Heizen ist deutlich teurer geworden – zumindest für Geringverdiener hat das Bundeskabinett nun einen einmaligen Zuschuss beschlossen. Foto: dpa/Fabian Sommer

Wegen explodierender Energiepreise bringt das Bundeskabinett eine einmalige Unterstützung auf den Weg – für Geringverdiener. Die breite Masse soll eher als gedacht vom Aus der EEG-Umlage profitieren.

Berlin - Deutlich später als etwa das Nachbarland Frankreich setzt die Bundesregierung die Empfehlung der EU-Kommission für einen sozialen Ausgleich angesichts drastisch gestiegener Energiereise um. „Als Sofortmaßnahmen sollten vor allem maßgeschneiderte Maßnahmen getroffen werden, die die Auswirkungen auf schutzbedürftige Gruppen rasch verringern“, hatte die Brüsseler Behörde Mitte Oktober vorgeschlagen. Während in Paris kurz darauf 100-Euro-Schecks als „Inflationsausgleich“ für alle Franzosen mit einem Nettoeinkommen von weniger als 2000 Euro netto beschlossen wurden, hat das Bundeskabinett nun am Mittwoch einen Heizkostenzuschuss auf den Weg gebracht – für einen kleineren Personenkreis.

Wer erhält wann welchen Zuschuss?

Die Pläne, die der Bundestag noch beschließen muss, sehen eine einmalige Überweisung im Sommer vor. In der Regel flattern dann die Heizkosten- oder Nebenkostenabrechnungen ins Haus. Nach Auskunft von Regierungssprecher Steffen Hebestreit sollen insgesamt 2,1 Millionen Geringverdiener finanziell entlastet werden. 1,6 Millionen von ihnen leben in 710 000 Haushalten, die Wohngeld beziehen. Der einmalige Zuschuss beträgt für einen Ein-Personen-Haushalt 135 Euro, ein Zwei-Personen-Haushalt erhält 175 Euro, für jedes weitere Mitglied kommen 35 Euro hinzu. Nachträglich hat die federführende Ministerin Klara Geywitz (SPD) Auszubildende sowie Studentinnen und Studenten in ihren Gesetzesvorschlag aufgenommen. Wer Bafög bezieht, kann mit einem Zuschuss von 115 Euro rechnen – das sind nach Regierungsangaben rund 370 000 Personen. Derselbe Betrag kommt auch 65 000 Lehrlingen und 75 000 jungen Erwachsenen zugute, die eine sogenannte Aufstiegsförderung erhalten.

Wie wurde die Höhe errechnet?

Von „Brotkrumen, die die Bundesregierung gewähren will“, sprach am Mittwoch die Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali. Ihre Fraktionskollegin Caren Lay forderte, „Zuschüsse sollten die tatsächlichen Heizkosten abdecken“, und verwies auf die Forderung von Verbraucherschützern. Tatsächlich hatte der Verbraucherzentrale-Bundesverband unlängst deutlich höhere Zuschüsse gefordert. „Selbst bei einem konservativen Ansatz würden die Zusatzkosten demnach über 500 Euro pro Haushalt und Jahr liegen“, heißt es dort mit Blick auf eine Berechnung des Energiepreisvergleichsportals Check 24, wonach Gas im Schnitt um 71,2 Prozent teurer geworden sei. Die Bundesregierung wiederum verweist als Grundlage ihrer Entscheidung auf Berechnungen des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft. Dort hieß es am Mittwoch auf Anfrage, man habe sich die Entwicklung nicht nur bei Gas, sondern auch bei Erdöl und Fernwärme angeschaut und deshalb seinen Empfehlungen eine Heizkostensteigerung um durchschnittlich 20 Prozent zugrunde gelegt.

Welche Details sind noch zu klären?

Wer den Heizkostenzuschuss bekommt, muss nicht befürchten, dass er mit anderen Sozialleistungen verrechnet wird. Wer Hartz IV bezieht, erhält die Heizkosten ohnehin erstattet – wobei es eine eigene Debatte darüber gibt, ob die entsprechenden Regelsätze nicht ebenso angepasst werden müssten. Eine völlig offene Frage ist jedoch, ob verschuldete Personen, die Privatinsolvenz angemeldet haben, die Zusatzeinnahme gleich von ihrem Konto gepfändet bekommen oder nicht. Der Fall ist in dem Gesetzesvorschlag nach Auskunft des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen „nicht explizit“ geregelt, das Pfändungsgesetz sehe Einzelfallregelungen vor, innerhalb der Bundesregierung sei man zu dem Thema im Gespräch. „Wir werden mit den beteiligten Ressorts prüfen, wie wir da nachsteuern können“, sagte eine Sprecherin.

Wird der breiten Masse geholfen?

Der Heizkostenzuschuss für wenige sei nur ein „Tropfen auf dem heißen Stein“, kritisierte Unionsfraktionsvize Steffen Bilger (CDU) am Mittwoch: „Von der heute beschlossenen Unterstützung haben viele Millionen Normalverdiener, Familien oder der Mittelstand rein gar nichts, denn sie beziehen kein Wohngeld.“ Die Linkspartei fordert deshalb, die Mehrwertsteuer im Energiesektor mindestens zeitweilig auszusetzen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, die Bundesregierung beobachte die Entwicklung genau und sei gegebenenfalls auch zu „weiteren Maßnahmen“ bereit. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat angekündigt, die EEG-Umlage beim Strom nicht erst nächstes, sondern schon dieses Jahr abzuschaffen. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll demnach in wenigen Wochen vorliegen.