Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Regierende Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (links), und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder nach einer Pressekonferenz am Freitag Foto: dpa/Markus Schreiber

Ein erster Entwurf des neuen Infektionsschutzgesetzes sieht harte Maßnahmen vor. Das zwölfseitige Papier liegt unserer Zeitung vor. Es enthält eine Reihe starker staatlicher Eingriffe.

Berlin - Jetzt muss es schnell gehen, wenn der Infektionsdynamik mit einem normalen Gesetzgebungsprozess entgegengewirkt werden soll: Nachdem die Bundesregierung am Freitagmittag angekündigt hatte, „im Einvernehmen“ mit den Ländern am kommenden Dienstag im Kabinett ein überarbeitetes Infektionsschutzgesetz auf den Weg zu bringen, wurde den Koalitionsfraktionen von Union und SPD bereits am Freitagabend ein erster Entwurf zugeleitet. Das zwölfseitige Papier liegt unserer Zeitung ebenfalls vor. Es enthält eine Reihe starker staatlicher Eingriffe, die unter den Ländern in den vergangenen Wochen heftig umstritten waren.

Grundsätzlich soll das neue Infektionsschutzgesetz bundesweit einheitlich regeln, was in Landkreisen, kreisfreien Städten, aber auch in Stadtstaaten wie Berlin und Hamburg getan werden muss, wenn die wöchentliche Zahl von Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner 100 übersteigt. Bisher enthielt das Gesetz nur Handlungsmöglichkeiten oberhalb Werten von 35 und 50. Die Novelle schließe „wesentliche Lücken“, heißt es nun.

Private Kontakte werden weiter eingeschränkt

Private Kontakte würden weiter eingeschränkt, wenn das Gesetz in dieser Form beschlossen würde. Zusammenkünfte im öffentlichen wie privaten Raum wären demnach nur den „Angehörigen eines Haushalts zuzüglich einer weiteren Person je Tag und Haushalt“ gestattet. Mehrere Treffen in Kleingruppen an einem Tag wären somit nicht mehr zulässig.

In Baden-Württemberg und mehreren anderen Bundesländern waren sie bereits gängige Praxis, nun soll es nach dem Willen der Bundesregierung bundesweit nächtliche Ausgangssperren bei Inzidenzen über 100 geben. „Von 21 Uhr bis 5 Uhr ist der Aufenthalt außerhalb einer Wohnung untersagt“, heißt es in dem Entwurf, über den Fachpolitiker der Koalition bereits am Freitagabend berieten. Ausnahmen wären demnach nur vorgesehen bei medizinischen Notfällen, beruflichen Notwendigkeiten, bei der Wahrnehmung des Sorgerechts, der „Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen“ oder „von ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Gründen“.

Schulen würden dem Entwurf zufolge nicht generell geschlossen. Weil die Sieben-Tages-Inzidenz in mehr als der Hälfte der gut 400 Landkreise über der 100er-Marke liegt, würde überall dort zwar aktuell „Präsenzunterricht untersagt und lediglich Distanzunterricht zulässig“ sein. Allerdings sind Ausnahmen von diesem Grundsatz dort vorgesehen, wo die Kinder auf Corona getestet werden. Auch Baden-Württemberg hatte zuletzt eine Schnelltestpflicht an Schulen eingeführt, um den Präsenzbetrieb trotz zuletzt stark gestiegener Fallzahlen aufrechtzuerhalten.

Homeoffice-Pflicht soll bundeseinheitlich verbindlich werden

„Diese Erleichterung entfällt allerdings wiederum am übernächsten Tag, wenn die maßgebliche Inzidenz an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 200 überschritten hat“, heißt es im Entwurf der Regierung. Zu diesem Zeitpunkt müssten dann die Schulen wirklich komplett schließen. Eine Notbetreuung an Schulen und Kitas würde dann zwar weiter möglich sein, allerdings mit „höchstens zwanzig vom Hundert der regulär Betreuten oder Beschulten“.

Die in Berlin bereits existierende Homeoffice-Pflicht, die dort mit vorgeschriebenen Corona-Schnelltest für im Büro Anwesende verknüpft wurde, soll dem Entwurf zufolge nun auch bundeseinheitlich verbindlich werden. Dafür hatten sich zuletzt vor allem die Sozialdemokraten eingesetzt. Konkret heißt es nun im Entwurf: „Der Arbeitgeber hat es den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder ähnlichen Tätigkeiten zu ermöglichen, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.“

Einzelhandel bleibt als „Notbremse“ geschlossen

Grundsätzlich soll auch der Einzelhandel im Zuge der Notbremsenregelung geschlossen bleiben – das vielerorts bereits praktizierte Freitesten würde damit wieder rückgängig gemacht. Ausgenommen wären wie bisher Lebensmittelgeschäfte und Läden des täglichen Bedarfs. Allerdings wird im Entwurf „der Verkauf von Waren, die über das übliche Sortiment des jeweiligen Geschäfts hinausgehen, untersagt“. Auch wird nur eine bestimmte Anzahl von Kunden zugelassen.

Im Verkehrsbereich wird das Infektionsschutzgesetz nach dem Willen des Bundes vorschreiben, dass in Taxen, in der Schülerbeförderung sowie im ÖPNV und Fernverkehr für Fahrgäste und Personal „die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Gesichtsmaske“ besteht. Zudem heißt es in dem Regierungspapier: „Eine Höchstbesetzung der jeweiligen Verkehrsmittel mit fünfzig vom Hundert der regulär zulässigen Fahrgastzahlen ist sicherzustellen.“