bezeichnet. Längst aber weiß die große Fangemeinde: Diese besondere Liebe ging durch Höhen und Tiefen. Bach hat seiner Frau das Leben gerettet, ihr eine Niere gespendet, als sie vor einigen Jahren ein Nierenversagen erlitt und dringend auf eine Transplantation angewiesen war. Er stand ihr bei, als zwei ihrer Söhne gestorben sind.

Ins Scheinwerferlicht drängt es ihn nicht

Großes Medieninteresse bei der Stuttgart-Premiere des Musicals „Tina“ am Donnerstagabend: Vor der Fotowand im unteren Foyer des Apollo-Theaters drängen sich mehr Fotografen, als Platz vorhanden ist. Über den schwarzen Glitzerteppich schaulaufen Stars und Sternchen, von denen viele Spaß haben, in die Kameras zu strahlen und ihre meist glitzernden Outfits vorzuführen. Was den Vertretern der Fernsehsender und Zeitungen entgeht: An diesem Abend schleicht sich durchs Dunkel ein fröhlicher Rheinländer in den Theatersaal, der nicht auf der VIP-Liste steht (das wollte er nicht) und der die Stage-Leute gebeten hat, keine Interviews geben zu müssen.

Es ist ein 67-jähriger Mann, dessen Liebesgeschichte in der Show mit viel Sympathie dargestellt wird – Erwin Bach, der es in seiner langen Beziehung mit Tina Turner gewohnt war, im Hintergrund zu bleiben.

Der Zufall will es, dass die Stage Entertainment Erwin Bach direkt neben Stuttgarts OB Frank Nopper platziert hat. Die beiden verstehen sich gut, lachen gemeinsam. Nach der euphorisch bejubelten Show, nach einem donnernden Schlussapplaus, der wohl in die Geschichte der Stuttgarter Musicals eingehen wird (selten wird so extrem laut gejubelt und geklatscht), will sich der Mann von Tina Turner backstage beim Ensemble und vor allem auch bei Hauptdarstellerin Aisata Blackman persönlich bedanken. Nopper darf mit.

Im Dunkel der Nebenbühne ist Erwin Bach nun bereit, mit einer Zeitung zu reden – mit uns. Wie es ihm gefällt, dass er als junger Mann in der Show auf der Bühne dargestellt wird? „Das ist schon ein bisschen komisch“, antwortet der Kölner, „man muss das ausblenden, dass man es selbst ist.“ In London und Hamburg hat er die von der Stage Entertainment entwickelte Show „Tina“ bereits gesehen. Die Stuttgarter Produktion, an der weiter gefeilt worden ist, gefällt ihm besonders gut. Er ist voll des Lobes. Auch die Geschichte findet er toll, sie entspricht wohl weitgehend der Realität. Dennoch behagt es ihm nicht, im Mittelpunkt zu stehen. Das war doch immer der Platz seiner Frau.

Wie geht es Tina Turner, die in der Villa am Züricher See geblieben ist? „Ganz gut“, antwortet Erwin Bach. Seine Frau stand in ihrer langen Karriere so oft im Rampenlicht, dass sie ganz genau wisse, wann es damit vorbei sei. Natürlich freue sie sich, dass noch immer so viele Fans ihre Musik lieben. Doch sie brauche den Jubel nicht mehr. Alles habe im Leben ein Ende. Wie er das mit fast philosophischer Tiefe sagt, leuchtet es sehr ein.

Wie lange wird „Tina“ in Möhringen gespielt?

Erwin Bach bedankt sich schließlich beim Ensemble, da alle Kameraleute abgezogen sind. In einer Limousine mit Stuttgarter Stern lässt er sich noch in der Nacht zurück an den Züricher See fahren und wird seiner Frau berichten können, wie großartig Stuttgart ihre Musik und ihr Leben gefeiert hat.

In dieser Nacht wird noch lange im Apollo-Theater gefeiert. Backstage berichtet Aisata Blackman, wie sie gleich in der ersten Szene, da sie mit dem Rücken zum Publikum sitzt, von Gänsehaut ergriffen worden ist. Sie freut sich, dass ihre Mutter aus Amsterdam angereist ist, die wie viele andere im Saal immer wieder ergriffen weint. „Let’s-Dance“-Star Motsi Mabuse schwärmt: „Aisata sorgt für ein Magic Moment: Sie steht auf der Bühne, überzeugt und sie glänzt.“ Schauspieler Walter Sittler ist „sprachlos“. Die Choreografie und das gesamte Ensemble seien „einmalig“.

Wie lange wird „Tina“ in Möhringen gespielt? „Wahrscheinlich über ein Jahr lang“, sagt die Stage-Chefin Uschi Neuss. Der Kartenverkauf sei überdurchschnittlich gut. Das Premierenpublikum schwärmt in den höchsten Tönen, berichtet von Gänsehaut-Momenten, von Tränen. Angesichts der großen Nachfrage könnten es auch zwei Jahre werden, aber nur theoretisch. „Wir haben gerade einen Stau an guten Stücken, die auch noch nach Stuttgart kommen sollten“, berichtet Neuss. Die Fans warten bereits auf die Eiskönigin. Doch bevor es eiskalt wird auf den Fildern, kochen erst mal die Emotionen hoch – mit „Simply The Best“, „Proud Mary“ und „Notbush City Limits“. Selten war eine Show so heiß hier! Es ist, als habe Stuttgarts Musicalgeschichte, die 1994 mit „Miss Saigon“ begann, dank „Tina“ eine neue Dimension erreicht.