Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verantwortet die Gasumlage. Foto: dpa/Jan Woitas

Die Gasumlage soll ab Oktober 2,419 Cent je Kilowattstunde betragen. Die Kosten für Energie klettern damit weiter nach oben. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

In den sozialen Netzwerken hat die Gasumlage längst ihr Etikett: Von #Habeckumlage ist die Rede, weil die Belastung der Verbraucher zugunsten von Konzernen dem dafür verantwortlichen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zugerechnet wird. Auch nach Bekanntgabe der konkreten Höhe von 2,4 Cent pro Kilowattstunde ist das Echo eher negativ. Ein Überblick.

Welchen Sinn soll die Gasumlage erfüllen? Wegen der Kürzungen Russlands können Gasimporteure – wie das kriselnde Unternehmen Uniper – ihre Lieferpflichten gegenüber den Energieversorgern (wie Stadtwerken) nur noch mit zusätzlichen Neueinkäufen zu stark erhöhten Kosten erfüllen. Bisher dürfen sie die höheren Preise nicht an ihre Kunden weitergeben, was hohe Verluste verursacht. Werden diese zu groß, drohen Lieferausfälle und weitere Insolvenzen. Damit wäre die Gasversorgung insgesamt gefährdet, weshalb die Regierung in den Markt eingreift. Grundlage ist eine Rechtsverordnung, die vom 1. Oktober 2022 an greifen und bis zum 30. September 2024 gelten soll.

Wie wirkt das Umlageverfahren? Die Gasimporteure haben vom 1. Oktober an die Möglichkeit, für einen Großteil ihrer Ersatzbeschaffungskosten einen Ausgleich zu erhalten, den sie beim Gemeinschaftsunternehmen der Gas-Fernleitungsnetzbetreiber, der Trading Hub Europe (THE), beantragen – dies bis zu 90 Prozent der Mehrbeschaffungskosten und nur für Bestandsverträge.

Laut der THE soll die Umlage 2,419 Cent je Kilowattstunde betragen. Auf einen Haushalt im Einfamilienhaus (140 Quadratmeter) kommen nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) daher Mehrkosten von 542 Euro pro Jahr zu – die Mehrwertsteuer nicht eingerechnet. Wer in einer Singlewohnung (60 Quadratmeter) lebt, muss sich auf 203 Euro mehr einstellen.

Was planen die Energieversorger? Der Energiekonzern Shell hat angekündigt, kein Geld einzufordern. Auch RWE, das sich von den Gaskürzungen weniger tangiert sind, verzichtet. Die EnBW wiederum setzt auf die Umlage. Habeck zufolge haben zwölf Importeure ihre Ersatzbeschaffungskosten bei THE angemeldet. Bezogen auf den Umlagezeitraum bis April 2024 machten sie 34 Milliarden Euro an Kosten geltend.

Welchen Einfluss hat das auf die Inflation? Nach Berechnungen des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) könnte die Inflationsrate durch die Gasumlage noch mal sprunghaft steigen. „Die Umlage von 2,419 Cent würde rechnerisch die Inflationsrate um 1,0 Prozentpunkte erhöhen, wenn auf die Umlage auch Mehrwertsteuer erhoben wird, wonach es derzeit aussieht“, sagte IMK-Direktor Sebastian Dullien unserer Zeitung. „Gelingt der Bundesregierung eine Lösung, bei der die Mehrwertsteuer entfällt, wäre der Inflationseffekt noch 0,8 Prozentpunkte.“ Allerdings sei noch offen, in welchem Umfang der Inflationseffekt unmittelbar nach Einführung der Umlage wirkt. Es gebe einige Gaslieferverträge, bei denen noch unklar ist, ob die Versorger die Umlage unmittelbar weitergeben können, erläutert Dullien. Auch müsse sich noch zeigen, wie rasch es den Versorgern gelingt, administrativ die Umlage zu erheben. „Insgesamt ist damit zu rechnen, dass der größte Teil des Inflationseffekts durch die Umlage bis Jahresende auftritt.“

Da in den kommenden Monaten auch einige preisliche Entlastungsmaßnahmen wie das 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt wegfallen und außerdem die im Großhandel gestiegenen Gaspreise zunehmend zu weiteren Preiserhöhungen bei den Endkunden führen, könnte folglich die Inflationsrate insgesamt im vierten Quartal „in die Nähe von zehn Prozent steigen und diese Marke im ungünstigen Fall sogar übersteigen“.

Folglich müssten die Privathaushalte auch mit nicht konventionellen Maßnahmen weiter entlastet werden. „Neben erneuten staatlichen Einmalzahlungen im Winter wäre es jetzt zielführend, den Vorschlag eines Preisdeckels für einen Grundverbrauch von Gas für die Privathaushalte schnell umzusetzen und am besten mit der Einführung der Gasumlage in Kraft zu setzen“, fordert der IMK-Chefökonom. „Ein solcher subventionierter Grundverbrauch würde zum einen die Haushalte entlasten, weil die Gasrechnung niedriger ausfiele, und zum anderen die Inflationsrate spürbar dämpfen.“

Wie wird die Industrie belastet? Für die Industrie dürften sich die Mehrkosten durch die Umlage auf 5,7 Milliarden Euro pro Jahr belaufen, rechnet das Institut der deutschen Wirtschaft hoch. Am stärksten tangiert seien energieintensive Grundstoffindustrien, weil hier besonders viel Gas benötigt wird. Dazu zählen einerseits die Chemie- und die Metallindustrie, andererseits die Hersteller und Verarbeiter von Glas, Keramik, Steinen und Erden. Allein diese drei Branchen tragen mehr als die Hälfte der Mehrkosten. Der Bundesverband der Deutschen Industrie fordert, besonders schutzbedürftige Unternehmen zu unterstützen: Die Politik solle sich überlegen, die Umlage über 2024 hinaus zeitlich zu strecken, so der BDI.